Freizeit »Vor zehn Jahren war ich mir sicher, ich werde Musik- und Sportlehrer am Gymnasium«

Freizeit: »Vor zehn Jahren war ich mir sicher, ich werde Musik- und Sportlehrer am Gymnasium«
Mit »Deutschland 83« kommt endlich mal eine Serie aus Deutschland, die nicht nach Lindenstraße oder GZSZ aussieht und sich an den aufwändig erzählten Produktionen aus den USA messen will. Schon vor dem Start hat »Deutschland 83« viel Lob bekommen, genauso wie sein Protagonist: Jonas Nay, 25, spielt einen Stasi-Spion, der in die Bundeswehr eingeschleust wird. Im Interview mit NEON spricht Nay übers Serien schauen und sein Jazzpiano-Studium in Lübeck.

Bist du ein Serien-Fan?

Absolut. Ich sehe mir mittlerweile mehr Serien als Filme an. Mir gefällt es, dass man Figuren und Geschichten länger folgen kann und nicht nach 90 Minuten zum Ende gekommen sein und die Erzählstränge zusammen geführt haben muss.

Gibt es gerade einen Serien-Favoriten?

Unter den letzten Serien, die ich mir angeschaut habe, war »Fargo«, »Episodes« und »Weinberg«. Bei »Fargo« gab es einfach tolle Bilder, und unterhaltsamer und glaubwürdiger als »Episodes« kann man eine Serie über die Macher von Serien nicht produzieren. »Weinberg« hat mich auch wirklich gepackt.

Wieso gibt es bisher so wenige gute deutsche Serien?

Wir sind tatsächlich ein wenig spät dran, das finde ich auch. Ein paar Gute gibt es aber, man muss sie nur im Programm nur finden. Und es werden mehr.

Woher kommt der Rückstand?

Ehrlich gesagt weiß ich das auch nicht so genau. Was ich weiß, ist, dass es schwer ist, horizontal erzählte Serien als reinen TV-Stoff zu produzieren. Binge-Watching ist das neue Serienphänomen: schauen, wann und wie viel man will. Das ist wohl auch der Grund, weshalb Netflix und Amazon selbst in Produktion gehen. Daher war es auch eine gute Idee von RTL, »Deutschland 83« online zur Verfügung zu stellen. Ich denke, in Kooperation mit Online-Diensten Serienstoffe zu verwerten, das ist die Zukunft.

Ist es als Schauspieler eigentlich ein Unterschied, ob man für einen Spielfilm dreht oder eine Serie?

Es ist ein Marathon. Aber man sprintet ihn. Und versucht dabei, gut auszusehen. Aber natürlich ist es für einen Schauspieler klasse, wenn die eigene Figur sich über einen längeren Zeitraum entwickeln lässt.

Wie war das bei »Deutschland 83«?

Für »Deutschland 83« habe ich etwa ein halbes Jahr lang am Stück gearbeitet. Und jeden Tag aufs Neue versucht man Höchstleistungen abzurufen. Man hat wesentlich weniger Zeit für den Dreh von einzelnen Szenen. Mit wenigen Versuchen muss man mit seinem Spiel auf den Punkt kommen. Bei »Deutschland 83« hatten wir immer den Anspruch, trotz der Schnelligkeit auf Kinoniveau zu erzählen. Was das angeht, legen sowohl Serien aus Übersee als auch aus Europa die Latte sehr hoch.

»Deutschland 83« wurde zuerst in den USA gezeigt, dann erst kam es nach Deutschland zurück. Warum?

»Deutschland 83« hat tatsächlich seine Premiere auf einem amerikanischen Kabelsender gehabt, obwohl es eine deutsche Produktion der Ufa im Auftrag von RTL gewesen ist. Das ist bis dato einzigartig. Mittlerweile ist die Serie in über 20 Länder verkauft. Ich glaube, für die deutsche Filmlandschaft kann das Rückenwind geben und Mut machen, etwas zu wagen. Wir dürfen nicht vergessen, dass es nur wenige amerikanische Serien nach Deutschland schaffen. Wir sehen quasi die Sahne und zum Glück nicht den Sud.

Wolltest du vor zehn Jahren auch schon Schauspieler werden?

Vor zehn Jahren war ich mir noch relativ sicher, ich werde Musik- und Sportlehrer am Gymnasium.

Du bist auch Musiker, studierst Jazzpiano in Lübeck und hast eine eigene Band, »Northern Lights«. Warum hast du die Musik nicht zum Beruf gemacht?

Den Wunsch verfolge ich still und heimlich schon noch, durch mein Studium und meine Band. Gerade haben wir unsere neue EP »Pulsar« veröffentlicht und planen die Tournee fürs nächste Jahr.

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Hat der frühe Erfolg als Schauspieler die Musik einfach ausgestochen bei der Berufswahl?

Ich habe auf meinem Weg bisher immer geschaut, dass ich bei all den schönen Erlebnissen, die die Schauspielerei bisher mit sich gebracht hat, nie meine Musik aus dem Auge verliere. Schon seit meinem siebten Lebensjahr spiele ich Klavier und egal auf welchen Abschnitt meines Lebens man mit dem Finger zeigt, die Musik hat für mich immer eine wahnsinnig wichtige Rolle gespielt. Momentan räume ich mir semesterweise Zeiten ein, in denen ich mich sogar ausschließlich aufs Musik machen konzentriere.

Glaubst du, dass man immer nur eine Sache im Leben richtig gut machen kann?

Nein, ganz und gar nicht. Ich glaube, man wird in Dingen automatisch gut, wenn man aus einer Begeisterung heraus in Eigeninitiative lernt. Je nach dem, für wie viele Bereiche sich ein Mensch begeistert, kann er in diesen sehr gut sein.

Lassen sich deine beiden Talente, Musik und Schauspiel, auch verbinden?

Filmmusik ist ein Bereich, wo meine zwei Leidenschaften zusammenlaufen und deshalb fasziniert mich diese Art von Komposition sehr. Ich habe nach meinem Abitur »Filmmusikkomposition« studiert und bereits für Filme wie »Unter Nachbarn« oder »Der König von Deutschland« komponiert. Im nächsten Jahr werde ich mit meiner Band für die »Ufa Filmnächte« 90 Minuten Stummfilm neu vertonen. Es haben sich also bereits einige Wege aufgezeigt. In die Richtung werde ich weiter gehen.