Daddylicious Google und die gläsernen Eltern – Na und?

  • von Mark Bourichter
Daddylicious: Google und die gläsernen Eltern – Na und?
In den USA führt Google eine neue Zielgruppe ein: Eltern. Für Mark Bourichter kommt es nicht mehr drauf an, sollen die Werber doch ihren Job machen. Ob sie ihn erreichen, entscheiden andere.

In einem anerkannten Fachmagazin der Internetbranche war kürzlich zu lesen, dass Werbetreibende in den USA auf Google.com die Zielgruppe "Eltern" bewerben können. Neben klassischen Suchbegriffen (Keywords), Interessengebieten, Alter und Geschlecht könne ab sofort auch der Status "Eltern/keine Eltern/unbekannt" ausgewählt werden. Google bescheinigt in diesem Fall, das Nutzungsverhalten der User zu überwachen und anhand von Suchanfragen die Zielgruppe zu klassifizieren. Gebe ich also "Pampers günstig" und am darauffolgenden Tag "bestes Online-Magazin für Väter" in das Suchfeld ein, ist die Wahrscheinlichkeit groß, in den Topf der "Eltern" zu gelangen und damit zukünftig mit zielgruppenspezifischer Werbung beliefert zu werden. In den USA. Europa wird sicherlich bald folgen.

Big Data ist das Gold der Onlinebranche. Serverfarmen sammeln und speichern Informationen, Bilder, Daten und Verhalten der Nutzer, um diese Erkenntnisse zu monetarisieren. Targeting heißt das im Onlinesprech. Und meistens wissen die Nutzer gar nichts darüber. Klar, wenn ich auf Amazon oder in der Samwer-Klitsche nach Schuhen suche, dann wird mir noch tagelang Schuhwerbung angezeigt. Das ist eindeutig. Und irgendwie auch doof. Selbst wenn ich bereits Schuhe gekauft habe, möchte ich sicherlich nicht noch ein zweites Paar kaufen. Aber worüber viele User nicht Bescheid wissen, sind die Mechanismen, die unauffällig im Hintergrund laufen. Denn Werbetreibende wissen beispielsweise Bescheid, wo Du wohnst, weil Sie Deine IP-Adresse verfolgen. Und sie beliefern Dich mit Werbung, die zum Haushaltsnettoeinkommen Deiner Region passt. Wohnst Du in Hamburg Eppendorf, dann ist es folglich eher die Auto-Werbung mit Fahrzeugen jenseits der 50.000 Euro-Grenze als das Schnapper-Angebot eines osteuropäischen Kleinwagens.

Daddylicious: Google und die gläsernen Eltern – Na und?

In den sozialen Netzwerken, wie zum Beispiel bei Facebook, wird die Zielgruppe nach Interessen und "gefällt mir"-Angaben eingegrenzt. Und übrigens auch nach Familienstand und Anzahl und Alter der Kinder. Das Google das jetzt auch macht, ist nichts Neues. Stellt sich die Frage, ob es nicht einfach auch Sinn macht, weil ich mich ja eh nicht wehren kann. Habe ich nicht lieber relevante Werbung als zum x-ten mal den neuen Treppenlift oder den schnellen Klick ins Dating-Portal? Klar gibt es die Ad-Blocker, die so ziemlich alles ausknipsen. Aber es gibt auch Angebote, die von Werbung leben. Kleinere Online-Magazine, die durch die Einnahmen ihre laufenden Kosten decken wollen. Ad-Blocker drehen diesen Leuten den Geldhahn zu. Das wiederum holt die Paid-Content-Befürwörter auf den Plan, die ihre Inhalte kostenpflichtig ins Netz stellen. Will so wirklich auch keiner, weil das ja immer alles umsonst war. Eine Katze also, die sich selbst in den Schwanz beisst. Immer und immer wieder.

Das es jetzt bei Google eine Zielgruppe "Eltern" gibt, ist so spannend wie der Sack Reis in China. Warum sollten Sie nicht beworben werden können, wenn es Radsportler, Hobbyköche, Dudelsackspieler oder Singles bereits als Zielgruppe gibt? Nur weil es "Eltern" sind? Und sie vielleicht bei der Aufzucht ihrer Kinder nicht gestört werden sollen? Alle sprechen von Relevanz, wenn es um Medieninhalte geht. Warum nicht auch in der Werbung? Es geht hier doch vielmehr um die Penetration von Werbung. Und dafür ist jeder Seitenbetreiber selbst verantwortlich.

Fotocredit: © Daniel Kühne - Fotolia.com

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