"Polizei" "Was für eine fragile Generation"

  • von Eric Leimann
Der durchaus besondere ARD-Mittwochsfilm "Polizei" erzählt aus dem Leben des 20-jährigen Anton (Levy Rico Arcos): Als er eine Anklage wegen "schweren Landfriedensbruchs" und "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte" bekommt, die er sich bei einer Demo mit Filmriss vor zwei Jahren einhandelte, gerät sein Leben aus den Fugen.
Der durchaus besondere ARD-Mittwochsfilm "Polizei" erzählt aus dem Leben des 20-jährigen Anton (Levy Rico Arcos): Als er eine Anklage wegen "schweren Landfriedensbruchs" und "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte" bekommt, die er sich bei einer Demo mit Filmriss vor zwei Jahren einhandelte, gerät sein Leben aus den Fugen.
© NDR/Julia Terjung
Katja (Petra Schmidt-Schaller) und ihr Sohn Anton (Levy Rico Arcos) hatten es zuletzt nicht leicht miteinander. Als Anton im ARD-Filmdrama "Polizei" eine unerwartete Anklage wegen gewalttätigen Fehlverhaltens bei einer Demo erhält, scheint das Leben des 20-Jährigen auseinanderzubrechen.

Es ist nicht leicht zu sagen, welchem Genre der ARD-Mittwochsfilm "Polizei" angehört, denn er ist alles andere als gewöhnlich. Und das nicht nur, weil er von mehrfach preisgekrönten Kreativen gemacht wurde. Im Mittelpunkt steht der 20-jährige Anton (Levy Rico Arcos, "Sonne und Beton"). Das Abi hat der junge Berliner kurz vor den Prüfungen geschmissen. Vor zwei Jahren haben sich seine Eltern (Petra Schmidt-Schaller, Alexander Hörbe) getrennt. Der damals 18-Jährige zog daraufhin in eine Gartenlaube, lernte Freundin Rosa (Jamilah Bagdach) kennen und begann eine Lehre als Koch beim strengen, aber verständnisvollen Otto (Michael A. Grimm). Plötzlich gerät Antons einigermaßen stabiles neues Leben aus den Fugen. Er erhält eine Anklage wegen "schweren Landfriedensbruchs" und "Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte". Die handelte er sich bei einer Demo vor zwei Jahren ein, rund um eine 1. Mai-Veranstaltung mit Randale.

Anton kann sich an jenen Tag nicht erinnern. Er hatte getrunken und sich einen Filmriss eingehandelt. Flaschen soll er auf Beamte geworfen und auch zugeschlagen haben. Etliche Stunden befand er sich in Haft. Seiner Mutter Katja bringt Anton zur jungen Anwältin Sabine Langweg (Luise Helm), die nur Jugendliche verteidigt – weil diese ihr leidtun: "In meinem Job hat man manchmal den Eindruck, dass sich das ganze Land gegen seine Jugend verschworen hat", sagt die mädchenhaft wirkende Anwältin. "Polizei", ein Filmdrama der renommierten Drehbuchautorin Laila Stieler schwankt zwischen Coming of Age-Erzählung, Systemanklage und Generationenporträt. Der Erzählton ist mithin melancholisch, aber keineswegs hoffnungslos. Ein interessanter Film über die deutsche Jugend im Jahr 2025.

Ein Drama, das angenehm undramatisch ist

Drehbuchautorin Laila Stieler wurde vor 25 Jahren mit einem Film bekannt, der einen fast identischen Titel trug: In "Die Polizistin" spielte Gabriela Maria Schmeide eine junge Polizeibeamtin, die von ihrem belastenden Job und einem nicht allzu freudvollen Privatleben aufgefressen wird. "Die Polizistin" (Regie: Andreas Dresen) wurde unter anderem mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet. Mit Andreas Dresen hat Laila Stieler danach immer wieder viel beachtete und preisgekrönte Filme gemacht. Zum Beispiel "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush", das Musikerporträt "Gundermann" oder zuletzt "In Liebe, Eure Hilde". Bei ihrem neuen Fernsehfilm "Polizei" führt jedoch Buket Alakus ("Einmal Hans mit scharfer Soße") Regie.

Vordergründig geht es darum, dass Anton seine Erinnerung wiederfindet, indem er mit alten Freunden abhängt, Ex-Freundinnen trifft oder zu jenem Arrest-Gebäude zurückkehrt, in dem er an jenem unseligen Abend festgesetzt wurde. Über die linke Aktivistin Merle (Antonia Breidenbach) lernt Anton die Methoden von Polizei und Staatsapparat kennen. Sie dienen dazu, Polizisten im "Demobetrieb" zu schützen, auch wenn dabei nicht immer nach streng rechtsstaatlichen Methoden vorgegangen wird. An dieser Stelle dürfte der Film durchaus für Kontroversen sorgen.

Ebenso sehr wie ein Gesellschafts- und Politthriller ist "Polizei" auch ein Porträt der heutigen jungen Generation. Petra Schmidt-Schaller, die eine als "Coach" arbeitende Mutter mit Yoga-Fimmel spielt, sagt an einer Stelle genervt zu ihrem Sohn: "Was für eine fragile Generation" – und meint dies durchaus spöttisch. Doch auch Mutter Katja wird in diesem Film dazulernen und sich weiterentwickeln, wie so einige Charaktere in diesem angenehm unprätentiösen Film. "Polizei" ist ein sehenswertes Drama, das angenehm undramatisch und dafür tatsächlich lebensecht rüberkommt.

Polizei – Mi. 26.11. – ARD: 20.15 Uhr

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