Nach 365 Tagen der Lügen und Drohungen hat Shahin Najafi genug. Es reicht jetzt. Er muss da etwas klarstellen. Der 32-jährige Musiker, der 2005 aus dem Iran nach Deutschland geflohen ist, holt tief Luft und sagt: »Ich bin kein Rapper.« Okay, denkt man sich, seine letzte Platte, auf der orientalische Melodien, Bluesriffs und eine jazzige Klarinette dominieren, hätte man nun auch nicht unbedingt im Hip-Hop-Regal abgelegt, sondern eher unter »postmoderne Weltmusik«. Aber: Hat der Mann eigentlich keine anderen Probleme?
Die Welt lernte Shahin Najafiim Mai 2012 durch Schlagzeilen wie »Iranische Todesfatwa gegen Rapper aus Köln« kennen. Kurz nachdem er den Song »Naghi« im Netz veröffentlicht hatte, in dem er einen schiitischen Imam ironisch um Hilfe anruft, verurteilten ihn iranische Großayatollahs wegen Blasphemie zum Tode. Die »New York Times«, die BBC und Al-Dschasira berichteten. Shahin war plötzlich berühmt. Und musste untertauchen.
Ein Teil Trapper, ein Teil Rapper
Ein Jahr später sitzt er in einem Café im Kölner Stadtteil Ehrenfeld, bestellt einen schwarzen Tee und möchte eigentlich nicht mehr über den »Vorfall« reden, wie er die Fatwa nun nennt, nüchtern, ruhig; als ob er die religiösen Verwünschungen so entzaubern und dem politischmedialen Sturm die Kraft nehmen könnte. Shahin trägt Baskenmütze, Vollbart und Hornbrille, eine Jacke mit Fellkragen, schweren Silberschmuck. Der Stil: fünfzig Prozent Pariser Bohemien, dreißig Prozent Trapper, maximal zwanzig Prozent Rapper. Die Schürsenkel der schweren Stiefel sind offen. Die Botschaft scheint klar: Ich renne nicht mehr weg. Er spricht über Musik, neue Songs, den Plan, eine unplugged Tour zu starten. Trotzdem will man mit ihm natürlich über die Fatwa reden, die Flucht, die Angst, die Zeit im Untergrund; man will wissen, wie ihn das Leben im Fadenkreuz der Fanatiker verändert hat, ob er sich sicher fühlt, was er jetzt tun will. Der Zwang, mit ihm über den Song und die Fatwa zu reden, ihn, wenn man so will, darauf zu reduzieren, ist Teil dieser Geschichte.
Der Song „Naghi“ verbreitete sich im Frühsommer 2012 vor allem über YouTube und soziale Netzwerke.
Im Frühjahr 2012 ahnt Shahin, dass sein neuer Song für Ärger sorgen könnte. Er ruft seine Schwester im Iran an, legt den Telefonhörer auf den Tisch, nimmt die Gitarre in die Hand und beginnt zu singen: »Oh Naghi.« Er fragt: Was denkst du? Wird es sehr schlimm? Shahin fürchtet sich zu diesem Zeitpunkt nicht vor den Ayatollahs oder der berüchtigten Revolutionsgarde. Er sorgt sich um seine Mutter, die ihn am Telefon so oft beschworen hat: »Warum bist du so? Hör auf, so viel Ärger zu machen.« Denn Naghi ist nicht nur der zehnte Imam, ein Nachfahre des Propheten Mohammed, sondern auch der Vorname seines verstorbenen Vaters. Shahin will seiner Mutter keinen Kummer machen. Aber die Schwester sagt: Das ist ein schönes Lied.
