Champions-League-Finale Der FC Barcelona - Ein Kollektiv aus lauter Stars

Der spanische Meister gewinnt in Berlin mit seinem deutschen Torwart Marc-Andre ter Stegen verdient die Champions League. Statt des alten Ballbesitzfußballs zeigt Barca atemberaubende Tempowechsel.

Als es vollbracht war, der Schlusspfiff erklungen, junge und ältere Männer in Anzügen und Sportklamotten von der Bank des FC Barcelona aus losstürmten, hinüber in die Kurve des Berliner Olympiastadions, wo sich bereits ein mächtiger Barca-Knäuel aus tanzenden Leibern gebildet hatte, da hat sich Marc-Andre ter Stegen gemächlich aufgemacht auf seinen langen Weg. Wo andere sprinteten, da schritt ter Stegen mit der Ruhe eines Mannes, der zufrieden sein Tagwerk verrichtet hatte und nun gemäßigten Schrittes nach Hause kehrt. Und so ist es ja auch gewesen.

Eine lange Saison in der Fremde war für ter Stegen nach dem Pokalsieg nun auch mit dem Champions-League-Titel gekrönt worden.

Er mag noch immer ein sehr junger Mann aus Mönchengladbach mit seinen 23 Jahren sein, Teilzeitprofi beim FC Barcelona (er teilt sich die Stelle mit einem Kollegen namens Bravo), ein Vollendeter ist er dennoch quasi schon jetzt nach diesem 3:1 gegen Juventus Turin im Finale. Doch wo andere tanzen und schreien, geht ter Stegen mit der Gravität eines Mannes, den nichts erschüttern kann. Er folgt in dieser Hinsicht eher in direkter Linie auf Oliver Kahn, dem er auch sonst in Statur und Größe ja nicht unähnlich ist.

Als ter Stegen auf seinem Marsch am Mittelkreis schließlich verzweifelte Turiner traf, deren vierte Niederalge in einem Champions-League-Finale in Folge besiegelt war, nahm er sich erst einmal die Zeit, in Ruhe Juve-Kollege Buffon zu verabschieden. Erst dann schloss er sich, noch immer erstaunlich aufgeräumt, der Barca-Freude an. Als Champions League Sieger. Als Pokalsieger. Mit 23 Jahren. Im Trikot des FC Barcelona. Einer der größten Mannschaften, die man in den letzten Jahrzehnten gesehen hat.

"Ter Stegen kennt keine Aufregung"

Er ist ihnen noch ein bisschen unheimlich. Und wirkt in so viel südländischer Begeisterung noch ein bisschen fremd. Als Innenverteidiger Gerard Pique am Vortag gefragt wurde, ob er sich sorgen mache, dass dieser junge Deutsche, den sie nicht mal recht kannten, als er vor einem Jahr für 12 Millionen anheuerte, dem Druck nicht gewachsen sein könnte, verneinte er nur ratlos. Ter Stegen? Der kenne keine Aufregung. Egal ob Freundschaftsspiel oder Finale, dieser ter Stegen spiele immer, als kenne er keine Nerven.

Nun steht dieser ter Stegen im Tor einer Elf, die sich zu Recht mit dem größten Titel im Weltfußball schmücken darf. Vor allem zu Beginn des Spiels drohte dieses Barca Juve mit seinem Kombinationswirbel förmlich aus den Schuhen zu drehen. Dabei war ihre Wunderkraft Messi da noch gar nicht recht im Spiel. Doch Neymar und der auf ewig großartige Spielmacher Iniesta drangen immer wieder von links in den Strafraum ein.

Kollektiv mit flacher Hierarchie

Es ist das Geheimnis dieser Elf, dass sie trotz ihrer Stardichte derzeit einem Kollektiv mit flacher Hierarchie gleicht. "Wir sind glücklich, Teil dieses Vereins zu sein", erklärte der Argentinier Javier Mascherano nach der Partie ergriffen. Er hätte die Atmosphäre rund um diese Elf nicht trefflicher beschreiben können. Wo Real Madrids Cristiano Ronaldo kein Tor auslässt, um den Erfolg des Kollektivs auf sich selbst herunterzubrechen, spricht der Brasilianer Neymar nur dankbar "vom besten Tag" seiner Karriere.

Dass Messi sie alle turmhoch überragt, wird als gottgegeben hingenommen. Es ist die Größe von Männern wie Xavi, Iniesta, Busquets, Pique, Welt- und Europameister sie alle, die dafür sorgt, dass dieser Messi bei allem Talent sich noch immer unter seines gleichen wähnt.

Das Triple haben sie nun also. Wie damals, als ein Mann namens Pep Guardiola dieses Barcelona zu einer schier unbezwingbaren Ballbesitzmaschine machte. Es ist unter Luis Enrique nicht mehr allzu viel davon übrig geblieben. Männer wie Neymar oder auch Luis Suarez suchen das Tor auf dem direkten Weg. Heraus kommt ein wunderbar anzusehender Fußball, dessen Tempowechsel atemberaubend sind.

CL-Titel noch nie verteidigt

Noch hat keine Elf ihren Titel in der Champions League verteidigt. Wer dieses Barca erlebt hat in einer schwülen Berliner Nacht, kann sich nur schwer vorstellen, dass es in den kommenden Jahren nicht um Fußballs größte Krone wird mitspielen können.

Noch steht nicht fest, wie es mit ter Stegen weiter geht. Er spielt ja nur Pokal und Champions League, zu wenig für ihn. Er mag nicht länger der Teilzeitprofi bleiben. Der FC Barcelona wird sich gut überlegen, ob er einen wie ihn am Ende ziehen lässt. Der Verein hat viel zu verlieren.

Sein Torwart allerdings noch mehr.