Freizeit »Where are you from?«

Freizeit: »Where are you from?«
Die Rosenheimer Polizisten Theresa S., 19, und Dennis S., 35, registrieren jeden Tag hunderte Flüchtlinge. Wie geht es ihnen damit?

Text: Heike Kottmann | Fotos: Enno Kapitza

In der Dienststelle der Bundespolizei Rosenheim rennen drei Polizisten über den Gang und sprechen in ihre Funkgeräte. »In zehn Minuten kommt der Zug!«

Theresa S., 19 Jahre, hat erst vor fünf Monaten die Bundespolizei-Ausbildung beendet. Sie packt eine Wasserflasche in ihre Schutzweste, es sind 38 Grad: »Ich wollte einen abwechslungsreichen Job, aber derzeit ist es vor allem Routine und emotional ungeheuer belastend.«

Mit dem Regionalzug aus dem österreichischen Kufstein, der gleich in Rosenheim einfährt, kommen auch die Flüchtlinge 12 000 waren es in den vergangenen sechs Wochen. In Rosenheim laufen zwei Schleuserrouten zusammen: Die Flüchtlinge kommen aus Italien und über den Balkan. Die Polizisten arbeiten in Zwölfstundenschichten. »Wie viele es sein werden, wissen wir nicht. Aber es werden jeden Tag mehr«, sagt Theresa S.

Freizeit: »Where are you from?«

Um 14 Uhr steht die junge Polizistin mit acht Kollegen am Bahnsteig, als der Zug einfährt. »Ausweiskontrolle!«, sagt sie mit fester Stimme, als sie einsteigt. Zwei Deutsche im Unterhemd fragen genervt, ob sie nun ihren Anschlusszug verpassen. In der Reihe neben ihnen kauert ein dunkelhäutiger Junge. Er trägt eine Winterjacke, die Hände hat er vors Gesicht geschlagen, sie zittern. »Do you have documents?«, fragt Theresa S. Der Junge zieht die Kapuze über den Kopf, als könnte er sich so unsichtbar machen. »Where do you come from?«, fragt Theresa S. »Eritrea?« Er blickt hoch, nickt, steigt dann aus. Eine blonde Frau blockiert kurz den Gang. »I’m so sorry!«, sagt sie zu dem Jungen, als würde er gerade zum Schafott geführt. Sie funkelt die Polizistin böse an, Theresa S. schaut weg. Anfeindungen, erzählen die Beamten, sind sie gewohnt, dabei würden sie doch nur versuchen, den Menschen zu helfen. Neben der Turnhalle der Bundespolizei-Dienststelle wuchtet Dennis S., 35 Jahre, Gepäck aus dem Bus, der die 61 Flüchtlinge vom Bahnhof hergefahren hat. Hier werden sie mit Getränken versorgt und können sich ausruhen, bis sie mit Fotos und Fingerabdrücken registriert werden. Einen halben Tag dauert der Vorgang. »Was ich hier tue, hat einen Sinn«, sagt Dennis S. Ganz so, als müsste er sich daran erinnern, warum er den belastenden Job macht. Dennis S. hat Verständnis für die Flüchtlinge: »Würde ich in einem Land mit korrupter Polizei und ohne Meinungsfreiheit leben, wo ich um mein Leben fürchten müsste ich säße als Erster im Boot.« Trotz Hitze trägt er eine kugelsichere Weste nicht aus Angst vor den Flüchtlingen: »Als Polizeibeamte müssen wir schließlich auf alles vorbereitet sein. Die Stimmung im Land gegenüber den Flüchtlingen ist ja nicht nur positiv.«