Am 7. Mai ist Shahin in Paris und telefoniert mit einem Grafikdesigner, der an dem virtuellen Albumcover arbeitet, mit dem der Song im Netz illustriert wird. Er sagt: »Auf dem Bild fehlt noch eine Regenbogenfahne.« Das Cover zeigt nun eine Moscheekuppel, die, wer will, mit einer Silikonbrust verwechseln kann, über der das Symbol der Schwulenbewegung flattert. Das Bild ist mindestens so provokativ wie der Song, ein rauer, stampfender Track, der so ist wie der Iran selbst, archaisch und modern, kitschig und todernst. Shahin singt über ein Land, in dem die Sittenpolizei den Kopftuchlook mit Schlagstöcken durchsetzt und in dem weltweit die meisten Nasenoperationen durchgeführt werden. Er bittet um die Wiederkehr des mächtigen Imams, auf dass dieser das Land heile, er singt über die schiitische Heilsgeschichte und Fußballer aus Teheran, über Viagra, gespreizte Beine und Gebetsteppiche »made in China«. Shahin ist gespannt auf die Reaktionen, und er hofft, wenn er ehrlich ist, auch auf einen »kleinen Skandal«, ein bisschen Aufmerksamkeit. Er setzt sich an den Computer, geht auf Youtube und iranmusic.net, drückt auf Upload und verlässt das Hotel. Er weiß noch, dass es geregnet hat. Dann geht er auf eine Party, an die er sich nicht erinnert. Immer wenn man eine Botschaft abschickt, gibt man die Kontrolle darüber auf, wie sie verstanden wird.
Die Facebook-Gruppe „I Hate Shahin Najafi“ wächst schnell
Am nächsten Morgen erwacht Shahin mit Kopfweh. Er bekommt einen Anruf von Shahryar, seinem Manager und besten Freund. Shahryar ist wütend. »Hast du es schon gesehen?«, fragt er. Arabische Webseiten verbreiten eine Erklärung des Großayatollahs Lotfollah Safi-Golpaygani, in der dieser »Schamlosigkeiten gegenüber Imam Naghi« als Blasphemie verurteilt. Der Spruch wird von der iranischen Presse als Todesdekret verbreitet und mit Shahins Namen in Verbindung gebracht. Eine Fatwa. Shahin schließt erst einmal die Tür ab und macht alle Fenster zu. Er muss lachen, wenn er heute daran denkt: als ob das gereicht hätte, um hasserfüllte Angreifer auszusperren. Damals setzt er sich vor den Computer und beobachtet in Echtzeit, wie sich die tödliche Botschaft in der Welt verbreitet. Die iranische Website Shia Online setzt ein Kopfgeld von 100 000 Dollar aus, ein regimetreuer Musiker stellt ein Video ins Netz, in dem er schwört, Shahin umzubringen. Die Facebookgruppe »I hate Shahin Najafi« sammelt in kurzer Zeit knapp 4000 Likes. Es entsteht auch ein Browserspiel, in dem man mit einem Gewehr auf Shahin schießen kann.
Als Musiker ist es Shahin gewohnt, Kritik auszuhalten, als Stümper und Kommerzsklave beschimpft zu werden, kein Problem, aber was macht man, wenn ein ferner, fremder Geistlicher feststellt, man habe kein Recht, am Leben zu sein? Shahin reist von Paris zurück nach Köln und geht zur Kölner Polizeiinspektion. Die Beamten schauen ihn verständnislos an. Sie kennen sich mit Schlägereien, Einbrüchen und Taschendiebstählen aus. Er solle, sagen ihm die Polizisten, doch in ein paar Tagen wiederkommen. Shahin sitzt in seiner Wohnung und wartet. Nichts passiert. Erst als der Bestsellerautor Günter Wallraff einen Auf Aufruf zur »Solidarität mit Shahin Najafi« startet und die ersten Medien berichten, werden die Polizei und der Staatsschutz aktiv. Shahin wechselt den Wohnsitz, fortan meldet er der Polizei, wenn er das Haus verlassen will.
Shahins Problem ist nicht der Islam. Oder besser: nicht nur. »Der Iran ist nicht in der Moderne angekommen«, sagt er. Das liege aber nicht nur an den Mullahs, sondern auch an traditionellen, patriarchalischen Werten, der weitverbreiteten Homophobie und dem allgegenwärtigen Sexismus, einer Kultur, die keine Ironie und Metaebenen kennt. Shahin, so sieht er das, hat ein Problem mit Menschen, die ein Problem mit der Freiheit haben, die er sich nimmt. Aber als die Fatwa in die Welt kommt, wird er automatisch in eine Reihe gestellt mit Mohammed-Karikaturisten und anderen Islamkritikern, er wird Teil eines Konflikts, in dem, wie Salman Rushdie in seiner Autobiografie »Joseph Anton « schreibt, »zwei unvereinbare Realitäten regelmäßig miteinander kollidierten«.
