Harrison Ford im stern.de-Interview Mit dem Hubschrauber zur Arbeit

Nun schwingt er wieder die Peitsche: Nach 18 Jahren Pause lassen George Lucas und Steven Spielberg den abenteuerlustigen Archäologieprofessor Indiana Jones zum vierten Mal die Welt retten. stern.de sprach mit Harrison Ford über seine Leidenschaft fürs Fliegen, und wie er Shia LaBoeuf damit einen Schrecken einjagte.

Nach beinahe 20 Jahren lassen Sie den Helden Indiana Jones wieder aufleben. Warum haben Sie soviel Zeit verstreichen lassen? Die jungen Zuschauer von heute wissen doch kaum noch, wer das ist.

Bis sich George Lucas, Stephen Spielberg und ich zusammengerauft haben, das braucht seine Zeit! George ist sehr stur was seine Ideen betrifft, und das ist auch gut so, weil wir durch die Auseinandersetzungen ein besseres Drehbuch bekommen haben - und das hat eben viele Jahre gedauert. Ausserdem war jeder von uns mit anderen Projekten beschäftigt. Die Indy-Serie, das sind einfach gute Filme für die ganze Familie, und die sind extrem erfolgreich auf DVD und Video. Was junge Zuschauer betrifft, habe ich also überhaupt keine Bedenken. Ich freue mich, dass ich wieder da bin!

Es ist bekannt, dass Sie in den ersten drei Folgen Ihre Stunts alle selbst ausgeführt haben. Mittlerweile sind Sie 65. Wie haben Sie sich auf diese Dreharbeiten vorbereitet?

Ich bin immer noch fit und leistungsfähig. Deswegen waren die Dreharbeiten das reinste Vergnügen für mich. 80 Drehtage - und ich hatte nur einen davon drehfrei.

Gab es neue Herausforderungen für Sie?

Wissen Sie was? Ich brauche keine neuen Herausforderungen. Die alten reichen mir schon. Es geht doch immer um das Gleiche: Professionelle Arbeit abliefern und immer sein Bestes geben, unter den jeweils gegebenen Umständen. Sie könnten natürlich fragen: Harrison, warum haben Sie noch nie Shakespeare gespielt? Dann würde ich antworten: Diese Ehrgeiz habe ich nicht. Mein Ehrgeiz ist es, ein gutes Leben zu leben. Ich habe eine wunderbare Familie, lebe mein Leben, leiste gute Arbeit und arbeite mit großartigen Menschen zusammen.

Gab es mal den einen oder anderen Moment wo Sie zu George Lucas oder Steven Spielberg sagten: Jetzt reichts, das wird mir jetzt zuviel.

Warum sollte ich? Mir macht das doch Spaß: laufen, springen, hinfallen, mich auf dem Boden mit verschwitzten Männern rumwälzen. Sonst müßte ich ja schauspielern (lacht). Wir wollten die Geschichte auf die altmodische Art und Weise erzählen, so wie in den Actionfilmen früher.

Stimmt es, dass Ihnen das ursprüngliche Indiana-Jones-Kostüm nach all den Jahren immer noch wie angegossen passt?

Ja, es passt mir immer noch. Mir ist es wichtig fit zu bleiben. Heute morgen habe ich eine Stunde mit einem Profi Tennis gespielt, und wir haben uns gegenseitig über den Tennisplatz gejagt. Anschliessend war ich 40 Minuten im Fitnessstudio. Während der Dreharbeiten habe ich jeden Tag getrieben, um etwaige Verletzungen zu vermeiden. Ich bin zwar immer noch nicht zu alt - aber zu alt um mich zu verletzen.

Was ist das Geheimnis hinter Ihrem jugendlichen Aussehen, Ihrer Lebensfreude und Ihrem Elan?

Ich habe das genetische Glück, dass beide meiner Eltern ein langes und gesundes Leben führten. Ausserdem war ich ein Spätzünder, vielleicht hat es auch damit was zu tun. Und ich glaube, die Tatsache, dass ich mit einem Siebenjährigen zusammenlebe, spielt auch eine Rolle. Es ist aufregend, mitzuerleben, wie ein Kind Tag für Tag dazulernt und sich entwickelt. Das hält mich jung.

