Wenn Donald Trump mit dem Ziel in die Welt zieht Kriege zu beenden, dann wird ihm oft – auch von manchen Menschen in Deutschland – ein origineller Ansatz zugebilligt. Immerhin, so hört man dann bei Managern deutscher Banken, in den Büros von Ministerpräsidenten und auch in einigen Redaktionen, sei der US-Präsident ja Unternehmer und verstehe daher etwas davon, Deals zu schließen. Das könne dem Frieden dienen.
Nun ist schon äußerst zweifelhaft, ob Trump überhaupt jemals ein erfolgreicher Unternehmer war – oder nicht einfach nur ein verschwenderischer Erbe. Trotzdem pflegt der Mann im Weißen Haus sein Image als Dealmaker, wie auch jetzt wieder im Fall der Ukraine. Trump, der Immobilienentwickler, hat seinen Sonderbeauftragten Steve Witkoff, einen Immobilieninvestor, mit einem russischen Unterhändler (einem Investmentbanker) einen Plan aus 28 Punkten aushandeln lassen, der den von Russland geführten Krieg in der Ukraine beenden soll.
Trumps Plan wäre eine Demütigung der Ukraine
Der Pakt lässt einem an sich schon den Atem stocken, er kommt einer völligen Kapitulation der Ukraine gleich. Das Land soll, so berichten es mehrere Medien, die Kontrolle über den Donbass, also eines Großteils ihres östlichen Territoriums, aufgeben, seine Armee um die Hälfte kappen und de facto kaum noch Militärhilfe seiner westlichen Partner erhalten. Dieser Plan wird noch gewürzt mit der Forderung, Russisch zur offiziellen Staatssprache zu machen und der russisch-orthodoxen Kirche einen formellen Status im Land zu geben. Es ist ein Vorschlag, der wie vom Kreml diktiert wirkt, inklusive der völligen Demütigung einer geschundenen und gemarterten Bevölkerung.
Das Einzige was die Ukraine bekäme: eine schwammige "Sicherheitsgarantie" der USA. Was davon zu halten ist, weiß das Land spätestens seit dem Budapester Memorandum von 1994. Auch damals erhielt die Ukraine Sicherheitszusagen im Gegenzug zur Abgabe all ihrer Atomwaffen. Die russische Aggression ab spätestens 2014 wurde dadurch nicht verhindert.
Allerdings hat der Immobilien-Mann Witkoff dem Abkommen, das natürlich ohne Kiew verhandelt wurde, noch einen zusätzlichen Dreh gegeben. Und der ist an Zynismus kaum zu überbieten. Wie der britische "Telegraph" berichtet, soll die Ukraine Russland den Donbass gewissermaßen verleasen und dafür eine noch nicht näher definierte Gebühr beziehen. Dies würde bedeuten: Die Regierung verlöre nicht nur einen Teil ihres Staatsgebiets, sie wäre auch noch gezwungen, regelmäßig mit dem Aggressor in Kontakt zu bleiben und Leasing-Zahlungen von ihm zu erbitten. Mit dem Land also, das Massaker in Butscha und Irpin anrichtete, Mariupol verwüstete und Zehntausende ukrainischer Kinder entführte.
Lohn für Putins Aggressionslust
Aus Sicht Witkoffs und Trumps käme Russland mit diesem Punkt womöglich der Ukraine entgegen. Doch jeder, der die Region in den vergangenen Jahrzehnten beobachtet hat, weiß, dass er in Wahrheit eine Fessel ist. Jeder Versuch, sich von Russland zu lösen, würde von vornherein erschwert.
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Und darin liegt, selbst wenn man der US-Regierung die Absicht unterstellt, wirklich ein Ende des Krieges zu erreichen, das grundsätzliche Problem. Alle Teile des 28-Punkte-Plans machen die Ukraine wehrloser und Russland mächtiger. Sie stärken damit die Ursache dieses Krieges: den russischen Imperialismus und die Aggressionslust des Regimes von Wladimir Putin. Ein Deal á la Witkoff wäre eine Einladung für Putin weiterzumachen und auch über Polen oder die baltischen Staaten herzufallen.
Es ist kein Friedensplan, sondern ein Plan für weitere Kriege.
Der deutsche Politikberater und Sicherheitsexperte Nico Lange sprach es im Kurznachrichtendienst Bluesky klar aus: Statt 28 Punkten bräuchte ein echter Friedensplan nur einen einzigen: "Russland kehrt in seine Grenzen zurück und bleibt dort."
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