Es gibt viele Dinge, die mir Angst machen. Im Alter allein zu sein, Lungenkrebs, meinen Job zu verlieren, komisch zu sein, verraten zu werden ...
Vor anderen Menschen habe ich im Allgemeinen keine Angst. Eigentlich. Vor einer Person aber fürchte ich mich: meinem Stiefvater.
Wenn er mich anruft und sein Name auf meinem Handy erscheint, merke ich, wie sich mein Herzschlag und meine Atmung beschleunigen.
In meiner Brust steigt diese Panik auf, die ich aus Kindertagen kenne. Ich bin wieder im Überlebensmodus.
"Hi! Geht's dir gut? Ich wollte mal wissen, wann genau ihr an Weihnachten kommt?"
"Hi! Mir geht's gut. Dir auch? Wir kommen wahrscheinlich so um die Mittagszeit am 26."
An der Oberfläche führen wir ein ruhiges Telefonat. In Wahrheit ist es ein Schauspiel. Was ich sagen und wie ich mich verhalten muss, hat mir mein Stiefvater zehn Jahre lang beigebracht.