Sie haben auch ein 17- und ein 21-jähriges Kind...

Und noch zwei, die sind 39 und 41 Jahre alt... Und allen versuche ich immer noch beizubringen, dass sie ihre Betten gefälligst selbst machen sollen (lacht).

Sie sprühen vor Humor und wirken unheimlich gut gelaunt. Wo stehen Sie heute in Ihrem Leben?

Im Vergleich zu gestern? Mein Leben gefällt mir. Mir macht sowohl der Job Spaß wie auch mein Hobby, die Fliegerei, und ich versuche dabei, mich immer wieder herausfordern zu lassen und dazuzulernen.

Und Ihr Privatleben?

Da läuft auch alles bestens. Mehr sage ich dazu nicht, sonst hätte ich kein Privatleben mehr. Life is good. Ich kann mich nicht beklagen. Und wenn, würde eh niemand zuhören.

Sie sagten, Sie hätten nichts gemeinsam mit Indiana Jones, obwohl Sie wie er gerne fliegen.

Erinnern Sie sich, was Indy übers Fliegen sagt, als ihn Sean Connery fragt ob er das kann? Er sagt: fliegen ja, landen nein. (lacht)

Wieviele Flugzeuge besitzen Sie?

Mehr als genug. Fliegen ist meine Lieblingsbeschäftigung, wenn ich nicht arbeite. Ich liebe die Kombination aus Freiheit und der Verantwortung, die ich dabei für mich und meine Passagiere trage.

Wo fliegen Sie gerne hin?

Wo immer ich hin muss. Bei 95 Prozent meiner Reisen sitze ich selbst hinterm Steuer. Eigentlich will ich nirgendwohin, wenn ich nicht selbst fliegen kann. Manchmal genieße ich es einfach, in der Luft zu sein ohne Ziel.

Der neue Indiana Jones spielt im Jahr 1957 - und bringt neue Feindbilder…

Ja, das ist eine wunderbare Gelegenheit von den Nazis wegzukommen und uns auf andere Bösewichte zu konzentrieren. Cate Blanchett als unser neuer Bösewicht namens Irina Spalko ist grossartig. Sie ist absolut wunderbar. Wir können uns sehr, sehr glücklich schaetzen, dass sie mitgemacht hat. Ich bin Cate zum ersten Mal bei den Dreharbeiten begegnet, da trug sie ihr Kostüm und diese schwarze Perücke. Ich war ihr vorher noch nie begegnet und es gab keine Zeit zum Plaudern. Zwei Wochen später sah ich eine Blondine herumstehen und ich fragte: Who is that blonde chick? - Das ist Cate Blanchett, du Trottel! Sie war so überzeugend in ihrer Rolle, dass ich sie im ersten Moment gar nicht erkannt habe.

Wie war Ihre erste Begegnung mit Shia LeBeouf, dem jungen Marlon-Brando-Typen in der schwarzen Lederjacke?

Den kannte ich vorher auch nicht. Zum erstenmal habe ich ihn auf einem kleinen Flughafen getroffen, den wir für die Stunt-Proben gemietet hatten, ungefähr zwei Stunden nördlich von Los Angeles. Weswegen ich beschloss, mit dem Hubschrauber anzureisen. Shia redet heute noch davon - als hätte ich nach der Landung die Peitsche vom Rücksitz geholt... Als kleiner Junge hatte er mit seinem Vater die Indy-Filme auf DVD gesehen. Shia hatte Angst dass ich vielleicht nicht freundlich, nett oder hilfsbereit oder was-weiß-ich sein könnte. Die Nummer mit dem Hubschrauber sah vielleicht so aus, als ob mir ein großer Auftritt wichtig war, aber so war das gar nicht gemeint. Es war nur an diesem Tag die einfachste Art und Weise, zur Arbeit anzutreten.

Interview: Frances Schönberger

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