Sollten Senioren noch Auto fahren dürfen? Eine Frage, die für kontroverse Diskussionen sorgt. Auch unsere stern-Redakteure Eugen Epp und Jacqueline Haddadian sind sich uneins und haben vor Kurzem über sie diskutiert (lesen Sie den Text hier). Haddadian hält ein Fahrverbot für Senioren für altersdiskriminierend und sieht darin die Gefahr, dass ältere Menschen – besonders auf dem Land, wo sie nicht ohne Weiteres auf den Nahverkehr ausweichen können – abgehängt werden. Epp dagegen plädiert für Gesundheitstests für Ältere und, je nach dem Ergebnis des Tests, für einen Entzug des Führerscheins.
Auch die Meinungen unter den stern-Leserinnen und -Lesern sind gespalten. In Zuschriften an die Redaktion schreiben sie:
Führerschein abgeben mit 70? Das sagen unsere Leserinnen und Leser
Tobias B.: "In der heutigen, nur noch leistungsorientierten Gesellschaft ist der Senior – besser: unproduktive Rentner – nur noch ein störender Kostenfaktor, der sein Soll erfüllt hat und den Jungen im Wege steht. Im Straßenverkehr wortwörtlich, wo Rücksichtnahme, Tempolimits und Halten an roten Ampeln nur noch etwas für Senioren und Versager zu sein scheint. Dass dies zu Konflikten führt im Sinne von 'die Senioren können sich dem heutigen Verkehr nicht anpassen' ist kein Wunder. Für mich ist es allerdings eher eine Täter-Opfer-Umkehr, wie wir es auch aus so einigen anderen Bereichen kennen. Die heutigen Jungen werden in einigen Jahren auch Senioren sein und möchten dann – mit Recht – genauso über ihr Leben Entscheidungen selbstständig treffen können. So wie wir heute, denn wir waren auch mal jung ..."
Lothar B.: "Ich bin 75 Jahre alt und ärgere mich oft über zum Teil sehr viel jünger Schlafhauben im Straßenverkehr."
Gundula J.: "Mir machen eher jugendliche Raser Angst. In unmittelbarer Nähe meiner Wohnung kann ich sehr oft hören, wie mit überhöhter Geschwindigkeit auf einer vierspurigen Straße Wettrennen gefahren werden. Ich selbst habe meinen Führerschein 1977 erworben und habe selbst noch keinen einzigen Unfall verursacht. Ich fahre gerne Auto, und ich würde es als mein Hobby bezeichnen. Es gibt mir die Freiheit, jederzeit überall hinfahren zu können. Im Gegensatz zu meinem Mann bin ich ein Automensch und möchte es, solange es geht, bleiben. Ich bin 71 Jahre, fahre regelmäßig auf allen Straßen (Autobahn, Landstraße, Stadt), um im Training zu bleiben. Natürlich hoffe ich, dass ich selbst den Zeitpunkt erkennen werde, an dem ich meinen Führerschein besser abgeben sollte."
C. L.: "Ich wäre für die Abgabe des Führerscheins ab einem bestimmten Alter, aber mit Gegenleistung. Es ist für jeden ein Einschnitt, da wäre ein dauerhaftes Deutschlandticket kostenlos eine Option. In Prag zahlen Rentner ab 65 halbe Preise, und ab 70 fahren sie umsonst. Da kann man sich die Sache überlegen, aber nicht bei unseren Fahrpreisen, die sind Rentner feindlich."
Monika K.: "Den Gedanken, dass alle Menschen ab einem bestimmten Alter den Führerschein abgeben sollten, finde ich ungeheuerlich! Wenn Gesundheitsprüfung bzw. Fahrtauglichkeitsprüfung, dann bitte für alle Altersgruppen (z.B. alle 10 Jahre)! Ich kenne sehr viele ältere Menschen, die gewissenhaft und rücksichtsvoll fahren (weniger aggressiv als viele jüngere) und die Hauptverkehrszeiten und unübersichtliche Stellen bewusst meiden. Einige ältere Menschen, die ihre Probleme beim Bedienen ihres Kraftfahrzeugs erkennen, geben den Führerschein selbst ab, oder es wird ihnen von ihren Kindern oder Bekannten dazu geraten. Dann sollte ein Hilfsangebot, wie sie ihr Leben ohne Fahrzeug bewältigen können, folgen. Ohne Auto ist es sehr vielen älteren Menschen nicht mehr möglich, am öffentlichen Leben teilzunehmen. Sie wären auf ihre Wohnung zurückgeworfen und benötigten viel Unterstützung (vom Einkauf bis zum Arztbesuch, ganz abgesehen von Besuchen und kleinen Unternehmungen, die heute keiner anbietet). Wenn heute schon so viele Menschen ein hohes Alter erreichen, und ihnen die Teilnahme am öffentlichen Leben unmöglich gemacht wird, bleibt nur: zum Friedhof gehen und auf das Ende warten."
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Wolfgang P.: "Ich bin 82 Jahre alt und wohne seit vielen Jahren in Spanien, wo entsprechende und regelmäßige Tests zwingend vorgeschrieben sind, denen ich mich vorbehaltlos unterziehe. Für mich ist dieses Verfahren nicht nur sinnvoll, sondern alternativlos. Auch wenn ich davon überzeugt bin, dass die Aussagekraft des Tests nicht hundertprozentig ist, so werden damit jedoch jene Fahrer aussortiert, die absolut nicht mehr fahrtüchtig sind. Solche Tests sollten in der EU zwingend vorgeschrieben werden, auch wenn das Ergebnis für den einen oder anderen schmerzhaft sein würde. Aber so ist das Leben: Nichts währt ewig, auch nicht die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit."
Anna K.: "Ich habe noch nichts verlernt, was ich in der Fahrschule gelernt habe. Ich mache sogar öfters mal eine Probe wegen der neuen Schilder, die es damals noch nicht gab. Ich bin zwar 84 Jahre und fahre nur zum Arzt oder Einkaufen, aber selbst über kurze Strecken fahre ich noch sicher auf der Autobahn. Einen Unfall hatte ich auch noch nie. Sollte ich merken, dass ich unsicher werde oder nicht mehr reagiere, dann fahre ich bestimmt zu hundert Prozent kein Auto mehr. Noch bin ich fit! Ich habe einen sehr kranken Mann, den ich zum Arzt fahre, weil er das nicht mehr kann oder darf. Man sollte vernünftig sein, wenn es nicht mehr geht, dann nicht mehr ans Steuer."