Was wünscht sich Schauspielerin Morgane Ferru dieses Jahr zu Weihnachten? Im Interview anlässlich des ARD-Weihnachtsfilms "Weihnachtsüberraschungen" (Freitag, 12. Dezember, 20.15 Uhr, Das Erste), in dem sie die Krankenschwester Nora verkörpert, gibt die deutsch-französische Darstellerin einen Einblick in ihr persönliches Weihnachtsfest. Die 34-Jährige verrät, warum die Feiertage manchmal stressig sein können, wie sie als Schauspielerin verlaufen und was ihr dabei besonders wichtig ist. Die in Zürich geborene Schauspielerin spricht außerdem offen darüber, wie sie mit beruflichen Rückschlägen umgeht und wo sie neue Energie schöpft. Bekanntheit erlangte Morgane Ferru unter anderem durch die ARD-Reihe "Praxis mit Meerblick" sowie durch das Schweizer Geiseldrama "Und morgen seid ihr tot".
teleschau: Frau Ferru, was steht ganz oben auf Ihrem Wunschzettel?
Morgane Ferru: Materiell bin ich wunschlos glücklich. In meinem Umfeld haben wir schon vor längerer Zeit aufgehört, uns Dinge zu schenken. Ganz oben auf meiner Liste steht die Gesundheit meiner Familie. Sehr wichtig ist mir auch, gemeinsame Zeit miteinander zu verbringen. Da wir nicht alle am selben Ort leben, macht es mich besonders froh, wenn wir an Weihnachten zusammenkommen können.
teleschau: Im Film "Weihnachtsüberraschungen" spielen Sie Krankenschwester Nora, die Weihnachten mit ihrer Mutter und ihrer Oma verbringen möchte. Was planen Sie für die Weihnachtszeit?
Ferru: In den vergangenen Jahren hat es sich so eingespielt, dass ich Weihnachten aufteile. An Heiligabend versuche ich mit meinen Eltern und meiner Schwester in Zürich zu sein. Die beiden Feiertage verbringe ich dann mit der Familie meines Partners in Deutschland.
teleschau: Das klingt ganz schön stressig!
Ferru: Ja, das ist es auch. Für mich gehört dieser Trubel an Weihnachten einfach dazu. Ehrlich gesagt rechne ich sogar damit, dass es stressig wird – allein durch die Organisation und das viele Hin- und Herfahren. Aber das ist es mir in jedem Fall wert!
"Am Ende zählt die Zeit, die man miteinander teilt"
teleschau: Wie sieht die Zeit vor Weihnachten bei Ihnen aus?
Ferru: Das ist ganz unterschiedlich. Letztes Jahr haben wir bis Mitte Dezember den Weihnachtsfilm gedreht, und schon die Monate davor waren sehr intensiv. Von Mitte August bis zum Drehende des Films habe ich praktisch ohne Pause gearbeitet. Aber ehrlich gesagt stört mich das nicht. Ich liebe meinen Beruf und das Schauspielern. Der Dezember ist dadurch zwar meistens anstrengend, aber auf eine positive Weise.
teleschau: Hat man als Schauspielerin an Weihnachten immer frei?
Ferru: An Weihnachten wird nicht gedreht, viele aus dem Team haben dann ebenfalls Ferien. Am Theater war das allerdings anders – dort hatte ich auch mal an Weihnachten und Silvester Vorstellungen. Natürlich kommt es vor, dass ich mich in der Zeit zwischen den Jahren auf einen Dreh im Januar vorbereite. Aber an den Feiertagen selbst lasse ich los und arbeite nicht an Texten. Das kann ich gut differenzieren.
teleschau: Glauben Sie, dass Weihnachten für die Menschen heutzutage noch eine religiöse Rolle spielt?
Ferru: Ich kann nur von meiner eigenen Wahrnehmung sprechen. In meinem Umfeld wird Weihnachten oft nicht mehr religiös gefeiert. Vielmehr geht es darum, zusammenzukommen und Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen. Für mich steht dabei die Besinnlichkeit im Mittelpunkt – sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Gemeinschaft, Liebe, ein liebevoller Umgang miteinander. Das ist natürlich der Idealfall. Gleichzeitig birgt Weihnachten auch Konfliktpotenzial, wenn ein großer Teil der Familie zusammenkommt und in der kurzen Zeit vielleicht nicht alle Erwartungen erfüllt werden. Umso wichtiger ist es, offen zu bleiben und den Blick auf das Gemeinsame zu richten. Denn am Ende zählt die Zeit, die man miteinander teilt.
