Freizeit »Liebe kann mich mal«

Freizeit: »Liebe kann mich mal«
Bild: Stefanie Brandenburg

Für Nastasia Martinez ist ein Traum wahr geworden: Unter dem Usernamen Nanista veröffentlichte sie auf NEON.de ihre eigenen Texte, bis ein Verlag auf sie aufmerksam wurde. Das Ende der Geschichte: Ihr erotischer Roman »Liebe kann mich mal« wurde publiziert. Wir haben mit ihr gesprochen.

Du warst Userin bei NEON.de, als dich der Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf ansprach, ob du Interesse hättest, ein Buch zu schreiben. Wie genau kam es dazu?
Ich habe mich Mitte 2012 bei NEON.de angemeldet und zwei, drei Texte veröffentlicht.
Nach gerade einmal zwei Monaten wurde einer meiner Texte auf die Startseite gestellt und ziemlich gelobt. Ich wurde dann von einem anonymen Profil angeschrieben: »Könntest du dir vorstellen, ein Buch zu schreiben?« Erst einmal kam ich mir ein bisschen verarscht vor, aber dann dachte ich mir: Machste einfach mal mit.
Und irgendwann kam dann die Erklärung: »Ich bin Lektorin bei Schwarzkopf & Schwarzkopf«. Ich habe dann erst einmal recherchiert, ob es den Verlag überhaupt gibt. Und so kam es dann zustande. Unser Verlag schaut sich, glaube ich, öfters auf Foren nach neuen Talenten um.

Wieso hast du dich bei NEON.de angemeldet – wolltest du dort Texte veröffentlichen, oder war das eher das Interesse an der Zeitschrift?
Ja, ich habe die Zeitschrift durch einen Freund entdeckt. Der hatte ein Abo und hat die Zeitschrift immer in die Schule mitgebracht. Das ist noch gar nicht so lange her. Ich hatte die NEON erst ein halbes Jahr bevor ich mich auf NEON.de angemeldet habe entdeckt.
Ich fand die satirischen Momente richtig gut und auch das Junge und Frische und dachte, wenn ich Journalistin werde, dann muss ich da hin.
Deshalb habe ich ein wenig Internetrecherche betrieben und die Website entdeckt. Ich habe mich dann erst nur angemeldet, um Texte durchzulesen und auch zeigen zu können, dass sie mir gefallen, also um die Autoren dieser Texte zu unterstützen. Ich wollte bei NEON.de unbedingt einmal einen Blick hinter die Kulissen werfen und mich da ein bisschen mit einmischen. Meinen ersten Text habe ich veröffentlicht, als ich dann ultra Liebeskummer, das heißt eher Liebeshass hatte.

Das heißt, du hast das Schreiben auch zur Verarbeitung genutzt?
Genau, richtig. Deshalb habe ich auch erst einmal gar kein Bild von mir, sondern irgendein schreckliches Bild, hochgeladen. Ich dachte, zu dem Mist kannst du nicht stehen.

Und dann kam das wahrscheinlich total gut an, oder?
Ja, genau. Als die ersten Kommentare kamen, die mich zerfleischten, wusste ich, mein Text muss gut sein.

Da sagst du etwas sehr Wahres. Ich denke, das muss man auch lernen. Hast du denn das Gefühl gehabt, dich angreifbar zu machen? Speziell weil du ja tagebuchähnliche Einträge bei uns verfasst hast.
Ich fühle mich von solchen Sachen nicht angegriffen: Die Dinge, die konstruktiv sind, nehme ich wahr, und manchmal verarbeite ich sie dann, je nachdem wie sie zu mir passen. Denn selbst wenn ein guter Vorschlag gemacht wird, wenn’s nicht passt, passt’s nicht. Und wenn etwas destruktiv ist, dann ist das oft einfach Neid, oder die haben einfach einen schlechten Tag. Dann nehme ich das sowieso nicht ernst. Die Texte sind zwar immer Dinge, die ich schreibe, aber ich distanziere mich auch immer ein bisschen davon.

Hast du dich auch mit Texten beschäftigt, die die anderen User eingestellt haben und dir von ihnen Inspirationen ziehen können?
Ja, ich glaube, dass das auch normal ist. Ich habe mir die natürlich alle durchgelesen, und wenn was wirklich gut geschrieben war, habe ich gemerkt: »Okay, ich muss jetzt auch was schreiben. Sofort!« Bei manchen schönen Wortkombinationen denkt man sich: »Oh, ich muss jetzt auch so etwas Schönes schreiben.« Und von den meisten Texten, bei denen ich Herzchen gesetzt habe, wurde ich auch wirklich inspiriert. Das habe ich dann entweder privat in mein kleines Büchlein gekritzelt, oder ich habe eben selbst einen Text veröffentlicht.

