Eigentlich war Jackson Pollock nichts als ein erbärmlicher Säufer und Jammerlappen. Wenn die schöne Malerin Lee Krasner nicht einen Narren an ihm gefressen hätte, wäre er schon in jungen Jahren mit der Schnapsflasche in der Hand ins Grab gesunken, und kein Hahn hätte nach ihm gekräht.
Aber Lee fand seine expressiven Gemälde toll und glaubte an ihn. Immer wieder schleppte sie Sammler und Galeristen in sein armseliges Atelier. Bis die exzentrische Sammlerin Peggy Guggenheim anbiss und Pollock zu ihrem Lieblingskünstler erklärte. Da hatte er es geschafft. Wurde zum Darling der amerikanischen Kunstwelt, erfand einen eigenen Malstil, den »abstrakten Expressionismus«. Pinselte für Peggys Wohnzimmer ein viel bewundertes, sechs Meter langes Gemälde. Und konnte es sich danach sogar leisten, »Scheiß auf Picasso« zu grölen und in Peggys Kamin zu pinkeln. Die Gastgeberin lachte nur.
Zehn Jahre lang beschäftigte der Regisseur und Schauspieler Ed Harris sich mit der Figur Jackson Pollock. Er richtete sich ein Atelier ein, imitierte die Art, wie der Künstler die Leinwand auf den Boden legte und Farbe drauftropfen ließ, bis die berühmten Drip Paintings entstanden. Tanzte um das Bild herum, ließ Schlieren und Rinnsale laufen, als ob seine Seele sich auf die Leinwand ergießen würde. Kurz: Er übte, Jackson Pollock zu sein - ein zerrissener Mensch voller Selbstzweifel und ein genialer Künstler, dessen Bilder heute Millionen erzielen. Erst dann wagte er sich an die Rolle.
Und wer die alten Fotos und Filme des Malers kennt, wird in dem neuen Film von und mit Ed Harris immer wieder verwirrt sein: So ähnlich sieht er Jackson Pollock, so perfekt hat er seinen Gang, seine Mimik und vor allem seine Art zu malen einstudiert, dass man ihn fürs Original halten könnte. Marcia Gay Harden spielt Lee Krasner (und bekam im vergangenen Jahr hochverdient den Oscar), Harris' Ehefrau Amy Madigan die überspannte Peggy Guggenheim. Ein aufregender Film über einen komplizierten, leidenschaftlichen Mann, der sich, wie es einmal heißt, »wie ein eingesperrtes Tier« benimmt - und von dem alle ahnen, dass es ein böses Ende mit ihm nehmen wird.
Am 11. August 1956 war es so weit: Pollock, gerade 44 Jahre alt, raste betrunken mit seinem Auto gegen einen Baum. Eine junge Frau nahm er mit in den Tod, ihre Freundin überlebte schwer verletzt.
Anja Lösel