Es war einmal eine große Hoffnung: Große Koalition bedeutet große Lösungen, vier Jahre erfolgreiches Durchregieren im Interesse des Landes. Die Hoffnung hat sich leider als Irrtum herausgestellt: Statt mutiger Schritte gibt es nur noch großen Frust, jedenfalls bei den Bürgern. Ein Drittel glaubt nicht mehr, dass Politik in der Lage ist, Probleme zu lösen. Das zeigt eine neue Studie der Friedrich- Ebert-Stiftung. Fast 40 Prozent der Menschen zweifeln sogar, ob Demokratie überhaupt noch funktioniert, und etwa die Hälfte kann sich vorstellen, an der nächsten Bundestagswahl nicht mehr teilzunehmen. Noch nie in der jüngsten Vergangenheit war die Distanz zwischen den Menschen im Lande und "denen da oben" in Berlin so groß wie heute. Entsprechend schlecht fallen auch die Zeugnisse aus, die der stern dem Bundeskabinett ausgestellt hat. Sie basieren auf einer eigenen Umfrage. Das Institut Forsa wollte von den Bürgern wissen, welche Minister sie "ungestützt" kennen - also ohne, dass ihnen der Name genannt wurde - und wie sie ihre Arbeit beurteilen. Der "ungestützte" ist der ehrliche Bekanntheitswert. Die Ergebnisse sind für die meisten Kabinettsmitglieder beschämend (Seite 30).
Seitdem die Ölpreise explodieren, reden alle von der Renaissance der Kernenergie. Doch selbst wenn neue Reaktoren sicherer wären, bleibt eine der wichtigsten Fragen unbeantwortet: Wohin mit dem atomaren Müll? Im Versuchs-Endlager Asse II hat man jahrzehntelang Tests zur Langzeitsicherheit in Salzstöcken durchgeführt. Nun droht das ehemalige Salzbergwerk bei Wolfenbüttel selbst abzusaufen und einzubrechen. stern-Reporter Holger Witzel und Fotograf Bernd Schönberger standen in 750 Meter Tiefe vor einer verstrahlten Pfütze und mussten feststellen: Um die 126 000 Fässer Atommüll zu bergen, die dort sei über 30 Jahren lagern, ist es vermutlich zu spät. Zynisch könnte man sagen, Asse II habe seine Aufgabe erfüllt und bewiesen, dass es keine Langzeitsicherheit gibt. Den besorgten Menschen in der Region hilft das allerdings wenig (Seite 46).
"Wann ist ein Mann ein Mann?", fragte Herbert Grönemeyer einst und sang: "Männer haben Muskeln, Männer sind furchtbar stark, Männer können alles, Männer kriegen 'nen Herzinfakt, oh, Männer sind einsame Streiter, müssen durch jede Wand, müssen immer weiter." Mit 50 halten die meisten doch mal kurz inne und ziehen Bilanz: Wo stehe ich? Was habe ich noch zu erwarten? Männer um die 50 haben zumeist erreicht, was sie erreichen konnten. Sie müssen sich selbst (und den anderen) eigentlich nichts mehr beweisen und können sich einen Luxus der ganz besonderen Art leisten: über sich und ihr Leben nachzudenken, also auch darüber, was sie noch wollen und was ihnen wirklich wichtig ist. stern-Autor Michael Stoessinger, selbst 52, ist kreuz und quer durch Deutschland gereist und hat mit Altersgenossen und Experten über Träume und Nöte, Hoffnungen und Sorgen dieser Generation gesprochen. Er fand zwei Lager: Für die einen, die kleinere Gruppe, beginnt nun der Anfang vom Ende, für die anderen aber die vielleicht beste Zeit des Lebens (Seite 78).
Herzlichst Ihr
Thomas Osterkorn