Editorial Hilferuf aus den Bergen von Kaschmir

Liebe stern-Leser!

Fast vier Wochen nach dem verheerenden Erdbeben in Nordpakistan droht den Überlebenden der Katastrophe neues Unheil: Millionen sind obdachlos, und in den Bergen von Kaschmir fällt schon der erste Schnee. Mit Hubschraubern der pakistanischen Armee und der Bundeswehr sowie auf langen Fußmärschen erkundeten stern-Redakteur Steffen Gassel und der Fotograf Bruno Stevens die Lage in dem unwegsamen Krisengebiet.

Im Bergdorf Sariar trafen die Reporter Menschen wie den 45-jährigen Ajab Din Gujjar. Für seine Familie und die Familien seiner vier Brüder - zusammen 25 Menschen - hatte er unter einem schrägen Unterstand von der Größe einer Garage ein Notlager gebaut. Neben dem Unterstand lag ein Haufen frisch geschnittener Maisstauden. "Das ist alles, was wir für den Winter haben", sagte Gujjar. Auf die Frage, was er am dringendsten brauche, antwortete der Bauer: "Ein Zelt." Diese Bitte bekamen die Reporter überall zu hören: "Schickt uns Zelte, Zelte, Zelte - so schnell wie möglich."

Nicht nur das unzugängliche Terrain macht den Helfern zu schaffen. Es fehlt auch schlicht an Geld. Während nach dem Tsunami vor knapp einem Jahr aus aller Welt rund zwölf Milliarden Dollar Hilfsgelder bereitgestellt wurden, halten sich Geberländer und Spender bei der Unterstützung für die Erdbebenopfer bisher zurück. Schon warnen die UN: Wenn nicht rasch mehr Geld zusammenkommt, werden zahllose Menschen den harten Winter in den Bergen nicht überleben.

Der stern will mit seiner "stiftung stern" den schutzlosen Familien helfen. Spenden auf das Konto der Stiftung (siehe Seite 36) reichen wir an Hilfsorganisationen weiter, von deren guter Arbeit sich unsere Reporter vor Ort ein Bild machen konnten, zum Beispiel Ärzte ohne Grenzen und die britische Organisation Islamic Relief. Auch Sie können dazu beitragen, dass über die Menschen in Nordpakistan nicht schon bald eine zweite Welle des Todes hereinbricht. Die Reportage beginnt auf Seite 26.

In drei Tagen ist es wieder so weit: Am ersten Sonnabend eines jeden Monats erscheint VIEW, das neue Magazin vom stern. Nach dem gelungenen Start im Oktober - das erste Heft verkaufte sich rund 200000 Mal - präsentiert auch die zweite Ausgabe das aktuelle Weltgeschehen in Bildern. Auf mehr als 160 Seiten zeigen wir dramatische und kuriose, spektakuläre und anrührende Fotos. Dazu finden Sie Analysen, Reportagen, Interviews. Eine Leseprobe inklusive des Inhaltsverzeichnisses und sechs großformatiger Fotos aus der neuen November-Ausgabe von VIEW beginnt auf Seite 74.

Am morgigen Freitag startet auch unsere Internetseite www.view-magazin.de mit der neu entwickelten VIEW-Fotocommunity. Dort kann jeder, der gern und gut fotografiert, eine Auswahl seiner Bilder der Öffentlichkeit zeigen. Die besten Fotos unserer Leser werden wir künftig jeden Monat in VIEW veröffentlichen.

Herzlichst Ihr

Thomas Osterkorn

print