"Marie Brand und die Bedrohung vom anderen Stern" Ermittlungen in der Welt der Schwurbler

  • von Susanne Bald
Die Menschen, mit denen es Marie Brand (Mariele Millowitsch) und Jürgen Simmel (Hinnerk Schönemann) zu tun bekommen, scheinen wirklich von einem anderen Stern zu kommen ...
Die Menschen, mit denen es Marie Brand (Mariele Millowitsch) und Jürgen Simmel (Hinnerk Schönemann) zu tun bekommen, scheinen wirklich von einem anderen Stern zu kommen ...
© ZDF/Martin Valentin Menke
Der Mord an einem Polizisten bringt Marie Brand und Jürgen Simmel auf die Spur einer Gruppe von Reichsbürgern und ihrem selbsternannten "Reichskanzler", der die BRD ablehnt. Nur: Steckt er auch hinter der vermeintlichen Terrorgruppierung "Aldebaran 2.0", die sich zu dem Anschlag bekannt hat?

Dem Medienstaatsvertrag nach haben die öffentlich-rechtlichen Medien "der Kultur, Bildung, Information und Beratung zu dienen". Diesen Bildungsauftrag scheint das ZDF derzeit besonders ernst zu nehmen – und das ist auch gut so. Gesellschaftspolitische Themen werden nicht nur in Dokumentationen oder ernsten Thrillern, sondern zunehmend auch in oft leichteren Krimiformaten verarbeitet. Zuletzt klärte etwa "Wilsberg – Phantomtod" über Chancen und Risiken Künstlicher Intelligenz auf, "Marie Brand und die Bedrohung vom anderen Stern" warnt nun am Mittwochabend im ZDF sowie vorab in der Mediathek vor Reichsbürgern und rechtsesoterischen Schwurblern. Nach dem Mord an einem Polizisten bekennt sich eine Gruppierung namens "Aldebaran 2.0" zu der Tat. Der Anschlag sei erst der Anfang, "der Tag der Befreiung" stehe bevor.

"Aldebaran" bezeichnet den hellsten Stern im Sternzeichen Stier. Unter esoterischen Verschwörungstheoretikern gilt er als Ursprung der Arier, die angeblich von außerirdischen Bewohnern des Sterns abstammen. Die Aliens sollen den Nazis auch bei der Entwicklung der "Reichsflugscheibe" geholfen haben – deren Existenz bis heute nicht belegt ist. Manche glauben sogar, nicht zuletzt dank der absurden Sci-Fi-Komödie "Iron Sky", dass die Nazis damit auf den Mond flogen ...

Wahrlich kein schöner Land in dieser Zeit

Im ZDF-Krimi (Buch: Katja Röder, Regie: Felix Herzogenrath) führt eine Spur Simmel und Brand zu Guido Berger (Max Hopp), "dem Kopf einer als verfassungswidrig eingestuften Reichsbürger-Bewegung", wie Marie erklärt. Er bezeichnet sich selbst als "Reichskanzler" eines Staates, den er auf seinem Schloss gegründet habe. Gleichzeitig plane er eine eigene Partei – in der BRD, die er doch ablehnt? Nicht nur der ohnehin oft begriffsstutzige Simmel dürfte hier verwirrt sein.

Am Schloss angekommen, glauben sich die Ermittler "in einer Außenstelle des Planeten Aldebaran". Flaggen wehen, Schilder verkünden: "Hoheitsgebiet Neu Germanisches Reich", "Die Firma BRD GmbH hat hier keine Verfügungsgewalt". Musikalisch untermalt wird der Aufenthalt in diesem Reich, welch klug-witzige Idee, von deutschem Liedgut, darunter aussagekräftigen Titeln wie "Ich weiß nicht, was soll das bedeuten" und "Kein schöner Land in dieser Zeit".

Simmel, Marie und vermutlich auch viele Zusehende verfolgen das Gehörte und Gesehene zunächst mit ironischer Ungläubigkeit. So verrückt kann man doch gar nicht sein ...? Im Verhör auf dem Revier erklärt Berger süffisant, er sei kein rechter Esoteriker, sondern "aufgeklärter Politiker aus der Mitte der Gesellschaft. Und ich erschieße keine Menschen aus dem Hinterhalt".

Max Hopp als schaurig überzeugender "Reichskanzler"

Aha, gehört hat er also zumindest von dem Mord, mit dem er nichts zu tun haben möchte. "Können Sie mir bitte erklären, warum Sie überhaupt mit dem diskutieren, mit diesem ...? So was muss man doch nicht aushalten!", echauffiert sich Simmel. – "Lässt sich manchmal nicht vermeiden", entgegnet Marie. "Und wir können das auch aushalten."

Max Hopp spielt dieses Ekel, das sich nicht dem deutschen Recht verpflichtet fühlt, aber jeden Paragraphen kennt, so großartig widerlich wie überzeugend. Und er macht deutlich: An Menschen wie diesem Guido Berger ist absolut nichts, was man belächeln sollte, dafür ist seinesgleichen viel zu gefährlich. Die Ähnlichkeit mit realen Personen dürfte kein Zufall sein.

Neues Tempo kommt auf, als eine Drohung von "Aldebaran 2.0" auftaucht: "4.5 Bitcoins für den andauernden Betrug des Staatskonstrukts! Ihr habt bis 15:00 Uhr Zeit, sonst explodiert eine Bombe mitten in Köln!" Für die Ermittler beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit – und die Frage bleibt: Steckt wirklich Berger hinter dem Polizistenmord und der Drohung oder jemand, den sie bisher gar nicht auf dem Schirm hatten?

Zwei weitere neue "Marie Brand"-Filme wurden gerade abgedreht, sie werden voraussichtlich im nächsten Jahr zu sehen sein.

"Marie Brand und die Bedrohung vom anderen Stern" – Mi. 19.11. – ZDF: 20.15 Uhr

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