Fotos: Tom Hoying
Als Brandon im »Legend Valley« ankommt, ist er pleite. Aus der linken Tasche seiner Baggy Pants zieht er sein Portemonnaie. Es ist leer. Ein paar Cents klimpern herum. Aus seinem Rucksack kramt er einen Gefrierbeutel, in dem dreißig Gramm Gras stecken. »Mehr brauche ich nicht«, sagt der 17-Jährige und lacht. Weil er sich zwar nicht ausschließlich von Marihuana ernähren kann, es aber trotzdem verdammt noch einmal versucht. Weil er weiß, dass er in den kommenden vier Tagen keinen Hunger leiden und ihm immer irgendjemand eine Flasche Wasser schenken wird, dass man hier auf ihn aufpasst. »So sind Juggalos«, sagt Brandon. »Wir sind eine Familie und helfen uns.
«Die »Juggalos« sind Fans des amerikanischen Horrorcore-Rap-Duos Insane Clown Posse (ICP), das sich selbst als »die verhassteste Band der Welt« bezeichnet. Nach außen geben sich ICP und die Juggalos wild und wütend, verschrecken Bürger mit bemalten Gesichtern, Horrorvideos und Drogenkonsum, zueinander aber sind sie nett, tolerant, ja fast sanft. Seit dem Jahr 2000 treffen sich jeden Sommer Tausende Juggalos zum »Gathering«. Innerhalb von vier Tagen lernt man hier nicht nur viel über eine schnell wachsende Subkultur, sondern auch einiges über die Nicht-mehr-ganz-so-super-Macht USA.
Was man in vier Tagen auf dem »Gathering« so alles sieht: Einen Typen, der sich mit Brandbeschleuniger überschüttet und anzündet. Zum Glück haben seine Freunde einen Feuerlöscher dabei. Ein Mädchen in Hotpants, das einem Typen, dessen Bauch bis zum Boden hängt, einen Lapdance gibt. Zwei Mädchen, die an einem Wettbewerb teilnehmen, der ganz harmlos »Wet-T-Shirt-Contest« heißt, und sich dann Zwei-Liter-Plastikflaschen in den Hintern stecken. Das »Gathering« ist eine Mischung aus Freakshow und sozialem Experiment. Jeder probiert alles aus und macht, was er will. Juggalos ersetzen nicht die wahre Familie, aber sie erleichtern es vielleicht, damit umzugehen, dass man keine hat.
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