»Die 100 wichtigsten jungen Deutschen« vor. Zehn Jahre später haben wir uns wieder auf die Spur unserer »Top 100« gemacht und wollten wissen: Was ist aus dir geworden? Teil 3 unserer Serie, unter anderem mit Didi Hamann, Jan Delay und Daniel Brühl.
21 – Carsten Schneider, 37, Politiker
NEON, Ausgabe 01, 2003:
SPD- MdB, stellvertretender Sprecher im mächtigen Haushaltsausschuss. Treibt den Forschungsausbau Ost voran, »Straßen sind genug gebaut. Jetzt müssen wir in die Köpfe investieren«. Gleiches gilt privat, Schneider heiratet im Sommer, will Kinder. »Da bin ich konservativ.«
Heute:
Hat fleißig Karriere gemacht. Und zwar auf einem Gebiet, das als eher öde gilt. Seit 2005 ist Schneider haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Außerdem ist Schneider Sprecher des Seeheimer Kreises, in dem sich die Parteirechten organisieren. Sympathisch ist er trotzdem. Das haben wir ihn erfahren, als wir ihn im Rahmen der Rubrik »Auf ein Glas mit…« in Erfurt trafen (NEON 08/13). Und wenn irgendwann mal die SPD tatsächlich wieder an der Regierung ist und einen Finanzminister sucht: Schneider hätte gute Chancen.
22 – Mathias Modica, 38, Jonas Imbery, 38, Musiker
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Die beiden führen das Münchener Label ‚Gomma‘. Machen alles, was Spaß macht. Elektro, deutschen Punk-Funk, Münchener GarageChanson, das ‚Amore‘-Magazin und T-Shirts. In zehn Jahren? »Sind wir im Besitz des FC Palermo.«
Heute:
Treten in der ganzen Welt auf und halten das Label »Gomma« am Laufen. Modica lebt mittlerweile in Marseille. Mit dem einst gemeinsamen Projekt »Munk« ist er seit 2008 alleine unterwegs. Inzwischen eine Berühmtheit unter den Geheimtipps.

23 – Daniel Brühl, 35, SchauspielerNEON, Ausgabe 01, 2003:
In Filmen wie »Good Bye Lenin« als Schwiegermutter-Traum besetzt. Muss sich dabei nicht verstellen: ein irre netter Kerl.
Bewies in »Das weiße Rauschen«, dass er glaubhaft verrückt sein kann. Feierte eben zweiten Verlobungs- Jahrestag mit Jessica Schwarz. Nächster Kino-Film kommt im Herbst, Arbeitstitel: »Die Liebe in Gedanken.« – »Ich hoffe aber, der Titel ändert sich noch.« Wird ein ganz, ganz Großer. Wenn er’s nicht schon ist.
Heute:
Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Spanien gehört Brühl mittlerweile zu den bekanntesten Schauspielern des Landes. Durch »Inglourious Basterds« wurde er erstmals in den USA wahrgenommen. Ab Oktober sieht man Brühl als Formel-1-Legende Niki Lauda in »Rush«. Regie führt Oscarpreisträger Ron Howard.
24 – Hermann Stainer, 28, Web-Gear-Erfinder
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Jugend-forscht-Gewinner. Hat den Internet-Editor »Web Gear« erfunden: Damit schaffen es auch völlige Computer-Trottel, eigene Homepages zu basteln. Hat dann eine Firma gegründet. Geschäftsführer Stainer muss noch sein Abitur machen – und träumt weiter vom großen Coup im IT-Bereich.
Heute:Gewann damals einen Jugend-forscht-Preis mit seinem Baukasten für Websites. Studierte in Deutschland und Japan BWL und pflegt sein Projekt noch immer. 500.000 Nutzer hat er bereits. Mit seiner neuen, englischen Version sollen es ab Ende des Jahres noch mehr werden.
25 – Daniel Kehlmann, 38, Schriftsteller
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Gefeiert für seinen Roman ‚Ich und Kaminski‘, sein fünftes Buch. Vergleiche mit Proust und Nabakov. Der Münchener lebt in Wien und schreibt an seiner Promotion in Philosophie über »Kant, der Begriff des Erhabenen». Und bleibt vergleichsweise lässig.
