Der Parkplatz vor dem Stadion von Morumbi gleicht einem Campingplatz. Die Stadtverwaltung von São Paulo hat vergeblich versucht, die hartgesottenen Fans der Popdiva Madonna samt ihrer Zelte zu vertreiben. Keine Chance. Täglich wurden es mehr. "Ich bin schon seit acht Tagen hier", erzählt Marcus Vinicius de Campo. "Wir haben Regen und Hitze überstanden. Jetzt bleiben wir hier." Der 25-jährige Cléber Garcia pflichtet ihm bei und droht mit einem Hungerstreik, sollte die Stadtverwaltung die Fans zum Rückzug zwingen. Der Werbekaufmann ist zum Anführer der Fan-Community von Morumbi aufgestiegen. In seinen Händen hält er das Heiligtum: Eine inzwischen zehn Seiten umfassende Liste mit den Namen von rund 300 Fans. "Ich habe die Nummer 34", freut sich Marcus. Je nach Listenplatz stellen sich die Fans einen Tag vor Beginn der lang ersehnten Show vor den Toren des Stadions auf und sichern sich somit die besten Plätze. "Es ist alles organisiert und keiner hat einen Nachteil", sagt der 23-jährige Marcus. Madonna wird ihre Welttournee "Sticky & Sweet" am 21. Dezember in der 18-Millionen-Metropole beenden. Insgesamt fünf Shows gibt die Pop-Queen in Brasilien, drei davon in Rio de Janeiro.
Feiertage für die Tourismusindustrie
Die Konzerte von Madonna sind das Pop-Ereignis des Jahres in São Paulo. Besonders die Tourismusindustrie freut sich. Von den 195.000 Besuchern der drei Shows seien 20 Prozent aus anderen Städten angereist, erklärt die Tourismusagentur der Stadtverwaltung. Und diese würden für Übernachtung, Essen und Transport rund 23 Millionen Reais (rund 7,6 Millionen Euro) ausgeben. Die Stadtkämmerer freuen sich zudem über 871.000 Reais an Steuereinnahmen aus dem Kartenverkauf. Vor allem die Luxus-Hotels von São Paulo sind ausgebucht. Bis zuletzt hatte das Management der Pop-Diva offen gelassen, wo Madonna mit ihren drei Kindern zu übernachten wünscht. Die Hoffnung, dem Superstar im Aufzug, auf dem Hotelflur oder am Frühstücksbuffet zu begegnen, hat die Buchungszahlen hochschnellen lassen. Die Chancen dafür sind aber gleich null. In Rio de Janeiro hat sich der Popstar den jubelnden Fans nur einmal am Fenster gezeigt und sich ansonsten in der abgeschotteten Suite und dem eigens eingerichteten Fitnessstudio aufgehalten. Selbst ein durch ihr Management angekündigter Besuch auf dem Wahrzeichen der Stadt, dem Zuckerhut, fiel aus.
Alles ganz koscher
Brasilianische Medien beobachten jeden Schritt, jede Geste der Sängerin und berichten darüber ausführlich. Weil sich jedoch alle 220 Mitglieder der Equipe von Madonna und die rund 400 lokalen Mitarbeiter vertraglich zur Verschwiegenheit verpflichten mussten, brodelt es in der Gerüchteküche. So machte sich Enttäuschung breit, als bekannt wurde, dass Madonna so offensichtlich gar nichts von der brasilianischen Küche hält. Die Diva verschmähe das Leibgericht Feijoada (Reis mit schwarzen Bohnen), berichteten Reporter. Stattdessen setze der Superstar auf koschere Kost und habe eigens dafür einen Koch aus den Vereinigten Staaten mitgebracht. Dafür, auch das wurde berichtet, wolle die Sängerin das brasilianische Nationalgetränk Cachaça probieren und habe es sich in ihre Garderobe bringen lassen. Desweiteren seien Tee, Kognak, Kaugummis, tropische Früchte, Portwein und Gurkenscheiben gewünscht worden. Angeblich dürfen auch nur 13 Personen, alle Mitglieder ihrer eigenen Mannschaft, das Wort an die Pop-Diva richten, wie eine Zeitungskolumnistin zu berichten weiß.
Produkt Madonna boomt
Internationale Showgrößen machen nur selten in Brasilien Station. 2006 war die irische Band U2, 1993 Michael Jackson und die Rolling Stones auf Tournee in Südamerika. Madonna gab hier ihr letztes Konzert vor 15 Jahren. Umso besser kann man verstehen, wie das Madonna-Fieber ein ganzes Land erfasst. In Restaurants und Kaufhäusern bekamen die Angestellten die Order, die Musik der Pop-Queen zu spielen. Kosmetikstudios bieten Schminkkurse an, um wie der amerikanische Superstar auszusehen. Fans lassen sich die Fingernägel schwarz lackieren wie ihr großes Vorbild. Das Geschäft mit dem Produkt Madonna boomt und möglichst viele wollen daran teilhaben. So gibt es zwar einen offiziellen Lizenzhändler für die Merchandising-Produkte des Superstars, das aber hält die vielen ambulanten Händler nicht davon ab, selbst entworfene Madonna-T-Shirts, Poster oder Sticker feilzubieten. Ein findiger Händler ist sogar mit blonden Perücken unterwegs, damit die Fans ihrem Star noch ähnlicher sehen können.
Don't cry for me Argentina
Eine besondere Liebe scheint Madonna mit Buenos Aires zu verbinden. Vor zwölf Jahren sang sie sich als Evita Perón in die Herzen der Argentinier. Jetzt kam die Pop-Queen zurück. Immer wieder forderten die Fans bei den Konzerten am Rio de la Plata die Hymne "Don't cry for me Argentina". Viele hatten dabei Tränen in den Augen. Auch Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner empfing die Pop-Königin. Auf dem Weg ins Büro der Staatschefin traf Madonna mit der ehemaligen FARC-Geisel, Ingrid Betancourt, zusammen. Die Begegnung mit der früheren kolumbianischen Präsidentschaftskandidatin, die sechs Jahre Gefangene der Rebellen war, fiel sehr emotional aus. Es hieß, das kurze Treffen sei ein besonderer Wunsch der Musikerin gewesen.