Kinostart "Das Labyrinth der Wörter" Depardieu, die Pest und die alte Dame

In der warmherzigen Romanverfilmung "Das Labyrinth der Wörter" brilliert Gérard Depardieu als ein einfacher Gelegenheitsarbeiter, dem sich durch die Literatur eine neue Welt eröffnet.
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"Das Labyrinth der Wörter"

Gérard Depardieu gilt als das Schwergewicht des französischen Kinos. In mehr als 100 Filmen hat er überzeugend historische Charaktere wie Danton verkörpert und ist mit Leichtigkeit in komische Rollen wie Obelix geschlüpft. Dem hünenhaften Superstar gelingt mühelos der Spagat zwischen komischen und tragischen, derben und feinsinnigen Charakteren. In seinem aktuellen Werk "Das Labyrinth der Wörter" brilliert der preisgekrönte Schauspieler als ein gutmütiger Gelegenheitsarbeiter, der bisher nahezu als Analphabet durch das Leben gegangen ist. Durch die Begegnung mit einer belesenen alten Dame (Gisèle Casadesus) entdeckt er die Magie der Bücher.

Es sind die kleinen Details in den Lebens- und Gefühlswelten der Menschen, auf die sich der französische Regisseur und Autor Jean Becker ("Elisa", "Dialog mit meinem Gärtner") gerne in seinen Filmen konzentriert. Die Vorlage zu "Das Labyrinth der Wörter" lieferte ihm die französische Autorin Marie-Sabine Roger mit ihrem Roman "La tête en friche". An diesem Stoff zeigte auch Depardieu schnell Interesse, dem Becker die Hauptrolle förmlich auf den Leib geschrieben hat. Die ideale Filmpartnerin für ihn fand er in der über-90-jährigen Charakterdarstellerin Casadesus.

Das ungleiche Gespann, zwischen dem vierzig Jahre und wohl über hundert Kilo liegen, lernt sich zufällig auf einer Bank im Park kennen. Der freundliche, etwas ungehobelte Kerl kommt dort beiläufig mit einer zerbrechlich wirkenden Seniorin ins Gespräch, die ihm mit einer ungewöhnlichen Höflichkeit und gewählten Ausdrucksweise begegnet. Als sie ihm eine Passage aus Albert Camus "Die Pest" vorliest, ist sie überrascht, wie konzentriert er ihr dabei zuhört. Bei ihren nachmittäglichen Begegnungen taucht der behäbige Mittfünfziger immer tiefer in "Das Labyrinth der Wörter" ein.

In diesem einfühlsamen Feel-Good-Movie zieht Becker den Zuschauer mit seinen feinen Zwischentönen unvermittelt in den Bann. Schicht für Schicht entfaltet der Regisseur die ganze Bandbreite menschlicher Emotionen und Enttäuschungen, Ängste und Hoffnungen, die das Denken und Handeln seiner Protagonisten prägen und verändern. Diese zarte, schnörkellos erzählte Geschichte einer wachsenden Annäherung und Freundschaft entlässt den Kinogänger mit einem optimistischen Gefühl und der Zuversicht, dass es für einen Neuanfang nie zu spät ist.

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Birgit Heidsiek, DPA

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