Patrice-Konzert in Hamburg Kopf aus, Seele an

Von Julia Stanek
Wenn Jamaika-Riddims auf Afro-Beats treffen, geht es richtig rund. Präsentiert von stern.de tourt Popsänger Patrice mit seinem neuen Album durch Deutschland. Beim Hamburger Konzert machte er sein Publikum mit afrikanischen Beats, Folk und melodischem Gitarrensound glücklich.

Es hatte etwas Ursprüngliches, wie Patrice bei seinem Konzert in Hamburg zunächst alleine die Bühne betrat. Ausgestattet lediglich mit einer Akustikgitarre und dieser unverkennbaren, hellen Stimme startete der 28-Jährige sanft in den Abend und stellte mit dem Lied "Is It Me" eines der zartesten Stücke seines neuen Albums "Free-Patri-Ation" vor. Ein extrem gefühlvoller Auftakt, bei dem man Patrice bis in die Seele gucken konnte.

Doch an ruhigen Einlagen im Singer-Songwriter-Stil sollte es das fürs Erste auch gewesen sein. Es folgte ein mehr als zweistündiger Auftritt voller Energie, der beim Publikum für beste Stimmung sorgte, ein musikalischer Hochgenuss, an dem nicht zuletzt die Tourband einen großen Anteil hatte. Mit vor Stolz geschwellter Brust holte Patrice nach seinen ersten beiden Soli die vier Bandmitglieder auf die Bühne, die den tosenden Applaus und die späteren Rufe nach Zugaben mindestens genauso verdient hatten wie der Sänger selbst.

Seit dem großen Erfolg des Albums "Nile" vor drei Jahren hat sich bei Patrice viel verändert - der aus Kerpen bei Köln stammende Musiker ist nicht nur Vater geworden, auch musikalisch hat er sich ein ganzes Stück weiterentwickelt. Vorbei sind die Zeiten, in denen er mit flauschiger Wollmütze auf der Bühne stand und vornehmlich Reggae-Rhythmen mit Hip-Hop- und Soul-Elementen kombinierte.

Neue Platte, neuer Sound

Auch wenn musikalische Stilmixe von Anfang an seine Stärke gewesen sind: Erst mit "Free-Patri-Ation" ist Patrice endgültig der Sprung über alle Genre-Grenzen gelungen. Jamaikanische Klänge finden sich zwar noch immer in Patrices Musik, zum Beispiel wenn er den Song "Another one" performt oder das Publikum mit dem fröhlichen "Appreci-luv" in Tanzlaune versetzt.

Doch dann präsentiert der Sänger im ausverkauften Hamburger Club Grünspan ein paar Sounds, die den rund 800 Fans neu gewesen sein dürften. Neu vor allem wegen der afrikanischen Elemente, die in Liedern wie "He don't answer" zusammen mit satten Grooves erklingen. In "Clouds", der ersten Single-Auskopplung aus "Free-Patri-Ation", sind die afrikanischen Gitarrenriffs subtiler, es dominiert die eingängige Melodie, die vom E-Piano begleitet wird.

"Soulstorm" im Grünspan

Bei seinem Live-Auftritt zeigt Patrice, was für ein vielseitiger Künstler in ihm steckt und wie wohl er sich bei seiner Fusion aus Afro-Rhythmen, Roots-Reggae, groovendem Pop und Hip-Hop fühlt. Auch dem Publikum scheinen die Songs vom neuen Album zu gefallen. Höhepunkte des Konzerts sind dennoch die Momente, in denen Patrice einen "Soulstorm" durch das Grünspan fegen lässt oder alte Songs vom Album "How Do You Call It?" zum Besten gibt, wie unter anderem "Up In My Room" und "Sunshine". Mit "Murderer", einem Reggae-Song von seinem ersten Album "Ancient Spirit", geht er sogar zurück bis ins Jahr 2000 - eine Nummer, für die sich das Publikum mit großem Applaus bedankt.

Patrice auf der Bühne zuzusehen, ist eine wahre Freude. Ob es die Harmonie ist, die zwischen den Bandmitgliedern herrscht, oder der Kontakt, den der charmante Musiker zu seinem Publikum herstellt - bei all dem strahlt er eine enorme Gelassenheit aus, die sich auch in der Musik niederschlägt. Dabei drehen sich die Texte nicht nur um die banalen Dinge des Lebens oder um Liebe und Lifestyle, sondern auch schon mal um Kritik am Irak-Krieg und an der Politik des US-Präsidenten George W Bush.

"Friedenstaube" gegen Bush

Wie wichtig ihm das ist, wird deutlich, wenn er seinem Publikum erklärt, worüber er spricht. Mitten in dem vorwurfsvollen Anti-Kriegslied "Dove of Peace" ("Friedenstaube") fordert er seine Fans auf, mal genau zuzuhören, was da durch die Lautsprecher schallt. Zweimal wiederholt er deutlich die Strophe, in der es heißt "Excuse me, Sir, you have a license for that war. / Raising sodom and gomorrah but what about tomorrow? / Hey Mr. President you never presented evidence / when it is fully evident that your habit needs betterment" (Entschuldigen Sie Sir, haben Sie eine Erlaubnis für diesen Krieg / Sodom und Gomorrah herstellen aber was ist mit morgen? / Hey Mr. President, sie haben nie Beweise vorgelegt / Wenn es völlig beweisbar ist, dass ihr Verhalten Besserung bedarf)

Nach eineinhalb Stunden Songs vom neuen Album und ein paar Ausflügen in die guten alten Zeiten waren weder die Fans noch die Musiker müde. Es folgte eine großartige Zugabe, in der Patrice unter anderem zum ersten Mal live den großartigen Song "Justified" sang. Und nachdem sich die Künstler bereits vom laut klatschenden Publikum verabschiedet hatten und die Bühnentechniker schon lange dabei waren, die Instrumente davonzutragen, konnte die Band den Fans nicht widerstehen und kam für eine weitere fulminante Zugabe auf die Bühne.

Trotz all der musikalischen Einflüsse, die Patrice neben den gewohnten Reggae-Riddims in seiner Musik vereint: Was vor allem von diesem Konzert hängen geblieben ist, sind die Zeilen Bob Marleys, die irgendwo in den Zugaben - natürlich - ihren Platz fanden: "Everything's gonna be alright."

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