Jagoda Marinić Wie Elon Musk meinen Hass auf moderne Superreiche neu entfacht

Wer reich genug ist, meint sich alles erlauben zu können.  Damit sollte langsam schluss sein, denkt unsere Kolumnistin
Wer reich genug ist, meint sich alles erlauben zu können.  Damit sollte langsam schluss sein, denkt unsere Kolumnistin
© getty images
Milliardäre wie Elon Musk glauben, sich alles leisten zu können. Und werden dafür bewundert. Unsere Kolumnistin aber findet: Es reicht, liebe Reiche!

"Ich glaube, ich hasse Reiche." So was in der Art muss ich im Podcast meines Kolumnierkollegen Micky Beisenherz gesagt haben. Ein Satz, der mir nicht weiter auffiel, unserem Redakteur sehr wohl. So ist das mit Kollegen, die sich wirklich für die Arbeit der anderen interessieren, sie nageln einen dann auf die eigenen Sätze fest. "Wieso?", wollte er wissen, und da sitze ich nun vor meiner Kolumne, als wäre sie ein Beichtstuhl.

Ein Glück, dass jetzt der Superreiche Elon Musk mein Lieblingsmedium Twitter übernommen hat. Er liefert im Stundentakt Material, mit dem ich meine Verachtung für die Reichsten von heute begründen kann. Musk wurde auf Twitter verspottet, weil man ihn in Berlin wohl nicht ins Berghain ließ. Bald danach kauft er sich Twitter für absurde 44 Milliarden Dollar. Seither twittert er von sich selbst betrunken Blödsinn, und seine Fans, die alle gern so reich wären wie er, feiern ihn dafür ab. Er wolle für die Meinungsfreiheit kämpfen, behauptet er. Als ersten Akt dieser Freiheit verlinkte er unter einem Post von Hillary Clinton übelste Desinformationen zum Überfall im Privathaus von Nancy Pelosi, der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses.

Ein Troll mit eigenem Kanal

Er nennt sich Chef-Twitterer, benimmt sich aber wie ein Chef-Troll. Am liebsten stellt er der US-Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez nach, weil sie links ist und eine junge Frau. Über Nacht entließ er etwa die Hälfte seiner Belegschaft – per Mail. Er sperrte den Rausgeworfenen von heute auf morgen den Zugang zu ihren Dienstmails, scherte sich nicht um Rechte und Kündigungsfristen. Mögliche Klagen wird er locker bezahlen können, der Reichtum der

Mit einem Teil der Summe, für die Musk Twitter gekauft hat, hätte man einen Großteil des Welthungers beenden können, heißt es. Aber Reiche wollen keine Steuern zahlen, sie haben mit ihren Gewinnen sogenannte philanthropische Pläne.

Wo sind die Reichen alten Schlags?

Musk ist die perfekte Verkörperung der Reichen im 21. Jahrhundert. Ich weiß nicht, ob wir uns die Abschaffung des Patriarchats so vorgestellt haben. Im alten Patriarchat herrschte immerhin noch der paternalistische Unternehmer, wie etwa Henry Ford, der seine Arbeiter mit väterlicher Fürsorge ausbeutete. Ford stellte 1926 die Arbeitszeit in seiner Ford Motor Company auf die 40-Stunden-Woche um, ohne die Löhne zu kürzen. Ihm war klar, niemand würde seine Autos kaufen, wenn Menschen zehn bis 16 Stunden täglich schufteten.

Die Superreichen von heute sind keine netten Patriarchen mehr. Sie sind oft Egomanen, für die das Ökosystem der Menschen und des Planeten anscheinend keine Rolle mehr spielt. Eher würden sie Lebensraum auf dem Mond schaffen, als auf Erden human zu wirtschaften.

Als die Menschheit mit der Corona-Pandemie rang, flogen einige Superreiche mit Phallusraketen ins Weltall, statt sich zu fragen, wie sie in die Herzen der Weltbevölkerung fliegen könnten.

Die Protzerei findet leider Nachahmer

Die Superreichen von heute sorgen tatsächlich für Trickle-down-Effekte, nicht was den Reichtum betrifft, den horten sie für sich. Doch sie machen Egomanie zum Statussymbol, fast jeder zeigt heute stolz sein persönliches Stück Ich-Sucht. Wer Geld hat, setzt sich am liebsten hinter das Steuer eines dicken SUV, der etwaige E-Motor ist nur ein weiterer Ausweis des Reichtums. Da thronen sie, als wären sie durch den Kauf dieses Blechschiffs zum Staatschef geworden, schneiden Radfahrern den Weg ab und winken am liebsten noch königlich hinterher.