Im Kampf der Kulturen gerät Shahin zwische die Fronten
In dem Moment verliert Shahin die Kontrolle über sein Image, seine Agenda, sein Werk. Die westlichen Medien feiern ihn als Märtyrer der Meinungsfreiheit, die iranische Botschaft wirft ihm vor, dass er sich auf Kosten der Religion Ruhm und Reichtum verschaffen wolle. Die einen steigern mit Bildern von brennenden Flaggen und wütenden Mobs die Einschaltquoten, die anderen lenken mit inszenierten Protesten von inneren Konflikten ab. Shahin ist plötzlich nur noch eine kleine Schachfigur im Kampf der Kulturen. Und kommt selbst nicht zum Zug.
Will man Shahin im Frühsommer 2012 besuchen, übernimmt man zwangsläufig eine Rolle in einem Agententhriller. Sein Manager ist der Einzige, der seine Handynummer besitzt, er beordert die Journalisten zu konspirativen Treffpunkten, führt sie über Umwege zum Versteck, schlägt Haken, wirft Nebelbomben. Shahin lebt zu diesem Zeitpunkt im Haus von Günther Wallraff in Köln, in dem dieser in den Achtzigerjahren bereits zeitweise Salman Rushdie versteckt hatte und in dem es deshalb Notausgänge gibt. Es ist eine seltsame WG, der Alt-68er und der Dissident aus dem 21. Jahrhundert. Und obwohl Shahin es genießt, mit Wallraff zu diskutieren, in der Bibliothek zu stöbern und Filme zu gucken, kommt er sich in dem Versteck doch oft vor »wie im Kloster«, einem Ort, an dem ihm ein fremder Gott die Regeln diktiert, obwohl er nicht an ihn glaubt.
Fast täglich kommen nun Hassmails und andere schlechte Nachrichten. Im Iran wird ein guter Freund von Shahin verhaftet. Shahin ist ein unruhiger Typ, oft klopft er mit den Füßen einen Beat, den nur er in seinem Kopf hört, er spielt mit seiner Uhr, dem Handy, dem Diktiergerät des Besuchers, er nestelt an dem Armband herum wie an einer säkularen Gebetskette. Er habe, sagt er, »keine Angst um meinen Körper«, sondern er leide unter der Schockstarre und dem Stillstand. »Ich bin Musiker, ich muss auf die Bühne!«, sagt er immer wieder. Und bleibt doch zu Hause. Fast den ganzen Tag sitzt er vor dem Computer, der Tür zur Welt, die sich Zentimeter für Zentimeter zu schließen scheint. Er stellt seine Ernährung um, er macht Liegestütze. Was kann man kontrollieren, wenn die Dinge außer Kontrolle geraten sind? Nur sich selbst.
Der Text des Lieds »Istadeh Mordan« (englische Übersetzung: hier) erinnert ein wenig an berühmte Protestsongs wie »Redemption Song«.
Shahin spielt nun eine neue Rolle: als politischer Dissident. Und man merkt ihm an, dass er mit dem Drehbuch so seine Probleme hat. Einerseits kennt er die Erwartung der Weltöffentlichkeit nach dramatischen Gesten und Slogans. Er sagt Sachen wie: »Ich lasse mich nicht mundtot machen«, er schreibt den Song »Aufrecht sterben«. Andererseits hat Shahin das Gefühl, im Schwarz-Weiß-Schema des Kulturkampfes immer mehr Farbe zu verlieren. Denn eindeutige Parolen sind nicht sein Medium. Im Gespräch springt er zwischen persischen Sagen, RTL-Soaps und Heidegger hin und her, manchmal hat man den Eindruck, er wolle um jeden Preis missverstanden werden – weil das ja ein großer Wert ist: nicht wegen jeder schrägen Metapher vor Gericht zu landen.
