Filmstarts werden nicht oft verschoben. Der verspätete Starttermin von "Fantastic Four - The Rise of the Silver Surfer" kann nur einen Grund haben: Der Filmverleih Constantin hatte Angst, seine Superhelden-Familie gegen Michael Bays erfolgreiche "Transformers" antreten zu lassen. Mit einem Blick auf die Qualität der Filme eine weise Entscheidung.
Klingelnde Kinokassen trotz niederschmetternder Kritik
Seit Jahren dominieren Comic-Adaptionen den Filmemarkt. Pionier und Spitzenverdiener ist die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft - " Spiderman". Andere Verfilmungen nahmen ihre bunten Vorbilder nur als Anlass, um etwas völlig Neues zu erschaffen. So wurde Tim Burtons knallbunter Batman der Neunziger in "Batman Begins" zum dunklen Ritter. Beinahe als ästhetischer Gegenentwurf zu dieser düsteren Heldensaga erblickte im Jahr 2005 die bis dato erfolgreichste Comicserie aller Zeiten die Leinwand.
Regisseur Tim Story trat mit "Fantastic Four" in diesem Jahr den Beweis an, dass niederschmetternde globale Kritik nicht unbedingt mit kollektivem Misserfolg an den Kinokassen geahndet wird. Bei einer Einspielsumme von rund 330 Millionen Dollar war eine Fortsetzung der fantastischen Familiensaga kaum zu vermeiden. Mit "Fantastic Four - The Rise of the Silver Surfer" bekommt das Publikum nun eine Fortsetzung der lieblosesten Comic-Action aller Zeiten vorgesetzt.
Depressives Silver und jede Menge Blech
Diesmal treffen die Fantastischen auf den Silver Surfer. Der wiederum fungiert als Herold von Galactus, dem Verschlinger der Welten. Der Silver Surfer gilt als eines der interessantesten Geschöpfe der Marvel-Welt. Als Vorbote von Galactus, einer Furcht einflößenden und ganze Sonnensysteme verschlingenden Kreatur, sucht er nach neuen Planeten, die sich dieser einverleiben kann. Um seine eigene Welt vor diesem Schicksal zu retten, trat der Silver Surfer in Galactus Dienste und streift seither auf seinem von kosmischer Energie betriebenen Board durch die Galaxien. Von der lässigen Surfer-Attitüde hält der manisch-depressive Comic-Held allerdings nicht sehr viel.
Der Silberstürmer schickt sich an, unseren schönen Planeten dank allerlei Feuerkraft mit Kratern zu überziehen. Einen Grund dafür lässt das Drehbuch vermissen. Und was, fragt man sich, ist aus dem riesigen Menschengott Galactus geworden? In Tim Storys Comic-Abklatsch folgt dem Silver Surfer eine stumme, kosmische Staubwolke. Dieser intergalaktische Staubsauger lässt erahnen, dass die CGI-Experten nicht fähig genug oder das Budget nicht groß genug war für etwas mehr Detailtreue. Obwohl der Film in der Vorbereitung eine Ressource im Überfluss hatte: Zeit. Treue Fans der Comicreihe kennen bei solchen Patzern kein Erbarmen.
Produzent Bernd Eichinger begeisterte sich schon in jungen Jahren für die Marvel-Helden und sicherte sich bereits 1983 die Rechte an den "Fantastischen Vier". "Ich habe bereits sehr früh, mit zwölf oder dreizehn Jahren, angefangen, die Comics der 'Fantastic Four' und des 'Silver Surfer' zu lesen und sie haben mich immer fasziniert", schwärmt Bernd Eichinger. "Später, als ich dann Produzent wurde, stellte ich den ersten Kontakt zu Zeichner Stan Lee her, der in meinen Augen der 'Gott von Marvel Comics' ist. 1983 flog ich dann nach Los Angeles, mit der Idee, aus den 'Fantastic Four' und auch aus dem 'Silver Surfer' einen Film zu machen." Nur scheint es sich mit Comics nicht zu verhalten wie mit gutem Wein. Die Umsetzung korkt an alle Ecken und schmeckt trotz langer Reifezeit abgestanden.
"Mit dem Silver Surfer taucht dieses Mal eine neue Figur auf, die einer der coolsten Comic-Charaktere aller Zeiten ist", schwärmte Regisseur Tim Story zu Beginn der Dreharbeiten. "Deswegen haben wir mit größeren Stunts, mehr Action und mehr CGI-Effekten noch einen draufgesetzt." Einen draufgesetzt hat Story mit der Fortsetzung allemal. Keine Comicverfilmung der letzten Jahre lieferte bisher solch eindimensionale Charaktere, eine zähe Story, die sich nur mühsam von Szene zu Szene hangelt und ein Potpourri an gewolltem Humor. Eichingers Silver Surfer debütiert als chromverzierter Außenseiter mit gefühlten zehn Zeilen Text.
Ein Feuerwerk an dummen Sprüchen
Nichtsdestotrotz scheint Regisseur Tim Story dieses Mal an sein weibliches Publikum gedacht zu haben, sodass ein Großteil der ersten sechzig Minuten von Reed "Mr. Fantastic" Richards' (Ioan Gruffudd) und Sue "Invisible Girl" Storms (Jessica Alba) Hochzeitsvorbereitungen überschattet wird. Begleitet wird das Traumpaar von einer Depression, die vor allem unter Superhelden um sich zu greifen scheint: Wie dunkel sind die Schattenseiten des Ruhmes? Warum nicht aufs Land ziehen, unterrichten und kleinen Superhelden beim Aufwachsen zusehen?
Da sind selbst Ben "Das Ding" Grimm (Michael Chiklis) und Johnny „Die menschliche Fackel“ Storm (Chris Evans) dazu bereit, ihre ständigen Reibereien zumindest kurzzeitig auf Eis zu legen. Ansonsten lässt das ungleiche Duo keine Gelegenheit aus, um die Pubertät aufleben zu lassen.
Und obwohl "Das Ding" seit der zu langen Garzeit in der Strahlenwolke felsig und plump daherkommt, sorgt Jessica Alba mit androidblauen Augen und einer pantomimischen An-Aus-Mimik für neue Tiefpunkte. So war die Entscheidung, Chris Evans nach seinem Erfolg mit "Sunshine" die Hauptrolle zu geben, durchaus klug. Doch spätestens nach der einzig sehenswerten Stelle in diesem 90-Minüter, der Hetzjagd auf den Silver Surfer quer durch das New Yorker Tunnelsystem, lässt der Heißsporn dumme Sprüche regnen. Bedauerlicherweise kennt das Publikum die spannendste Szene schon aus dem Trailer.
Übertriebene Elefant-im-Porzellanladen-Komik
Respekt gebührt - trotz jeder Menge Styropor und Latex - Michael Chiklis in der Rolle des Mensch gewordenen Fels. Während sein Team aus einem Glamour-Pärchen à la Brad und Angelina und einem draufgängerischen Frauenheld besteht, wurde er zum entstellten Monster. Neben übertriebener Elefant-im-Porzellanladen-Komik bringt "Das Ding" ein wenig Tiefe in den Plot. Leider haben die Maskenbildner versagt: Pjörnrachzarck, der Felsenbeißer aus Wolfgang Petersens "Die unendliche Geschichte" ist dem "Ding" in Sachen Felsoptik um Äonen voraus. Man befürchtet, die orangenen Pappplatten könnten jederzeit abbrechen. So ist der Film vor allem eines: Kurz, aber langweilig.