Sehr verehrtes Sauerstoffteilchen! Starten Sie jetzt Ihre Reise durch den menschlichen Körper! Als Sauerstoffteilchen müssen Sie sich auf dieser Pauschaltour um fast nichts kümmern. Halten Sie sich einfach in der Nähe eines Zweibeiners auf, dann heißt es früher oder später automatisch: Abflug! Denn in Ruhe holt der Mensch rund 20.000-mal täglich Luft. Er ist auf Sie und Ihre mitreisenden Sauerstoffgefährten angewiesen. Selbst trainierte Taucherinnen und Taucher halten es nur gut zehn Minuten ohne Atmen aus! Also bleiben Sie entspannt, ein Atemzug nimmt Sie garantiert mit. Selbstverständlich handelt es sich um eine Gruppenreise: Sie fliegen mit Abermillionen anderen Sauerstoffteilchen, die ebenfalls zu Ihrer Reisegruppe gehören.
Vorbereitung ist alles bei der Atmung
Dafür legen sich allerhand Muskeln ordentlich ins Zeug, allen voran das Zwerchfell. Diese nach oben gewölbte Muskel-Sehnenplatte trennt den Brustkorb vom Bauchraum. Atmet der Mensch ein, flacht sie ab. Gleichzeitig ziehen andere Muskeln die Rippen nach außen und oben. Das Ergebnis: Der Brustkorb weitet sich, die Lunge dehnt sich aus. So entsteht ein Unterdruck, und ebendieser sorgt dafür, dass sich ein halber Liter Luft auf den Weg in Richtung Nase macht – mit Ihnen an Bord.
Wo geht's rein?
Möglicherweise wird es etwas drängelig zu Beginn, denn 80 Prozent aller Menschen atmen vorwiegend nur durch ein Nasenloch. Alle paar Stunden schwillt die Schleimhaut an einer Seite an oder ab, so ist abwechselnd ein Loch offener, während sich das andere sozusagen ausruht. Sind beide Eingänge verstopft, etwa aufgrund einer Vollsperrung durch Schnupfen, werden sie automatisch durch die riesige Einfahrt kurz darunter umgeleitet, durch den Mund.
Willkommen im Körper!
Normalerweise aber gelangen Sie durch die Nase ins Innere. Dort angekommen, wärmen Sie sich erst einmal ein wenig auf und werden befeuchtet, bevor es durch die Luftröhre abwärts geht. An deren Ende biegen Sie rechts oder links in einen der beiden Lungenflügel ab und erreichen auf diese Weise den rechten oder den linken Bronchialbaum. Dieser heißt so, weil er mit seinen Verzweigungen an einen umgedrehten Baum erinnert. Bahnen Sie sich Ihren Weg getrost durch die Bronchien und die engsten Gassen, die Bronchiolen. Nach etwa 16 Abzweigungen gelangen Sie schließlich in eines der insgesamt 300 Millionen Lungenbläschen, Alveolen genannt. Genauer gesagt, in einen der Hohlräume darin.
Vorsicht: Rückreisende
Die Bläschen sind von außen von Kapillaren überzogen, winzigen Blutgefäßen, die ein Netz bilden. Vielleicht hören Sie an dieser Stelle das Blut schon fließen. Lassen Sie sich davon bloß nicht ablenken, und achten Sie auf den Gegenverkehr! Hier werden Ihnen nämlich etliche ausgelaugte Typen entgegenkommen – Kohlenstoffdioxid-Teilchen. Deren Reise geht zu Ende, im sauerstoffarmen Blut schwimmen sie zurück zur Lunge, dringen durch die Wand der Lungenbläschen ein und warten auf ihre Abreise Richtung Nase und Mund, um ausgeatmet zu werden.
Ihr Ziel: eine Zelle
Sie hingegen sind ja gerade erst gestartet. Also: ab durch die Alveolenwand und rein ins Blut! Keine Angst, die Grenze, die Sie von den Äderchen trennt, ist sehr dünn und für Gase wie Sie kein Hindernis, da kommen Sie locker durch. Ab jetzt befinden Sie sich im Blutkreislauf und damit ausschließlich auf Einbahnstraßen. Venen führen zum Herzen hin, Arterien vom Herzen weg. Sie nehmen zunächst die Lungenvene in Richtung Herz.
Es ist das Verteilerzentrum des Körpers, das das Blut, in dem Sie und Ihre mitreisenden Sauerstoffteilchen schwimmen, über die Aorta und Arterien in den Körper pumpt – zu einer von bis zu 100 Billionen Körperzellen. Diese benötigen dringend Ihre Hilfe, um die Nährstoffe im Blut in nutzbare Energie umzuwandeln. Die braucht es zum Beispiel, um Muskeln zu bewegen. Gut also, dass Sie da sind!
Alle mal tief durchatmen!
Denn das hilft wirklich, um zu entspannen. Wenn wir unsere Atmung verlangsamen und tief Luft holen, senden Lunge, Zwerchfell und Bronchien die Botschaft "Entspannung" ans Gehirn. So überprüft ihr, ob ihr tief genug einatmet:
- Legt eine Hand auf die Brust und kontrolliert, ob die Luft im Brustkorb landet. Dieser muss sich heben und senken, ohne dass ihr die Schultern hochzieht.
- Legt die Hand nun auf den Bauch. Bewegt er sich nicht nach außen und innen, solltet ihr beim Einatmen bewusst gegen eure Hand "anatmen".
- Legt schließlich beide Hände in die Flanken, kurz unter die Rippen. Beim Einatmen sollten sich die Rippen nach außen schieben.
- Wiederholt diese Übung so lange, bis sich Brustkorb, Bauch und Flanken beim Atmen bewegen. Experten nennen das Vollatmung.
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Ihre weiteren Reisemöglichkeiten
Nun nähert sich auch Ihre Tour dem Ende. Doch eines steht fest: Nach Ihrer Reise werden Sie sich wie verwandelt fühlen. Sind Sie auch! Entweder Sie treten als Wassermolekül auf der Blutbahn schon bald die nächste Tour an. Oder Sie reisen als Kohlenstoffdioxid-Teilchen über Herz und Kapillaren zurück in die Lungenbläschen, hinaus durch die Bronchien und die Luftröhre – in die Freiheit.