"Für mich ist es etwas Schönes, die 'Nummer zwei' zu sein"
teleschau: Im Film ist es an einer Stelle so, dass Nora sowohl im Berufs- als auch im Liebesleben eine Abfuhr erhält. Sie hackt dann auf zwei Weihnachtstannen herum. Wie gehen Sie mit Enttäuschungen im Leben um?
Ferru: Also ich zerhacke nichts (lacht) – höchstens im Kopf. Natürlich würde es wahrscheinlich befreiend wirken, einmal etwas kaputtzumachen, aber in Wirklichkeit lasse ich mir eher einen Tag Zeit, frustriert oder traurig zu sein. Manchmal dauert es auch zwei, drei Tage, bis ich darüber hinweg bin. Danach versuche ich, die Dinge positiv zu sehen. Vielleicht sollte es einfach nicht sein, vielleicht entsteht dadurch Platz für etwas Neues. Enttäuschungen gehören nun mal auch zu meinem Beruf – am Ende kann immer nur eine Person die Rolle bekommen.
teleschau: Wie fasst man dann wieder neuen Mut?
Ferru: Ich habe einen wunderbaren Freundeskreis, der mich immer wieder auffängt. Auch unter Kolleginnen und Kollegen stärken wir uns gegenseitig. Manchmal reicht schon eine Umarmung, und manchmal tut es gut, sich so richtig auszukotzen (lacht).
teleschau: Ihr Partner, Ulrich Brandhoff, ist auch Schauspieler. Reden Sie zu Hause viel über die Schauspielerei?
Ferru: Wir haben einen sehr guten Umgang damit und können Beruf und Privatleben gut trennen. Wir unterstützen uns, wenn es gerade nötig ist, und wissen, dass wir uns aufeinander verlassen können. Gleichzeitig ist es schön, einen Partner zu haben, der die Herausforderungen und die Freuden dieses Berufs so genau nachvollziehen kann. Wir beide wissen, wie viel Leidenschaft in unserer Arbeit steckt.
teleschau: Im Film sagt Nora einmal, dass es ihr Lebensmotto sei, die Nummer zwei zu sein. Haben Sie als jüngere Schwester in Ihrem Leben auch schon mal solche Gedanken gehabt?
Ferru: Ja, aber für mich hatte das nie eine negative Bedeutung. Ich habe immer zu meiner Schwester aufgeschaut. Wir haben zusammen Theater gespielt, hatten ähnliche Freundeskreise, und sie hat mir geholfen, mit Leichtigkeit durch die Schule zu kommen, indem sie den Lernstoff mit mir durchging. Wir haben auch oft Kleidung getauscht. Für mich ist es etwas Schönes, die "Nummer zwei" zu sein.
"In Frankreich wird Weihnachten ein bisschen anders gefeiert als in Deutschland"
teleschau: Ihr Vater ist Franzose. Gibt es französische Traditionen, die Ihr Weihnachtsfest besonders machen und anders sind, als deutsche?
Ferru: In Frankreich wird Weihnachten ein bisschen anders gefeiert als in Deutschland. Eine Zeit lang habe ich dort gelebt, und die Bescherung fand immer erst am 25. Dezember statt. Am Heiligabend saßen wir gemeinsam beim Essen, die Geschenke gab es jedoch erst am nächsten Morgen. Wir Kinder mussten so lange in unseren Zimmern warten, bis eine Glocke läutete – dann durften wir ins Wohnzimmer zum Auspacken. Das war natürlich alles extra für uns Kinder inszeniert. Heute, als Erwachsene, geht es uns vor allem darum, bewusst Zeit miteinander zu verbringen – und lecker zu essen (lacht).
teleschau: Im Film trifft Nora kurz vor Weihnachten auf ihre Klassenkameraden. Wie ist es bei Ihnen?
Ferru: Meine alten Klassenkameraden aus der Schweiz versuche ich immer zu sehen, wenn ich längere Zeit in Zürich bin. Ein traditionelles jährliches Treffen gibt es jedoch nicht. Eine enge Freundin von mir feiert kurz vor Weihnachten Geburtstag, und dort kommen dann einmal jährlich viele Freunde zusammen.
teleschau: Hat Ihre Schauspielkarriere die Beziehung zu Ihren Freunden verändert?
Ferru: Nein, zum Glück nicht. Natürlich höre ich ab und zu Bemerkungen wie: "Es ist komisch, dich im Fernsehen zu sehen." Aber meine Freunde haben schon früh meine Begeisterung für die Schauspielerei miterlebt. Für sie ist das Natürlichste der Welt, und sie freuen sich, dass ich davon leben kann.
