Weniger Scheidungen, mehr Hochzeiten Von wegen 'verflixtes siebtes Jahr': Nach dieser Zeit lassen sich die meisten Paare scheiden

Mehr Hochzeiten: Ein lesbisches Hochzeitspaar hält sich im Arm
2022 wurden rund 391.000 Hochzeiten gefeiert, etwa 10.000 gleichgeschlechtliche Paaren ließen sich trauen. Seit 2017 gibt es die "Ehe für alle"
© LumiNola / Getty Images
2022 gab es laut dem Statistischen Bundesamt mehr Hochzeiten und weniger Scheidungen als im Vorjahr. Ein jahrelanger Trend, der gleich mehrere Gründe hat.

Wer soziale Medien wie Instagram öffnet, kann in den aktuellen Sommermonaten den dort geposteten Bildern von Hochzeiten kaum ausweichen. Küsschen hier, farbenfrohe Blumensträuße da, schicke Anzüge dort – in Deutschland scheint das Heiratsfieber ausgebrochen. Das zeigt auch ein Bericht des Statistischen Bundesamts, das diese Woche die Anzahl der Hochzeiten und Scheidungen für 2022 veröffentlicht hat.

Nach einem coronabedingten Tiefpunkt 2021 gab es im vergangenen Jahr wieder deutlich mehr Eheschließungen. Rund 391.000 Paare gaben sich das Ja-Wort, zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Darunter waren etwa 10.000 gleichgeschlechtliche Paare. Die "Ehe für Alle" gibt es seit 2017.

"Bei der Zahl der Eheschließungen ist von einer Normalisierung nach den coronabedingten Einschränkungen in den beiden Vorjahren und zum Teil auch von einem Nachholeffekt auszugehen", sagt Bettina Sommer, Expertin für Demografie beim Statistischen Bundesamt. "Eine Reihe heiratswilliger Paare dürfte ihre Hochzeit auf die Zeit nach der Pandemie verschoben haben."

Zahl der Scheidungen geht seit Jahren zurück

Im Gegensatz dazu geht die Scheidungsrate weiter zurück. Ein Trend, der sich schon seit 2012 abzeichnet. Rund 137.400 Ehen wurden im vergangenen Jahr geschieden, 3,8 Prozent weniger als 2021. Dabei zeigt die Statistik auch, dass sich Paare immer später scheiden lassen – im Durchschnitt nach 15 Jahren und einem Monat. 25 Jahre vorher, im Jahr 1997 also, wurden die meisten Ehen nach durchschnittlich zwölf Jahren und vier Monaten geschieden.

Der Berliner Psychotherapeut Wolfgang Krüger begründet das gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (DPA) mit einem höheren Bedürfnis nach Stabilität: "Zum einen wollen wir in Krisenzeiten einen Ort der Sicherheit, der Geborgenheit und Verlässlichkeit haben." Außerdem seien die Ehen selbst besser geworden, viele würden ihrem eigenen Leben mehr Priorität einräumen: "Paare sind inzwischen viel selbstständiger und Frauen finanziell unabhängiger."

Die Statistik zeigt aber auch: Wer in späteren Jahren unglücklich in seiner Ehe ist, lässt sich auch nach Jahrzehnten noch scheiden. Fast ein Fünftel der 2022 geschiedenen Paare war seit mindestens 25 Jahren verheiratet. Ein neues Phänomen, so Krüger gegenüber der DPA:  "Früher war es eher so: Wer länger als 20 Jahre zusammen war, blieb zusammen, weil dann der Mut zur Trennung fehlte. [...] Heute haben wir vergnügte 70-Jährige, die vom Leben noch viel erwarten."

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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Quellen:  Statistisches Bundesamt, DPA

mkb