Die Augen starr, der Mund offen, der Ausdruck dümmlich. Wer Erwachsene beim Fernsehen so sieht, mag darüber noch lachen. Wenn aber Kinder vor der Glotze in Teilnahmslosigkeit versinken, wirkt das eher erschreckend.
Mit diesem Erschrecken spielt der Fotograf Wolfram Hahn. Dreizehn Fotografien von Kindern zwischen drei und zwölf Jahren hat er in einer Ausstellung versammelt, die noch bis zum 29. Juli in Berlin gezeigt wird. Seine kleinen Modelle lichtete Hahn vor dem Fernseher sitzend ab. Hinter ihnen nichts als eine graue Fläche, so dass der Blick des Betrachters sofort auf die entrückt starrenden Kinder fällt. Anders als man es sonst von Kindern gewohnt ist, zeigen sie keinerlei Regung: Kein Staunen, keine Angst, keine Freude. Das macht Hahns Bilder so bedrückend.
"Es ist für die elektronischen Medien unmöglich, irgendwelche Geheimnisse zu bewahren. Ohne Geheimnisse aber kann es so etwas wie Kindheit nicht geben" - Mit diesem und anderen Zitaten des amerikanischen Medienkritikers Neil Postman (1931 - 2003) begleitet ein kritischer Katalog die Ausstellung. Verfasst hat ihn der Kunsthistoriker Daniel Klemm. Aktives Begreifen ist in der modernen Mediengesellschaft nicht gefragt, so der Tenor. Stattdessen schickt das Fernsehen mit seiner Einbahnstraßen-Kommunikation den Zuschauer in eine mentale Erstarrung.
Die Ausstellung "Entzaubert" ist Teil der Reihe "Talents". Darin stellt der Berliner Verein C/O Berlin Patrons an seinem Sitz in der Oranienburger Straße seit 2006 junge Fotografen vor. Der 1979 geborene Wolfram Hahn ist der siebte Fotograf, dem in "Talents" eine Schau gewidmet wird.