"Ich besuche Zürich gerne, aber leben möchte ich dort nicht mehr"
teleschau: Fühlen Sie sich hin- und hergerissen zwischen der Schweiz, Frankreich und Deutschland?
Ferru: In Berlin fühle ich mich zu Hause, doch gleichzeitig zieht es mich immer wieder zu meiner Familie. Da wir uns nicht oft sehen und meine Mutter am Meer in Frankreich lebt, verspüre ich eine besondere Sehnsucht nach diesem Ort. Dort fällt es mir jedes Mal schwer, wieder Abschied zu nehmen. Dennoch ist mein Lebensmittelpunkt heute in Berlin.
teleschau: Worin besteht für Sie ein Unterschied zwischen Berlin und Zürich?
Ferru: Zwischen den beiden Städten gibt es große Unterschiede. Zürich ist sauberer und ordentlicher, die Menschen höflicher. Berlin wirkt chaotischer, wilder, freier und manchmal rotziger. Natürlich können Menschen in der Schweiz genauso frech sein wie in Berlin, aber es wird dort weniger nach außen getragen. Zürich bietet eine enorme Lebensqualität: See und Berge liegen direkt vor der Haustür, man merkt, dass die Schweiz ein reiches Land ist. Alles ist deutlich teurer. Ich besuche Zürich gerne, aber leben möchte ich dort nicht mehr.
teleschau: Warum?
Ferru: Mein Leben entwickelt sich momentan in Deutschland. Ich genieße die Freiheit und die Offenheit in Berlin.
teleschau: Im Film "Und morgen seid ihr Tod" verkörpern Sie Daniela Widmer, die 2011 gemeinsam mit ihrem damaligen Partner David Och in Pakistan von den Taliban entführt wurde und später ein Buch über ihre Entführung geschrieben hat. Sie spricht Schweizerdeutsch, und auch Sie sprechen in der Rolle Dialekt. Welche Herausforderungen stecken dahinter?
Ferru: Da ich mit Schweizerdeutsch aufgewachsen bin, fiel mir das nicht allzu schwer. Zu Hause habe ich den Zürcher Dialekt zwar nie gesprochen, aber in der Schule und mit Freunden. Interessanterweise wirkt Schweizerdeutsch in Dialogen oft direkter. Trotzdem musste ich mich erst wieder an den Dialekt gewöhnen. Eine besondere Herausforderung war, dass ich den Dialekt von Daniela Widmer exakt nachahmen wollte. Da ich das "R" anders rolle als sie, wurde ich fast wahnsinnig. Aber Daniela meinte, dass ihr gerade die Art gefällt, wie ich das "R" hinten statt vorne rolle. Damit fühlte ich mich befreit, ihren Dialekt nicht perfekt imitieren zu müssen (lacht).
"Entweder Meeresbiologie oder Schauspiel"
teleschau: Ihr erstes Taschengeld haben Sie in einem Club in Zürich verdient, als Sie an der Garderobe standen. Wie kommt man von dort zur Schauspielerei?
Ferru: Schauspielern begann für mich schon viel früher: Ich habe schon als Jugendliche am Theater gespielt und war in Theatergruppen aktiv. Durch meine Schwester kam schließlich die Idee auf, Schauspiel zu studieren. Dabei stand ich lange zwischen zwei Optionen: Entweder Meeresbiologie oder Schauspiel.
teleschau: Wie kam es dann dazu, dass Sie sich für die Schauspielerei entschieden haben?
Ferru: Meine Schwester hat immer gesagt: "Morgane, du bist so ein sozialer Mensch. Nach der Schauspielerei kannst du immer noch Meeresbiologin werden, aber dort wirst du oft alleine sein." Das hat mich bestärkt, den Schritt zu wagen, und ich habe mich nach der Schule für die Schauspielschule beworben.
teleschau: Denken Sie manchmal darüber nach, wie es wäre, wenn Sie Meeresbiologin geworden wären?
Ferru: Jein. Vielleicht darf ich eines Tages einmal eine Meeresbiologin spielen – das wäre großartig. Genau das liebe ich an meinem Beruf: Ich darf immer wieder in verschiedene Berufe und Lebenswelten eintauchen. Meine Liebe zum Meer und zum Meeresleben ist geblieben, aber vorstellen kann ich mir zur Zeit nichts anderes als die Schauspielerei.