Manchmal, wenn sich Menschen nicht mehr so gut verstehen, gehen sie trotz aller früheren Schwüre auseinander und reden dann kein Wort mehr miteinander. Manchmal gehen Menschen aber auch auseinander, obwohl sie sich eigentlich blendend verstehen, und finden nachher wieder zusammen. Bei Anke Engelke und Christoph Maria ist es so ähnlich. Jedenfalls was das Berufliche betrifft.
Zwei Jahre lang spielten die beiden gemeinsam in Engelkes Sketchreihe "Ladykracher", sie als Chefin, er als Nebendarsteller. Und weil Herbst darin so fantastisch war, ließ ihn ProSieben vor drei Jahren erstmals als Büroekel Bernd Stromberg auf die Zuschauer los. Herbst scherzt seitdem, das sei die Rolle seines Lebens, und er hat Recht damit. Keine andere deutscher Serie hat so viele Fans trotz so geringer Quoten. Das ist ein Phänomen. Engelke hingegen musste 2004 die Niederlage mit "Anke Late Night" einstecken und hielt sich danach auffällig mit Auftritten zurück.
Engelke hat die Nase vorn
Jetzt feiert Sat.1 Wiedervereinigung - na ja, fast: Am Freitagabend treten Engelke und Herbst erstmals mit ihren eigenen Comedys nacheinander an. Nur sind diesmal die Rollen vertauscht: Herbst legt um viertel nach neun mit seiner neuen Serie "Hilfe Hochzeit - Die schlimmste Woche meines Lebens" vor, Engelke folgt im Anschluss mit neuen Episoden des "Ladykracher"-Nachfolgers "Ladyland".
Und wenn man vorher kurz bilanzieren müsste, ließe sich mühelos behaupten: Im direkten Vergleich hat Engelke die Nase vorn.
Das liegt weniger an Herbst als an "Hilfe Hochzeit!", einer von der BBC übernommenen Comedyserie, in der ein tollpatschiger Bräutigam wenige Tage vor der Eheschließung das große Chaos ereilt: Der Ehering, ein teures Familienerbstück, rutscht auf Nimmerwiedersehen in den Abfluss, eine heimliche Verehrerin will mit ihm ein Kind zeugen, und die Schwiegereltern, die das künftige Familienmitglied nicht ausstehen können, werden einer permanenten Belastungsprobe ausgesetzt.
Irritierende Haarpracht
Bräutigam Joachim Witte, gespielt von Herbst, hat es aber auch nicht leicht: Weil das Gulasch bei den Eltern der Braut so furchtbar schmeckt, dass es nicht mal der Hund fressen will, will er es nachher die Toilette runterspülen. Doch die braunen Brocken weigern sich hartnäckig unterzugehen - also fischt Joachim sie wieder aus der Schüssel, als gerade der Schwiegerpapa das stille Örtchen aufsuchen will, und es zu einem großen Missverständnis kommt.
Das ist in etwa der Humor von "Hilfe Hochzeit!", und das ist zugleich auch das Problem. Nichts gegen Slapstick - aber das haben Stan und Ollie vor 80 Jahren schon mal besser gemacht. Herbst hat diese Woche in einem Interview erzählt, vermutlich seien die Zuschauer erst einmal wegen seiner Haarpracht irritiert, die er in der neuen Rolle statt der Stromberg- Halbglatze trage. Das eigentlich Irritierende ist aber, dass die Sat.1-Serie in einer ganz anderen Scherzliga läuft als "Stromberg", von dem man einen viel unkonventionelleren Witz gewohnt ist, der durch sprachliche Unfassbarkeiten oder peinlich-reale Situationen entsteht.
Konfrontation im Kleinen
"Hilfe Hochzeit!" hingegen ist auf dem Höhepunkt angelangt, als Joachim aus Versehen den nervigen Familienköter in den Betonmischer verfrachtet. Für so was müsste Herbst sich eigentlich zu schade sein.
Engelke liefert danach ein paar solidere Lacher ab: In "Ladyland" schlüpft sie in jeder Folge in zwei ganz unterschiedliche Rollen und erzählt - meist über die Konfrontation gegensätzlicher Charaktere - kuriose kleine Geschichten. Als überstrenge Uni-Professorin Frau Doktor Lange-Neufeld gerät sie mit dem Hausmeister Brettschneider aneinander, tauscht durch einen versehentlichen Kopfzusammenstoß mit ihm das Sprachzentrum und flucht sich fortan durch den Rest des Tages. Die Studenten staunen nicht schlecht über die rülpsende Professorin, die sich mit tiefer Stimme rechtfertigt: "Jetzt muss alles raus, was keine Miete gezahlt hat."
Als frisch gebackene Nichtraucherin stopft sie permanent Kuchen und Süßkram in sich hinein, um vom Nikotin runterzukommen, und gründet eine militante Gruppe zur Vernichtung aller Raucher, die Cafés voll qualmen, in denen man prima Kuchen und Süßspeisen futtern kann.
Nicht gerade feinsinnig
In der zweiten Folge zerrt Engelke einen gerade verstorbenen Greis vor den Traualtar, um doch noch die Milliönchen abzustauben, und treibt als prohlige Nervensäge ein Ehepaar in den Urlaubswahnsinn. Auch das kann man nicht gerade feinsinnig nennen. Aber als Nervensäge ist Engelke nun mal unschlagbar, selbst wenn ihre Verwandlungsfähigkeit sich auf ein paar immer wiederkehrende Rollen beschränkt, deren grobe Züge man leicht vorausahnt.
Ganz daneben liegt Sat.1 mit den beiden Comedy-Neuerungen am Freitag freilich nicht: "Hilfe Hochzeit!" ist nicht ganz misslungen, "Ladyland" aber auch kein Meilenstein. Eigentlich gibt es nur eine Lösung: Engelke und Herbst sollten bald wieder einmal zusammen spielen. Wetten, dass diese Kombination wieder fantastisch wäre?