Editorial Die fremde Welt in unserer Mitte

Dieser Tage soll in Baden-Württemberg das erste Gesetz in Kraft treten, das Lehrerinnen das Tragen eines Kopftuchs verbietet. Das Kopftuch gilt als religiöses Symbol - und vielen als Ausdruck der Unterdrückung der Frau im Islam

Liebe stern-Leser!

Dieser Tage soll in Baden-Württemberg das erste Gesetz in Kraft treten, das Lehrerinnen das Tragen eines Kopftuchs verbietet. Das Kopftuch gilt als religiöses Symbol - und vielen als Ausdruck der Unterdrückung der Frau im Islam.

In der monatelangen Debatte darüber hat sich vom Bundespräsidenten bis zum Dorfpastor fast jeder zu Wort gemeldet. Klar geworden ist dabei vor allem eines: wie überraschend wenig wir über die mehr als drei Millionen Muslime in Deutschland wissen. Die meisten von ihnen sind Türken. Wie leben sie, was denken sie? stern-Autorin Stefanie Rosenkranz verbrachte mehrere Wochen in ihrer Welt. Sie fand eine Parallelgesellschaft, die ihr bis dahin unbekannt war, obwohl sie mit einem Türken verheiratet ist, allerdings mit einem überzeugten Agnostiker.

Stefanie Rosenkranz und die Fotografin Anne Schönharting sahen sich um in Moscheen und Schulen, die mehrheitlich von Muslimen besucht werden; sie waren bei Familien und auf Feiern der islamischen Gemeinde, wo alle Frauen verschleiert sind und getrennt von den Männern sitzen müssen, auf den schlechten Plätzen. Überall wurden die stern-Reporterinnen mit Freundlichkeit und Offenheit empfangen; manchmal waren sie der allererste deutsche Besuch bei Menschen, die schon seit Jahrzehnten hier leben und längst eingebürgert sind.

Fazit am Ende der Recherche: Der Islam, wie er hierzulande von den Türken praktiziert wird, ist nicht militant. Aber er ist die Säule einer Gegenkultur, die weniger politischen als sozialen Sprengstoff birgt. Die Reportage über die fremde Welt in unserer Mitte beginnt auf Seite 48.

Was ist sozial gerecht?

Diese Frage beschäftigt den stern-Reporter Stefan Schmitz, seit er vor fünf Monaten in Berlin die erste große Kundgebung gegen Sozialabbau und die Agenda 2010 der Regierung beobachtet hatte. An diesem Wochenende werden in Berlin und anderswo mehr Menschen als je zuvor gegen Abstriche beim Sozialstaat demonstrieren. Stefan Schmitz hat aus diesem Anlass das ganze System der staatlichen Fürsorge hinterfragt. Bei näherem Hinsehen entpuppt es sich als gigantische Umverteilungsmaschine voller Widersprüche, die dringend reformiert werden muss. Sein Bericht über "Die Lüge von der sozialen Gerechtigkeit" beginnt auf Seite 30.

Alternative Medizin

war das Thema der erfolgreichen stern-Serie am Jahresanfang. Alle acht Folgen erscheinen jetzt zusammengefasst und überarbeitet im neuen stern spezial Gesund leben, unserem Heft für Körper, Geist und Seele. Es ist seit Mittwoch im Handel.

Herzlichst Ihr
Thomas Osterkorn

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