Verhütungsmittel "Pille" für den Mann: Britisches Paar berichtet über einjährigen Test

Ein junges Paar liegt im Bett
"Ich dachte, warum sollte ich nicht die Verantwortung übernehmen, wenn ich es kann?", sagte der 32-jährige Proband (Symbolbild)
© Christophe Gateau / Picture Alliance
Ein Paar aus Schottland testet seit einem Jahr ein neues Medikament zur Verhütung und teilt nun seine Erfahrungen. Eine echte "Pille" ist das Mittel jedoch nicht.

Es soll "die Pille für den Mann" sein. "Nesteron/Testosteron" heißt das Medikament, das die Verhütung revolutionieren soll. Die britische "Daily Mail" hat mit einem Paar gesprochen, das das Mittel seit einem Jahr testet.

Der 32-jährige Ed – der Bericht nennt den Probanden und seine Partnerin nur beim Vornamen – sei einer von mehr als 100 Männern gewesen, die Nesteron/Testosteron im Rahmen einer medizinischen Studie 18 Monate getestet haben.

Der Mann aus Edinburgh habe sich für den Test gemeldet, nachdem seine langjährige Partnerin Fiona wegen einer schmerzhaften Nebenwirkung ihrer Kupferspirale operiert werden musste. Infolge der Not-OP sei jedoch eine Sepsis aufgetreten, Fiona sei auf die Intensivstation gekommen. In den zwei Wochen, die Ed am Krankenbett seiner Freundin verbracht hat, habe er sich Gedanken zum Thema Verhütung gemacht.

Weil das Paar sein spontanes Sexleben nicht durch Kondome gefährden wollte, sei Ed ein hormonelles Langzeitmittel als logische Alternative erschienen: "Ich dachte, warum sollte ich nicht die Verantwortung übernehmen, wenn ich es kann?"

Mittel soll Spermienproduktion auf Null senken

Nesteron/Testosteron soll die erste hormonelle Verhütungsmethode für den Mann sein. Dabei wird Gestagen, ein synthetisches Hormon, das auch bei der Empfängniskontrolle für Frauen eingesetzt wird, mit künstlichem Testosteron kombiniert. Dies soll die natürliche Testosteronproduktion des Mannes aussetzen, wodurch keine Spermien mehr gebildet werden. Das Lustempfinden und die körperliche Gesundheit sollen dabei nicht beeinträchtigt werden.

Rita Maglio und Jana Pfenning
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© Better Birth Control/ Thilo Kunz
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Der bisherige Studienverlauf deute darauf hin, dass das Mittel reversibel sei. Wenige Monate nach Absetzen des Mittels soll sich die Spermienproduktion wieder normalisiert haben. Dabei ist es jedoch gar keine Pille im eigentlichen Sinn.

Duschen vor dem Sex wird zur Pflicht

Nesteron/Testosteron sei ein Gel, das sich Ed täglich auf Schultern und Brust auftragen muss. Auf sein Sexleben habe sich die neue Verhütungsmethode bisher nicht ausgewirkt. Einziger Unterschied: Ed habe vor dem Sex duschen müssen, damit seine Partnerin durch das Gel kein Testosteron aufnimmt.

Was die Nebenwirkungen anbetrifft, habe es etwas anders ausgesehen: "Ich bekomme gelegentlich Hitzewallungen und nächtliche Schweißausbrüche. Und ich habe drei bis vier Kilogramm zugenommen", sagte Ed der "Daily Mail". Auch an die gelegentlich auftretenden Stimmungsschwankungen habe sich der Brite gewöhnt.

Für ihn und seine Partnerin sei die "Pille" allerdings optimal. Laut Fiona sei es sogar das beste Verhütungsmittel, das sie je hatten. In sechs Monaten endet ihre Studienteilnahme – und damit der Zugang zur unbeschwerten Verhütung. "Es ist eine Schande, nach einem wirklich schönen Jahr, in dem ich mir keine Sorgen machen musste, wieder auf das Zweit- oder Drittbeste zurückgreifen zu müssen", so Fiona.

Warum jetzt erst?

Doch warum gibt es nicht bereits längst eine solche "Pille für den Mann"? Dr. John Reynolds-Wright, der an der Studie in Edinburgh mitgewirkt habe, erklärte gegenüber der "Daily Mail": "Versuche, ein männliches Verhütungsmittel nach dem Vorbild der Pille zu entwickeln, gab es bereits in den 1950er Jahren, aber es ist schwieriger, ein männliches Verhütungsmittel herzustellen als ein weibliches."

Für eine wirksame Dosis müsste man das Mittel sechsmal täglich verabreichen. Auch der Prozess an sich sei schwieriger: Hormonelle Verhütungsmittel verhindern bei Frauen den Eisprung – der ist jedoch nur einmal im Zyklus. Männer hingegen produzierten jeden Tag Millionen Spermien.

Laut "Daily Mail" glauben Experten, dass Nesteron/Testosteron in den nächsten fünf bis zehn Jahren auf den Markt kommen könnte.

Quelle: "Daily Mail"

yks

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