Rund drei Monate nach Beginn des Missbrauchprozesses gegen Popstar Michael Jackson ist am Freitag die Zeugenbefragung schneller als erwartet abgeschlossen worden. Die Verteidigung verzichtete überraschender Weise darauf, das angebliche Opfer des Sängers und dessen Mutter noch einmal in den Zeugenstand zu rufen. Den Geschworenen im Gericht von Santa Maria (Kalifornien) war zuvor ein Polizeivideo mit dem heute 15-jährigen Beschuldiger aus dem Jahr 2003 vorgeführt worden. Darin erzählt der Junge teils unter Tränen, dass er fünf Mal von Jackson unsittlich berührt worden sei.
Die Juroren werden erst am kommenden Mittwoch wieder vor Gericht erwartet. Bereits Ende nächster Woche könnten die Schlussplädoyers gehalten werden. Danach müssen die zwölf Geschworenen - acht Frauen und vier Männer - über Jacksons Schicksal entscheiden.
Inhalt der Aussage irrelevant
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wurde das Polizeivideo vorgeführt, in dem der Junge erstmals seine Vorwürfe gegenüber Ermittlern äußerte. Richter Rodney Melville hatte die Jury aufgefordert, nur auf das Verhalten und die Gesten des Jungen, nicht aber auf den Inhalt der Aussage zu achten, berichtete die "Los Angeles Times".
In der mehr als einstündigen Vernehmung brachte der Junge nach Angaben von Prozessbeobachtern die Vorwürfe nur zögerlich hervor. Der Sänger habe ihm erklärt, dass masturbieren wichtig sei, um sich besser zu fühlen, sagte der damals 13-Jährige aus. Fünf mal habe Jackson ihn bei gemeinsamen Nächten im Bett des Popstars belästigt. Bei seiner Aussage im Zeugenstand im März hatte der Junge nur zwei Fälle von Masturbation durch den Sänger angegeben.
Mit dem Video wollte die Anklage den Geschworenen noch einmal die Vorwürfe des Jungen vor Augen führen und gleichzeitig die Darstellung der Verteidigung widerlegen, dass der ehemalige Krebspatient mit Hilfe seiner Mutter die Anschuldigungen fabriziert habe. Als Zeuge vor Gericht hatte sich der Junge häufig in Widersprüche verwickelt. Seine Glaubwürdigkeit wurde durch Zeugen der Verteidigung weiter in Zweifel gezogen. So hatte eine Frau berichtet, dass die Mutter des Beschuldigers nach eigenen Worten ihre Kinder zu guten Schauspielern erziehen wollte, "um ihnen sagen zu können, was sie erzählen sollten", führte die Anwaltsassistentin aus.