Beim Jahrhunderte dauernden Orgelkonzert von John Cage in Halberstadt ist am Samstag der 13. Klangwechsel vollzogen worden. In der Burchardikirche sind die beiden Basstöne c' (sprich: eingestrichen) und des' mit den drei neuen Orgelpfeifen dis', ais' und e'' (sprich: zweigestrichen) zu einem Fünfklang verschmolzen. Nach Veranstalterangaben waren Hunderte Besucher aus dem In- und Ausland dabei.
Schon seit zwölf Jahren erklingt das Werk "ORGAN2/ASLSP" in der unsanierten Kirche, die auch schon als Schweinestall diente. Das Projekt, das weltweit Aufsehen erregt, steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. Geplantes Ende der Aufführung: das Jahr 2640. Das heißt, niemand erlebt die Aufführung im Ganzen - anders als 1987 bei der Uraufführung, die eine knappe halbe Stunde dauerte und natürlich von einem Menschen gespielt wurde.
In der kleinen Stadt am östlichen Rand des Harzes nimmt man es genau mit Cage. "0,2 Sekunden der Uraufführung entsprechen bei uns einem Monat", erläutert Rainer O. Neugebauer von der John-Cage-Orgel-Stiftung Halberstadt. Der Sozialwissenschaftler hat Cages Partitur penibel umgerechnet. Da 1361 in Halberstadt die erste Großorgel der Welt fertiggestellt wurde - bis zum Jahr 2000 waren es 639 Jahre - sollte genau dies die Dauer des Cage-Stückes sein.
"Natürlich ist das vollkommen gaga"
Die Aufführung in Halberstadt begann am 5. September 2001 zunächst mit einer Pause, die ersten drei Pfeifentöne waren am 5. Februar 2003 zu hören. Seitdem gab es durchschnittlich einen Klangwechsel pro Jahr. "Natürlich ist das vollkommen gaga", sagt Neugebauer. Über das Projekt in Halberstadt hätten allerdings auch schon "The New York Times" und "The Wall Street Journal" berichtet.
Der aktuelle Klang hat für Neugebauer etwas von Maschinenraum und Hamburger Hafen. Die Basstöne c' und des' wirken unterschiedlich - es genügt ein Schritt im Raum. "Das sind die bislang interessantesten Töne", meint Neugebauer.
Doch jetzt steht erst einmal eine Ruhephase bevor: Bis 2020 wird sich an dem Klang in der Burchardikirche nichts ändern. Stillstand? Nein, sagt Neugebauer, jedes Jahr soll es Feste, einen Kompositionswettbewerb, Symposien oder andere Veranstaltungen geben. "Wir sind froh, dass etwas Ruhe einkehrt."