Empörung in den Niederlanden Junger Geisteskranker in Zelle festgebunden

Kollektiver Aufschrei in Holland: Das Fernsehen zeigt Aufnahmen eines 18-jährigen Geisteskranken, der über Jahre hinweg immer wieder angebunden in einer Zelle einer Anstalt ausharren muss. Die Behörden sagen, es gebe keine andere Lösung.

Das Schicksal eines geisteskranken Jugendlichen, der seit Jahren immer wieder in einer Einzelzelle festgebunden wird, hat viele Niederländer erzürnt. Das Parlament setzte am Mittwoch eine Dringlichkeitsdebatte über den Umgang mit dem 18-jährigen Brandon an, nachdem das Fernsehen am Vorabend heimlich aufgenommene Videobilder des Psychiatrie-Patienten zeigte. Die Aufnahmen aus der Einrichtung "'s Heeren Loo" im 70 Kilometer östlich von Amsterdam entfernten Ermelo seien abscheulich, schrieb die Zeitung "de Volkskrant" auf ihrer Titelseite.

Zu sehen ist, wie der Jugendliche mit einem Zaumzeug am Oberkörper über einen anderthalb Meter langen Riemen an einer Wandhalterung festgebunden ist. "Mein Sohn wird seit drei Jahren wie ein Tier im Käfig gehalten", sagte die Mutter Petra van Ingen. "Er ist seit zweieinhalb Jahre nicht mehr draußen gewesen." Kontakt mit anderen Jugendlichen habe er nicht.

"Breakdance-Tricks, das geht nicht"

Die Mutter hatte die Aufnahmen bei Besuchen Brandons gemacht und dem Sender EO übergeben, um auf die Lage ihres Sohnes aufmerksam zu machen. "Ich werde nun älter, bin 18, das weißt du. Aber ich fühle mich hier schwer wie ein alter Mann", sagte Brandon. Er beklagte, dass er keinen Platz habe, um zu tanzen. "Breakdance-Tricks, das geht nicht, wenn ich hier festsitze, dafür muss ich mich drehen und dann fall ich auf die Klappe."

Brandon leide "an einer seltenen Kombination psychischer Störungen", erklärte Anstaltschef Frank van der Linden. "Wenn jemand so angebunden wird, geht es um eine objektiv festgestellte Gefahr." Der junge Mann sei aber in der Regel nur angekettet, wenn andere Personen bei ihm sind. Zum Schlafen werde er immer losgemacht. So ergehe es in Holland "auch zahlreichen anderen Geisteskranken", erklärte der Sachverständige Bert Lendemeijer. "Das geschieht aus purer Verzweiflung", sagte er unter Hinweis auf mangelnde Kapazitäten der Kliniken für einen besseren Umgang mit solchen Patienten.

"Keine andere Lösung"

Die Sprecherin der staatlichen Gesundheitsinspektion, Silvie de Peijper, erklärte, es gebe keine andere Lösung. Man habe versucht, Brandon "mehr Freiheit zu geben, aber da hat er Sachen kaputt geschlagen". Die sozialdemokratische Abgeordnete Agnes Wolbert erklärte, die Begründung sei nicht zu akzeptieren. "Seine Situation muss sofort verbessert werden." Ihre christdemokratische Kollegin Sabine Uitslag fügte hinzu: "Ich bekomme davon einen Knoten im Magen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies die einzige Art ist, mit dem Jungen umzugehen."

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fw/DPA