Die Vergangenheit ist ein fernes Land und die Menschen verhalten sich seltsam dort. Wir schreiben das Jahr 2000. RTL2 macht den Vorhang auf für ein neues Zeitalter in Sachen TV. Reality-Fernsehen galore, 24/7-Überwachung durch Kameras, im Fokus Menschen wie du und ich - nun ja, in Teilen zumindest.
Die Medienwächter spuckten Gift und Galle. Genützt hat es wenig. Über elf Staffeln gaben sich die Versehrten und Verhinderten die Klinke des Containers in die Hand. Doch während die späteren Staffeln in einem Nebel aus Billig-Tattoos, Live-Piercings, Futterneid und Fummelsex verschwimmen, verbergen sich die wahren Lichtgestalten in den ersten beiden Staffeln. Erinnern Sie sich? Hier sind die glorreichen Sieben:
1. Zlatko "Sladdi" Trpkovski
Die Legende. Der Gigant. Die menschgewordene Brustrasur. Hatte Problem bei der Einordnung von Shakespeare, machte das aber durch Optimismus und gute Laune wett. Der gelernte Autoschrauber zog Fans an wie Motten das Licht, für einen Sieg in der ersten Staffel reichte es dennoch nicht. Im Leben danach gewährte er uns Einblicke in "Zlatkos Welt", drehte mit "Mr. Boogie" einen Kinofilm, der ungezeigt im Giftschrank der Filmgeschichte verschwand und versuchte sich am Vorentscheid zum Grand Prix. Sang noch schiefer als Konkurrent Rudolf Mooshammer und pöbelte sich ins Aus. Vielen Dank, ihr Fotzköpfe. Und ab. Sein bester Kumpel im Container - und für kurze Zeit auch außerhalb - stellte sich da um einiges geschickter an.
2. Jürgen Milski
Sladdi-Kumpel Jürgen, am Ende Zweiter hinter Sieger John, ging es ganz anders an. Im Container noch lautete sein Automechaniker-Mantra: Ich geh wieder zurück zu Ford ans Fließband. Am Ende wurde Meister Milski zum dauerbrennenden Karrieristen unter den Insassen. Malle-Action, Shopping-Kanal, "Let‘s Dance", dazu CD-Veröffentlichungen im Dutzend: "Der Alte ist tot, die Bürde weg", "Halbschwul", "Das is mir Latte" - allesamt Songtitel, die auf der Zunge zergehen.
3. Alex Jolig
Fummelte unter der Decke mit Kerstin, behielt die Nerven drinnen, verlor draußen dann etwas die Kontrolle. Das Ergebnis: ein gemeinsames Kind mit Jenny Elvers-Elbertzhagen. Im Portfolio zudem eine kurze Kino-"Karriere", auch hier Titel zum Zungeschnalzen: "Python 2", "Hypersonic" und "Interceptors".
4. Manuela
Sie kam, sah und weinte und weinte und weinte. Währenddessen skandierten die Fans vor dem Container "Manu raus". Erinnern Sie sich? Schnief.
5. Harry
Jedes gute Format braucht einen Dicken, das gilt auch für den Container. In der zweiten Staffel füllte der gutmütige Harry Schmidt diese Rolle aus. Der multiple Familienvater sah aus wie einem "Werner"-Comic entsprungen, führte ein leises Regiment, mit einer Mischung aus Harley-Treffen und Zivi-Stammtisch und machte ganz locker einen zweiten Platz.
6. Christian
Herr Möllmann war im Leben vor "Big Brother" Polizist, im Leben danach Arschloch. Der selbsternannte Nominator pöbelte und motzte und zog in Staffel 2 relativ zügig wieder aus. Der Masterplan: singen. Das tat er dann auch. Sein "Es ist geil, ein Arschloch zu sein" chartete in der Schweiz auf Platz 7, in Österreich auf dem 3. Platz und in Deutschland gar auf der Top-Position vor anderen illustren Gestalten wie Rednex, Baha Men und Brooklyn Bounce. Wir erinnern uns. Oder vielleicht lieber doch nicht.
7. Guido Westerwelle
Stichwort Erinnerung: Diese Geschichte würde der amtierende Außenminister sicher gern aus dem kollektiven Gedächtnis streichen. Ist nicht, Herr Minister. Verona (damals noch) Feldbusch hatte es in der ersten Staffel vorgemacht, in der zweiten Season machte Westerwelles Guido es nach. Auf ein Pils in den Big-Brother-Container. Prost.