Also hast du NEON.de auch als Inspiration wahrgenommen?
Ja, NEON.de hat mir auch sehr geholfen, meinen Stil zu finden. Ich habe vorher in eine ganz andere Richtung geschrieben, aber ich habe jetzt einfach zwei Schreibarten erlernt. Vorher war ich nicht so gerne in der Ich-Perspektive, ich habe das immer ein bisschen distanzierter betrachtet. NEON.de hat mir geholfen, ein bisschen persönlicher zu schreiben, und so wurde ich ja auch entdeckt.

In deinen Texten erwähnst du auch Menschen, die dir nahestehen: Deinen Freund, deinen Vater oder deine Mutter. Wussten die davon, und wie sind sie damit umgegangen?
Quatsch. Ich nehme immer Leute, reiße sie auseinander und stücke sie dann neu zusammen. Man kann sicher von außen betrachtet erkennen, das sind die zentralen Menschen in meinem Leben, und die beschäftigen mich sehr, aber es sind nicht immer alle Charakterzüge von ihnen drin. Manchmal findet man prägnante Merkmale von meinem Freund, die ich verarbeiten muss: Zum Beispiel, wenn er einmal total scheiße ist oder total toll. Aber es ist nicht immer er. Das war mir auch im Buch wichtig – Ähnlichkeiten sind immer da, manchmal stärker und manchmal weniger stark, aber es ist nicht immer genau die Person.

Trotzdem weiß dein Freund, dass er Grundlage und Inspiration für deinen Buchhelden liefert. Hatte er da manchmal Schwierigkeiten mit, oder ist er da ganz locker mit umgegangen?
Er ist ein eher schüchterner und sehr zurückhaltender Mensch, und deswegen ist es seltsam für ihn. Ich erkläre ihm andauernd, dass es nicht er ist, aber es gibt doch immer ein paar Charakterzüge, die übereinstimmen. Wenn dann zum Beispiel im Freundeskreis erzählt wird: »Im Buch habe ich das und das gelesen, das erinnert mich ja an …«, dann gibt es schon einmal ein kleines Zucken. Aber die Leute um mich herum, die meine Texte gelesen haben und gleichzeitig meinen Freund kennen, merken: Das ist nicht er.

Hat er denn ein Problem mit dem Genre »Erotikroman«? Denkt er sich manchmal, jetzt denken alle, sie beschreibt explizit unsere Sexsituationen?
Am Anfang war das so, und als ich ihm dann einfach einmal die Textstellen gezeigt habe, wurde ihm klar: Okay, das sind nicht unsere Situationen. Das sind entfremdete Sachen, die gar nicht zutreffen. Bei allem anderen habe ich einfach geschrieben, aber bei diesen Szenen habe ich drüber nachgedacht, was ist total weit von der Realität entfernt? Das war mir dann sehr wichtig.

Elena basiert ja auch auf dir, denn sogar eure Lebenssituationen sind ähnlich. Elena ist Abiturientin und in Aufbruchsstimmung. Das ist ja auf eine sehr spezielle Zielgruppe zugeschnitten. Möchtest du das so beibehalten. Du arbeitest schließlich schon an einem zweiten Roman.
Ja, immer sobald ich ein Projekt beendet habe, arbeite ich im Kopf schon am nächsten, das ich meinem Verlag präsentieren kann. Ich habe nicht gezielt vor, immer in diesem Genre und dieser Zielgruppe zu bleiben, aber ich denke, dass die Romane mit mir wachsen. Je nachdem welche Themen mich betreffen, die thematisiere ich dann auch. Ich versuche, das Schreiben als Ventil zu nutzen. Solange ich studiere, werde ich wahrscheinlich über Studenten schreiben, und sobald ich ein bisschen älter bin und arbeite, werde ich Bücher schreiben, in denen sich die Protagonistin über den Chef beschwert. Wenn ich Dinge ähnlich oder genauso erlebt habe, dann ist das einfach viel authentischer darüber zu schreiben. Dann merkt der Leser, da steckt Wissen dahinter, da steckt Erfahrung dahinter und dann ist das auch lustiger oder ehrlicher.

Das heißt, du möchtest weiter autobiografisch orientiert schreiben?
Zumindest von der Denkweise. Ich suche mir nicht nur Inspiration in anderen Texten, sondern immer auch in meinem Umfeld. Wenn einer guten Freundin etwas passiert und sie mir das erzählt, frage ich sie, ob ich das so verwenden könnte und ändere das ab. Sie wird sich in der Geschichte aber höchstwahrscheinlich wiedererkennen.

Hast du dich auf NEON.de mit dem Hintergedanken angemeldet, entdeckt zu werden?
Nein, ich wollte NEON.de wirklich nur als Inspirationsquelle und nicht als Sprungbrett nutzen.

Wir freuen uns, dass deine Geschichte veröffentlicht wurde!
Ich bin auch so dankbar, dass mein Talent bei euch sofort erkannt wurde und ihr mich auf die Startseite gestellt habt.