Heute:
Lehrte inzwischen an verschiedenen Hochschulen. War unter anderem Dozent für Poetik an der Uni Göttingen und der FH Wiesbaden. Im Sommersemester 2012 hatte er eine Gastprofessur an der New York University. Als Autor des Theaterstücks »Geister in Princeton« wurde er 2012 mit dem Nestroy-Theaterpreis ausgezeichnet. Im September erscheint sein neuer Roman »F«. Außerdem mischt er sich gerne in Feuilleton-Debatten ein.
26 – Jördis Janssen, 31, Juristin
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Jördis Janssen, 21, Forscherin. Hat das schlaue Gerät »Nos- co2« erfunden. Damit können Blinde Konservendosen erkennen oder Medikamente auseinander halten. Seit einem Jahr ist es auf den Markt, Janssen studiert derweil Jura und wartet auf neue Ideen.
Heute:
Konzentrierte sich nach ihrem Erfindungserfolg von sprechenden Etiketten vorerst auf ihr Studium. Ihre Dissertation hatte den Titel: »Bilanzorientierte Kapitalerhaltung oder Solvenztest – Vergleichende Analyse aktienrechtlicher Ausschüttungskonzepte«.

27 – Jan Delay, 37, Musiker
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Wahlweise auch Jan Eißfeldt oder Eizi Eiz genannt. Wurde berühmt mit den Absoluten Beginnern und einer Coverversion von Nenas »Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann«.
Unter den deutschen Hip-Hop- Stars der ernsthafteste, klügste – und beste. Neue Single der Beginner: »Fäule«.
Heute: Ist von Rap auf Soul umgestiegen und hat so schon mehrfach die Spitze der Albumcharts erobert. Dass er kleinen Zeichentrickraben seine Stimmt lieh, werden wir vielleicht in 50 Jahren nicht mehr wissen, zu »Oh’Jonny« aber noch die Hüften schwingen.
28 – Didi Hamann, 39, ehemaliger Fußballprofi
NEON, Ausgabe 01, 2003: Rennpferdbesitzer, sonst aber wenig Glamour. Hat mehr Ahnung von Fußball als die meisten Experten und wird mal ein sehr erfolgreicher Trainer.
Heute:
Hat nach seiner aktiven Fußballkarriere keine besonders erfolgreiche Trainerlaufbahn eingeschlagen, wie von vielen vermutet. Er hetzte mal ein paar Zweit- und Fünfligisten der englischen Liga über den Rasen, was ihm aber schnell zu bunt wurde. Dafür steuerte er als Experte im irischen Fernsehen kluge Kommentare bei, während der letzten WM und EM, und wird auch bei Spielen der englischen Premier League zu Rate gezogen. Wie er sich alberne Twitter-Streitigkeiten mit Fußballkollegen liefert und mal in einer Nacht 345.000 Euro verspielte, erzählt er uns ausführlich in seinem 2012 veröffentlichtem Buch »The Didi Man: My Love Affair with Liverpool« – (ja es heißt wirklich so!).
29 – Birgit van den Valentyn, 35, Werberin
NEON, Ausgabe 01, 2003: Arbeitet als Juniortexterin bei Scholz & Friends in Berlin. Hat 2003 drei ADC-Medaillen mit ihrem Partner Tim Stübane gewonnen. Denkt viel über »Riesenduftbäume« für DaimlerChrysler nach und wie man den Kirchentag lustiger machen kann. Will in zehn Jahren eine »Hot-Spot-Agentur« im Süden haben, »mit Blick auf den Ozean«.
Heute:
Hat sich bei den Werbeagenturen Scholz&friends und DDB in Berlin hochgearbeitet bis zum Creative Director und war kreativ für Ikea, Bosch und Volkswagen. 2011 war sie dann, gemeinsam mit ihrem langjährigen Partner Tim Stübane Mitbegründerin von Ogilvy&Mather Berlin.
30 – Christoph Gottschalk, 36, Headhunter
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Christoph Gottschalk, 26, Berater des französischen Premierministers Jean-Pierre Raffarin. Eigentlich noch Politikstudent in Berlin, aber seit dem 1. Juni erklärt er Raffarin auch die deutsche Sicht in Fragen der Kultur, Erziehung und Jugend. Will »Elan« in die deutsch-französischen Beziehungen bringen.
Heute:
Saß bis 2005 als Berater von Jean-Pierre Raffarin im französischen Kabinett. Nach dem Master »European Public Policy« in London, begann Gottschalk als Headhunter im renommieren Unternehmen Russell Reynolds Associates Top Leute für Führungspositionen zu suchen.
Fotos: Getty Images