Er weiß das nur zu gut. Shahin wurde 1980 geboren, im Jahr eins nach der islamischen Revolution. Aufgewachsen ist er in Bandar-e Anzali, einer Hafenstadt am Kaspischen Meer. Er kommt aus einer kleinbürgerlichen, systemkonformen Familie. Der Vater ein pensionierter Polizist, Shahin ein guter Junge, der in die Moschee geht, daran glauben will, was die Alten sagen, und erst mit neunzehn Jahren ein Mädchen an die Hand nimmt, in der Dunkelheit des Kinos. Erst beim Armeedienst merkt er, dass etwas nicht stimmt mit seinem Land: als er wegen Undiszipliniertheiten und zu langer Haare immer wieder in der Arrestzelle landet. »Man sollte sein wie ein Stein.« Ein Objekt, das man nicht fragt, was es will, das man verächtlich wegwirft oder als Werkzeug benutzt, um andere Steine klein zu schlagen. Mitte der Neunziger geht es Shahin wie allen Teenagern auf der Welt, er hört zum ersten Mal einen Song von Nirvana, »die nur mit Gitarre, Schlagzeug und dieser Stimme etwas ganz Neues erschaffen.« Er geht in Musikläden, ignoriert die Schlager und traditionellen Gesänge, »Musik, die das Hirn weich macht«, er will das, was unter der Ladentheke steckt: Cobain, Waits, Dylan. Er kauft sich Textbücher mit Übersetzungen der Songtexte, um zu erfahren, was das alles bedeutet: »I’m so lonely, but that’s okay, I shaved my head / And I’m not sad (…) I’m not gonna crack.« Er kauft eine Gitarre und beginnt, Musik zu machen, die nicht so klingt wie Kurt Cobain, aber doch eine ähnliche Stimmung entfaltet: Chaos, Aufruhr, Einsamkeit, Verzweiflung. Und Mut natürlich, trotz allem.
Wegen einem Witz über Bärte muss er den Iran verlassen.
2005 muss Shahin den Iran verlassen, nachdem er für einen Song, in dem er sich über die Bärte der Mullahs lustig gemacht hatte, zu Gefängnis und hundert Peitschenhieben verurteilt wurde. Über die Türkei gelangt er nach Deutschland, wo er politisches Asyl beantragt. Er arbeitet in Fast-Food-Restaurants und macht weiter Musik, zunächst mit dem Hip- Hop-Kollektiv »Tapesh 2012«, später als Solokünstler. 2009 kommt es im Iran während der »Grünen Revolution« zu großen gewaltsamen Protesten. Shahin tritt auf Demonstrationen in ganz Europa auf und schreibt ein Lied über die Studentin Neda Agha-Soltan, die von einer Kugel getroffen und zur globalen Ikone der Proteste wurde. Er singt für die iranische Exilgemeinde. Aber eigentlich will er Musik machen für die Menschen im Iran und »sie mit Mut ausstatten, ihr Leben beschreiben«. Knapp zwanzig Jahre nachdem er durch Rockmusik politisiert wurde, werden seine Werke in iranischen CD-Läden unter den Theken verkauft. Ein Kreis schließt sich. Nichts ist besser.
An einem Herbstabend 2012 macht Shahin Najafiin der amerikanischen Universitätsstadt Berkeley einen ersten Schritt zurück in Richtung Normalität. Im »Wheeler Auditorium«, dem größten Vorlesungssaal des Campus, gibt er sein erstes Konzert seit der Fatwa. Das Gebäude sieht mit Säulen und dem weißen Stein aus wie eine Kirche. Shahin Najafierinnert sich, wie er über den Campus geht. An die Studenten, die auf dem Rasen sitzen, lesen, reden, flirten, Frisbee spielen. An den leichten Wind. Und daran, dass natürlich die Sonne scheint – California, Baby! An der Eingangstür des Gebäudes klebt ein Plakat. Es zeigt Shahin mit langen Haaren und Bandana-Tuch, auf dem er ein bisschen aussieht wie Johnny Depp in »Fluch der Karibik«. Es ist ein altes Foto – in den Wochen davor hat er sein Aussehen so oft gewechselt wie seinen Aufenthaltsort. Auf dem Plakat steht außerdem noch ein Zitat des Magazins »Spiegel«: »Die Stimme der jungen Generation im Iran«. Shahin weiß, dass die Menschen gekommen sind, um den »Salman Rushdie der Musik« zu sehen, wie ihn manche Medien nennen. Er mag den Vergleich nicht. Es geht ihm darum, dass er wieder Musik macht. Vor dem Konzert ist er nervös, nicht nur wegen der 800 Menschen hinter dem Vorhang. Er fragt sich: »Habe ich es noch drauf?«. Dann geht das Licht an.
