Haben Allergiker dieses Jahr stärker zu leiden als sonst?
Anders als 2018 war schon der Februar mit seinen milden Temperaturen und vielen Sonnenstunden ein für den Pollenflug besonders günstiger Monat, wie der Deutsche Wetterdienst bestätigt. Vergangenes Jahr traf es Allergiker erst ab dem sommerlich anmutenden April. Wie es 2019 weitergeht, ist noch nicht klar.
Welche Faktoren bestimmen, wie schlimm eine Saison wird?
Tageslänge und Temperatur spielen natürlich eine wichtige Rolle. Und da zeigt sich bereits der Klimawandel: Die Blüte von Hasel und Erle, auch Birke und Gräsern schiebt sich früher ins Jahr. Doch nicht alle Pflanzen reagieren gleich. Zudem können Pollen unterschiedlich aggressiv ausfallen, sodass die Konzentration in der Luft allein noch kein Maß für die Heftigkeit der allergischen Beschwerden ist.
Ist nur das Frühjahr "Pollenzeit"?
Keineswegs. Nach einer kurzen spätherbstlichen Erholungsphase kann es jedenfalls im Dezember schon vereinzelt mit Hasel und Erle wieder losgehen. Die Pollenzeit endet erst im darauffolgenden Oktober und November, wenn auch Beifuß und Traubenkraut keine Pollen mehr ausstoßen.
Was ist überhaupt eine Allergie?
Vereinfacht gesagt: ein Irrtum unseres Immunsystems. Was an sich überlebenswichtig ist – die Abwehr gefährlicher Eindringlinge –, richtet sich im Fall einer Allergie gegen einen Feind, der keiner ist. Haut und Schleimhäute schütten dann Entzündungsbotenstoffe wie Histamin aus, die den Rest erledigen: Pusteln und Juckreiz beispielsweise. Dazu werden Sekrete gebildet, und Asthmatikern zieht es die Atemwege zusammen. Allein in Deutschland kennen zwölf Millionen Pollenallergiker solche Symptome.
Warum sind Allergien unter den Menschen so unterschiedlich verteilt?
Weil zum Beispiel das Immunglobulin E (IgE) als Teil des Immunsystems nicht bei allen Menschen in gleicher Menge vorkommt. Eigentlich soll IgE Würmer und Parasiten bekämpfen. Doch kann ein Überschuss an IgE zu jenen Fehlsteuerungen führen, die eine Allergie ausmachen. Die Vererbung spielt dabei eine große Rolle. Doch müssen zu den genetischen üblicherweise noch Umwelt- oder Verhaltensfaktoren kommen, damit eine Erbanlage aktiviert wird.
Stimmt es, dass Stadtkinder eher betroffen sind als die vom Land?
Es gibt aus der Forschung Hinweise darauf, dass eine frühe Kindheit auf dem Bauernhof oder auch inmitten anderer Kinder – ob in der Kita oder zu Hause – das Allergierisiko senkt, weil das Immunsystem mit vielen Erregern beschäftigt ist. Ist ein Risiko allerdings nachgewiesen, sind Tiere nicht unbedingt hilfreich. Zumindest zu Katzen sollte dann Abstand gehalten werden. Durch Haustiere entstehen aber keine Allergien.
Was hilft gegen die Beschwerden?
Bei einer ausgeprägten Pollenallergie bleibt schlimmstenfalls ein Umzug ins Hochgebirge oder an die See, wo die Belastung zumindest erheblich geringer ist. Ansonsten gibt es Mittel gegen die Entzündungssymptome, kortisonhaltige Präparate etwa oder Antihistaminika, deren Einsatz aber jeweils ärztlich abgeklärt werden sollte. Auch eine Art Umprogrammierung ("Hypo-Sensibilisierung") ist möglich, bei der dem Immunsystem nach und nach beigebracht wird, einen Feind aus der Liste zu streichen. Das klappt aber nicht in jedem Fall und ist langwierig.
Kann sich die Empfindlichkeit von Allergikern im Laufe des Lebens verändern?
Ja, auch wenn das nicht bei allen Formen gleich ist. Bei Pollenallergien immerhin scheint es so zu sein, dass das Immunsystem mit dem Alter ein bisschen träger wird und somit auch die Folgen seiner Fehlentscheidungen weniger heftig ausfallen. Allerdings beobachten Ärzte zunehmend ältere, bei denen eine Allergie neu auftritt.
Kann eine Allergie sogar verschwinden?
Im Prinzip ja, wenn etwa gewichtige Kofaktoren wegfallen. Das Rauchen aufgeben ist in jedem Fall nützlich. Abspecken scheint Übergewichtigen zu helfen, auch bei Asthma. Vor allem bei Kindern, die unter Hautallergien leiden, können die Beschwerden nach ein paar Jahren von allein verschwinden. Allerdings bekommen es viele später im Leben mit Heuschnupfen oder Asthma zu tun.
Gibt es ein Mittel, das Allergien ein für alle Mal auslöscht?
Obwohl intensiv daran geforscht wird, ist zumindest für den Routine-Einsatz (etwa zur Hemmung von IgE) noch kein Präparat oder Verfahren in Sicht.
