Achteinhalb Monate nach dem grausigen Tod eines Obdachlosen im baden-württembergischen Neulußheim sind die Täter am Montag bestraft worden. Nach dem Urteil der Jugendkammer des Mannheimer Landgerichts gegen fünf 14- bis 20-Jährige wird jedoch weiter über die Motive für ihr brutales Vorgehen gerätselt. Für fünf Jahre muss der 20 Jahre alte Haupttäter wegen Körperverletzung mit Todesfolge ins Gefängnis. Der Rest der minderjährigen Gruppe erhielt Bewährungsstrafen zwischen 15 Monaten und zwei Jahren.
Die Unbarmherzigkeit und Gewaltbereitschaft gegen einen am Rande der Gesellschaft stehenden Menschen, vor allem aber das Alter der Täter hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Die Angaben über die Cliquengröße bei der Bluttat in dem Waldgebiet in der Nähe der kleinen Gemeinde Neulußheim im Rhein-Neckar-Kreis schwanken zwischen acht und elf. Als sicher gilt jedoch, dass auch zwei zwölfjährige Mädchen an der über zwei Stunden dauernden Prügel- und Tretattacke nach dem Streit um eine Waldhütte dabei waren.
Mit ungläubigem Entsetzen hatten die 6300 Einwohner zählende Ortschaft die Tat der Jugendlichen im Herbst vergangenen Jahres registriert und versucht, zu reagieren. Bürgermeister Gerhard Greiner (SPD) rief dazu auf, die Gruppe - bis auf den 20-Jährigen Realschüler und Gymnasiasten - nicht zu verstoßen und die Familien nicht gesellschaftlich zu ächten. Ein Runder Tisch wurde ins Leben gerufen, an dem sich Erzieher, Schulleiter und Sozialarbeiter sowie die Polizei und die Kirche beteiligten.
"Keine Monster"
Die Bilanz fast neun Monate nach dem Tod des Wohnsitzlosen ist ernüchternd: "Wir haben noch keine konkreten Erfolge", sagt der evangelische Pfarrer Uwe Sulger, der die drei 15-jährigen Schläger aus dem Konfirmandenunterricht kennt. "Keine Monster" seien die Jungen, berichtet der Theologe. Dass der gewaltsame Tod des 54 Jahre alten Mannes mit seiner Obdachlosigkeit zu tun hat, dessen ist er sich jedoch auch sicher.
Der Heidelberger Kriminologe Dieter Dölling hat bei der Suche nach Antworten auf das brutale Verhalten der Kinder und Jugendlichen zwei Erklärungsansätze. "Der Einfluss der Jugendlichen aufeinander ist sehr stark - stärker als der der Eltern", erklärt der Direktor des Instituts für Kriminologie an der Universität Heidelberg.
Die Cliquen bildeten Führungspersönlichkeiten heraus, denen wegen des Gruppenzugehörigkeitsgefühls nachgeahmt werde. Da der 20 Jahre alte Haupttäter den anderen intellektuell unterlegen war, habe er sich durch sein gewalttätiges Handeln offenbar produzieren wollen, analysiert Dölling. Diese verhängnisvolle Wechselseitigkeit könne die Tat ausgelöst haben.
Bernd Glebe/DPA