Natürlich spielt er »Naghi«, den Skandalsong. Mehrmals. Das Publikum singt mit.
Die Nordamerikatour ist Flucht und Therapie zugleich. »Da habe ich alles nachgeholt, was im Versteck nicht ging«, sagt er: Cabrio fahren, Zigaretten rauchen, trinken. Er spürt in den USA die absolute Meinungsfreiheit. Ein Land, in dem man alles sagen kann, auch extrem dumme Sachen wie »Gott ist böse«. Die anderen müssen das nicht richtig finden, aber aushalten. Das ist eine andere Haltung als in Deutschland, wo ihm immer wieder Menschen sagen, er sei doch selbst schuld an seiner Situation, und dass man die Islamisten eben nicht provozieren dürfe. Shahin macht das traurig. »Freiheit ist wichtiger als Sicherheit«, sagt er. Shahin fühlt sich in Köln wohl, er mag den Barbarossaplatz, seinen bunten Kiez Ehrenfeld, sogar den Dom. Aber er fragt sich immer öfter, ob Deutschland noch das richtige Land für ihn ist.
Knapp ein Jahr nach der Veröffentlichung von »Naghi« hat Shahin beschlossen, dass die neue Normalität begonnen hat. Er hat sich eine Wohnung besorgt, er schreibt neue Songs und plant Konzerte in Stockholm, Paris und Amsterdam. Seine Kontakte beim Staatsschutz berichten von einer »leicht entspannten Sicherheitslage «, er selbst denkt, dass das Regime wegen der im Juni anstehenden Wahlen »andere Probleme hat«. Wenn Shahin nun mit seinem Manager Shahryar und der Band im Kombi auf Tour geht, wirken die Jungs wie eine ganz normale Band. Sie tingeln übers Land, haben Spaß und reden darüber, dass die Menschen ihre Songs downloaden und keine CDs mehr kaufen. Nur die reflexhaften Blicke in den Rückspiegel, die Bitte mancher Musiker, nicht fotografiert zu werden, und die Bodyguards auf den Konzerten erinnern daran, was da ist.
Über diesen aktuellen Song mit dem Titel »Period« regen sich nicht Mullahs auf, sondern Femministinnen aus New York.
Fragt man Shahin, ob er ein anderer Mensch geworden ist in den vergangenen Monaten, sagt er nur: »Ich bin ruhiger geworden.« Er meint vermutlich auch: gelassener. Konzentrierter. Was man nicht abwehren kann, sagt er, muss man annehmen. »Die Fatwa hat mich näher an den Iran gerückt.« 2009 hatte er ein schlechtes Gewissen, als sich die Demonstranten im Iran in Gefahr begaben und er passiv vor dem Bildschirm saß und versuchte, Worte und Melodien für das zu finden, was andere erleben. »Heute bin ich auch in Gefahr.« Er sagt das ruhig, fast freudig. Er glaubt, das tue seiner Musik gut.
Im Frühjahr 2013 sorgt ein neuer Song von Shahin Najafi für Wirbel im Internet. Diesmal kritisieren ihn allerdings keine Mullahs, sondern Feministinnen aus New York. Es gab da, erzählt er, wieder ein Missverständnis. »Täglich werden hunderte persische Songs ins Netz gestellt, nur bei mir gibt es immer Stress«, sagt er und wirkt sehr zufrieden.
Dieser Text ist in der NEON-Ausgabe vom Juni 2013 erschienen. Hier können Einzelhefte des NEON-Magazins nachbestellt werden. Alle Ausgaben ab September 2013 gibt es außerdem auch digital in der NEON-App.