Tom Biber Kochen für die Kunst

Tom Biber, Kunstsammler und Schwergewichts-Boxer aus Ingolstadt, ist der Bildersucher der SOS-Versteigerung bei Ebay. Daneben kocht er hervorragende Schnitzel.

Tom Bibers Schnitzel sind berühmt. In harter Arbeit klopft er sie hauchdünn, paniert sie mit einer raffiniert gewürzten Masse, brät sie feinfühlig und wenn die Zahl der Gäste es erfordert auch parallel in zwei Pfannen. Am Ende reicht er die knusprigen den, Tellerrand überlappenden Fleischstücke mit Kartoffel-Gurken-Salat. Da kann keiner widerstehen.

Auch nicht die Künstler, die Tom Biber vor einigen Wochen in seine Wohnung am Prenzlauer Berg eingeladen hatte. Sein Deal: Ich brate Schnitzel, ihr bringt eure Bilder für die Auktion SOS-Kunststück. Und sie kamen, brachten ihre Werke und labten sich am köstlichen Essen.

Tom Biber, 37, Kunstsammler und Schwergewichts-Boxer aus Ingolstadt, ist der Bildersucher der SOS-Versteigerung bei Ebay. Er hat die Künstler ausgewählt, angesprochen und vom Mitmachen überzeugt: bekannte Leute wie Thomas Bayrle, Cosima von Bonin, Günther Förg, Robert Lucander, Jonathan Meese, Markus Oehlen. Noch nicht ganz so bekannte wie Andreas Hofer, Markus Selg oder Barbara Spaett. Nicht alle mussten mit einem Schnitzel gelockt werden, und fast alle wollten spontan dabei sein.

"Kunst ist meine Leidenschaft"

Wenn man den kahl geschorenen, kräftigen Mann mit dem wiegenden Gang und den prallen Oberarmmuskeln sieht, würde man ihn kaum für einen feinsinnigen Kunstexperten halten. Aber: "Kunst ist meine Leidenschaft", sagt Tom Biber. Monatelang lief er durch die Ateliers, erklärte, bat, überzeugte. "Nein haben nur zwei oder drei gesagt, die anderen fanden die SOS-Auktion gut."

Aber der Wille ist noch längst nicht die Tat. "Bei einer Fete, mit zwei, drei Bier zuviel, da wird schon mal was versprochen, was am nächsten Tag wieder vergessen ist", sagt Biber. "Künstler sind schließlich keine Heiligen." Zudem sind sie viel unterwegs und haben wenig Zeit. Das schwierigste war denn auch, sie tatsächlich zur Bildübergabe zu bewegen.

"Durch die Bank hervorragende Sachen"

65 Arbeiten hat Biber am Ende eingesammelt: Ölbilder und Zeichnungen, Fotos, Grafiken und Kleinskulpturen. Einige Künstler wie Jonathan Meese oder Markus Oehlen stellten eigens für SOS-Kunststück neue Arbeiten her. Einige Galerien wie Christian Nagel oder "Maschenmode" aus Berlin halfen bei der Überzeugungsarbeit. "Da ist richtig gute Kunst dabei", sagt Biber. "Irgendwann kam da so eine Art von sportlichem Ehrgeiz unter den Künstlern auf: Wer liefert die bessere Arbeit. Und jetzt sind es durch die Bank hervorragende Sachen".

Viele Künstler kennt Biber gut: "Ich bin Teil der Szene und lebe mit denen." Manchmal ist er sogar Teil eines Kunstwerkes. Als Jonathan Meese zum 3. Oktober, dem Tag der Einheit, eine Oktoberfest-Performance machte, stellte der Bayer Tom Biber sich als Wiesnwirt zur Verfügung. Er zog seine Hirschlederne an, ein weißes Hemd und Haferlschuhe und setzte einen Gamsbarthut auf. Schließlich muss man als Bayer ja "die Stützpfeiler bayerischen Brauchtums in Berlin vertreten", sagt er - ganz im Sinne seines großen Vorbildes Oscar Maria Graf, der im New Yorker Exil auch gern in Lederhosen auftrat.

An die Grenzen stoßen

Boxen ist, neben der Kunst, Bibers zweite Leidenschaft. Wirkliche Kämpfe traut der Schwergewichtler sich allerdings nicht zu, denn "ein Kieferbruch ist schnell mal passiert". Er versteht sich als Freizeit-Sportler, Training und Sparring absolviert er in einem alten Verein in Berlin-Mitte. Boxen und Kunst gehören für ihn zusammen, "weil man da an Grenzen kommt." Und weil es "im Boxring keine Heuchelei gibt - und bei ernsthafter Kunst auch nicht." Als Biber mal in New York war und dort durch die Galerien streifte, kursierte der Spruch: "To look at art like Biber". Was einfach heißen sollte: genau hinsehen, auf die Inhalte achten, auf die Kunst an sich - und sich nicht von großen Namen blenden lassen. Genau das ist nun auch bei den Kunstfreunden gefragt, die bei SOS-Kunststück mitmachen: Schauen und entscheiden - ganz ohne Vorurteile und Vorwissen. Denn keiner derjenigen, die in den nächsten Wochen bei Ebay steigern, weiß ja, welche Arbeit von wem stammt.

Tom Biber jedenfalls ist überzeugt: "Spätestens in zehn bis 15 Jahren werden einige dieser Leute unter den Top-Künstlern sein, begehrt und gefragt auch bei den großen Sammlern." Die werden dann allerdings zehnmal soviel zahlen müssen wie die Ebay-Kunden jetzt.

Anja Lösel