Was für eine Vorstellung: "Das Leben sollte mit dem Tod beginnen, nicht andersherum. Zuerst gehst du ins Altersheim, wirst dort rausgeworfen, wenn du zu jung wirst, spielst danach ein paar Jahre Golf, kriegst eine goldene Uhr und beginnst zu arbeiten. Anschließend geht's auf die Uni. Du hast inzwischen genug Lebenserfahrung, um das Studentenleben so richtig zu genießen. Nach der Schule spielst du fünf, sechs Jahre, dümpelst neun Monate in einer Gebärmutter und beendest dein Leben als Orgasmus."
So hat der Schauspieler Donald Sutherland einmal in einem Gespräch mit dem stern seine Wunschvorstellung vom Altern beschrieben. Hinter seiner unbekümmerten Forderung, den Lauf des Lebens kurzerhand auf den Kopf zu stellen, verbirgt sich ein bitteres Eingeständnis: Niemand wird gerne alt.
Vor allem die Furcht vor Gebrechlichkeit, Krankheit und Einsamkeit lässt viele Menschen eher mit Unbehagen an ihren Lebensabend denken. Weshalb sie es meist vorziehen, lieber gar nicht darüber nachzudenken. Schließlich, so sagen sie sich, dauert es sowieso noch Jahrzehnte, bis das Thema für uns wichtig wird.
Irrtum. Die Notwendigkeit, sich mit den Besonderheiten des hohen Alters auseinander zu setzen, kommt viel früher - dann nämlich, wenn die eigenen Eltern alt werden.
In den meisten Familien ist es ein Tabuthema: Wohin mit Oma oder Opa, wenn die nicht mehr ohne fremde Hilfe leben können? Die Älteren sprechen das Problem ungern an, weil sie es nicht wahrhaben wollen. Oder weil sie niemandem zur Last fallen möchten. Die Jüngeren wiederum umgehen es auch aus Sorge, dann selber Hilfe leisten oder zumindest dafür zahlen zu müssen.
Mit unserer Titelgeschichte möchten wir beiden Generationen Mut machen, frühzeitig und offen darüber zu sprechen, sich mit den Möglichkeiten des altersgerechten Wohnens und der Pflege vertraut zu machen und das Notwendige zu regeln (siehe Seite 50).
Wegen des demografischen Wandels wird das Thema immer mehr an Bedeutung gewinnen. Für das Jahr 2050, wenn die heute 20-Jährigen das Rentenalter erreicht haben, prognostiziert das Statistische Bundesamt: Nur noch 68,5 Millionen Menschen leben in Deutschland, 14 Millionen weniger als heute. Fast 40 Prozent davon sind älter als 60. Auf 100 Deutsche im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 60 kommen 85 Senioren, die mehr oder minder intensiv versorgt und betreut werden wollen.
Wie kann eine Gesellschaft das aushalten? Indem sie sich rechtzeitig darauf vorbereitet. Diese - derzeit leider vernachlässigte - Binsenweisheit gilt auch für jeden Einzelnen. Wer in der Mitte des Lebens die Gelassenheit besitzt, ab und zu planvoll über dessen Ende nachzudenken, wird eher nicht darauf angewiesen sein, es umdrehen zu wollen wie Donald Sutherland.
Herzlichst Ihr
Thomas Osterkorn