Zuerst die gute Nachricht: In der ersten großen internationalen Vergleichsstudie zum gesellschaftlichen Zusammenhalt ist Deutschland im oberen Mittelfeld vertreten. Im Vergleich zu anderen Ländern halten die Deutschen nach der Finanzkrise sogar noch ein bisschen mehr zusammen. Haben wir doch ganz gut hingekriegt. Das hat eine Untersuchung der Bremen University im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung herausgefunden.
Die besagt, dass in unserem Lande "soziale Beziehungen belastbar" sind (will sagen: Am Ende versöhnt man sich doch); die "Mitglieder eine positive emotionale Verbundenheit mit dem Gemeinwesen" haben (will sagen: Die Bürger finden die Ämter an und für sich ganz okay) und "eine ausgeprägte Gemeinwohlorientierung" (will sagen: Wenn es denn sein muss, gieße ich auch die Pflanzen des Nachbarn). Vor uns liegen mal wieder die Skandinavier, hinter uns die baltischen Staaten und die Südosteuropäer. 34 Länder wurden insgesamt untersucht. Und Bertelsmann-Chefin Liz Mohn fasst es mit den Worten zusammen: "Mehr Zusammenhalt bedeutet mehr Lebenszufriedenheit."
Angst vor der Vielfalt
Bevor Sie nun aber lebenszufrieden die Gießkanne abstellen und sich zurücklehnen, kommt noch die schlechte Nachricht: Der Deutsche hat ein Problem mit der Toleranz - und es wird schlimmer. Vielfalt ist nicht gern gesehen, egal, was hundertundeine Aktion für die bunte Gesellschaft auch sagen mögen. Der dunkelgelockte Junge mit dunkler Haut muss immer noch Angst haben, wenn er nach Berlin-Pankow fährt. Und das ist einfach nur schlecht! Sogar rein rechnerisch.
Mit dieser Einstellung wird Deutschland nicht weit kommen. Denn die Studie hat nicht nur herausgefunden, dass der Anteil von Migranten in einer Gesellschaft keinen schwächenden Einfluss auf den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt hat. Länder wie die Schweiz, Amerika und Australien beweisen das Gegenteil. Sie zeigt auch, dass Deutschland dabei ist, den Anschluss an die modernen Gesellschaften der Welt zu verpassen. "Moderne Gesellschaften beruhen nicht auf Solidarität, die aus Ähnlichkeit erwächst, sondern auf Solidarität, die auf Verschiedenheit und gegenseitiger Abhängigkeit fußt", so Stephan Vopel von der Bertelsmann-Stiftung. Oder um es kurz zu machen: Die wirtschaftliche Zukunft hänge von weiterer qualifizierter Zuwanderung ab.
Dabei hat Deutschland es bis heute nicht geschafft, dass Zuwanderer sich hier zuhause fühlen. Warum sonst leben viele lieber in ihrer eigenen Welt oder spucken im Extremfall sogar auf deutsche Werte. Das funktioniert in beide Richtungen. Ruckt euch!