In Dubai ging kürzlich die Watch Week zu Ende. Dort trifft sich, was Rang, Namen und Geld hat. Ein Teil der Veranstaltung sind auch Talk-Runden, bei denen sich Experten und Insider vor Publikum über die Branche austauschen. Bei einem dieser Foren sprach Mohammed Seddiqi, Inhaber der weltgrößten Rolex Boutique, über die Wartelisten in seinen Geschäften – und gab dort tatsächlich ein für Rolex-Interessierte wichtiges Signal.
Kürzere Rolex-Wartelisten, aber lange kein Wunschkonzert
Denn Seddiqi wurde gefragt, ob er eine Entspannung bei den Vorbestellungen neuer Uhren bemerkt hätte. Und tatsächlich werden die Wartelisten bei Dubais größtem Rolex-Händler allmählich leerer, wie er erklärte. "Aber nicht viel", fügte er hinzu.
Schaut man darauf, was er genau gesagt hat, dürfte die Hoffnung auf schnellen Erfolg bei einer Boutique dann doch wieder schwinden. "Für bestimmte Referenzen, auf die vielleicht 10.000 Menschen gewartet haben, haben wir jetzt 8.000", verriet Seddiqi.
Wer die verschlossene Branche kennt, wird sich über so viel Offenheit dennoch wundern – Anfragen des stern bei deutschen Juwelieren blieben allesamt unbeantwortet. Seddiqi ist bekannt dafür, dass er derartige Fragen ab und an kommentiert.
Als der Rolex-Hype vor wenigen Jahren unaufhaltsam Fahrt aufnahm, war er es, der die Aussicht auf eine begehrte Uhr insofern einschränkte, indem er dazu riet, in seinen Filialen erst einmal mit anderen Einkäufen Eindruck zu machen, bevor eine Rolex auf dem Tresen landet. Das ist keine ungewöhnliche Verkaufsstrategie, aber die wenigsten sprechen darüber.
Jetzt, so Seddiqi, versuche man Kunden mit hoffnungslosen Wünschen andere Uhren schmackhaft zu machen. Für ihn gehöre das zum Job eines Juweliers. Die Frage, ob er die Situation fair finde, verneinte er deutlich.
Rolex gibt über die Lage keinerlei Auskunft – heute wie damals. Fakt ist aber, dass die Marke derzeit mit dem Bau einer neuen Fabrik in der Schweiz beschäftigt ist, die zumindest etwas höhere Stückzahlen verspricht. Wie viele es aktuell sind und später einmal sein werden, ist und bleibt Betriebsgeheimnis.
Niemand weiß, was bei Rolex von den Bändern läuft. So lässt sich auch der Vorwurf der künstlichen Verknappung nicht aus der Welt schaffen – hier beteuert Rolex immer wieder, dass man keine Uhren zurückhalte. Nachweisen lässt sich das nicht und mancher Insider ist anderer Meinung.
Uhrenmarkt zuletzt konstant leicht rückgängig
Es gibt eine Möglichkeit, den Gesamtmarkt als Außenstehender etwas genauer zu beobachten. Mit dem sogenannten Chronopulse bietet die Handelsplattform "Chrono24" einen Blick auf die Marktentwicklung gebrauchter Uhren. Dort ist nicht nur zu sehen, dass die Preise für ältere Uhren erst ab 2021 merklich anzogen, sondern auch, dass sie nun innerhalb eines Jahres um acht Prozent zurückgegangen sind – bei einzelnen Modellen sogar um bis zu 15 Prozent. Das könnte womöglich unter anderem dem aktuellen Weltgeschehen und steigender Inflation geschuldet sein. Auch wenn es sich dabei vor allem um gebrauchte Uhren handelt, spiegelt es dennoch das Kaufverhalten innerhalb der Branche zumindest teilweise ganz gut wider.
Der Preistrend ist allerdings nicht konstant fallend – nachdem der Markt zu Beginn des Jahres deutlich gesunken war, hat sich die Lage trotz anhaltendem, leichten Negativtrend zuletzt wieder merklich beruhigt. So schnell dürfte es also wohl nicht zu einem Überangebot kommen. Die Tage, als eine neue Rolex für Laufkundschaft problemlos erhältlich war, gehören wohl weiterhin der Vergangenheit an. Und Gebrauchte gibt es nach wie vor selten unter Neupreis.
Quellen: Dubai Watch Week