Nach kurzer Diskussion war klar: Die Aufgabe »Barbier« muss Tobias allein übernehmen, Lukas und Markus wollten sich partout nicht von ihren Bärten trennen. Tobias stellte sich und kam hinterher sogar richtig ins Schwärmen. Heute muss das NEONreise-Team in Marrakesch die letzte Aufgabe bewältigen: »Schafft es in eine marokkanische Zeitung.« Wir wünschen viel Erfolg! Morgen geht’s zurück nach Deutschland – mit einer allerletzten Aufgabe, gestellt von der Redaktion…
Tobias‘ Bericht aus Ait-Ben-Haddou, 3. Februar 2014
Der US-Autor James Surowiecki schreibt: »Wenn sich ein Individuum großer Komplexität und Ungewissheit gegenüber sieht, geht es mit hoher Wahrscheinlichkeit schief.« Surowiecki hat das Buch »Die Weisheit der Vielen« geschrieben, in dem er das Phänomen beschreibt, dass Massen von Menschen oft bessere Entscheidungen treffen als scheinbar kompetente Individuen. Das Buch war ein weltweiter Bestseller.
Auf der Reise nach Marokko, das kann man wirklich sagen, sehen wir uns großer Komplexität und Ungewissheit gegenüber und sind der Weisheit der vielen NEON-User ausgeliefert. Jeden Tag warten wir darauf, in welche Richtung und auf welche Mission sie uns heute wohl schicken.

Heute entschied der Weltgeist: Du musst dich mal wieder rasieren. Gehe zum Barbier und seinem scharfen Messer.
Da Markus und Lukas glaubhaft behaupten, dass man ihnen ohne Bart sofort den Reisepass abnehmen und sie nach Hause zu ihren Eltern schicken würde, stehe ich um 12 Uhr vor dem Dorfbarbier in Agdz und beobachte durch das Fenster wie er das Rasiermesser wetzt. Ich rasiere mich normalerweise mit dem hypermodernen 17-Klingen-Dual-Hydro-Power-3000-System von Gilettewilkinson oder einem elektrischen Trockenrasierer und halte diese Werkzeuge eigentlich für zivilisatorische Errungenschaften: Im 21. Jahrhundert muss man sich als Mann schon anstrengen, um sich beim Rasieren zu schneiden.
Und dann ist es doch eine sehr gute Erfahrung: Der Barbier seift mich drei Mal mit dem Rasierpinsel ein, schärft mehrmals das Messer, verwendet Rasierwasser (brennt!) und Rosenöl (riecht!) und braucht für die Prozedur ungefähr fünf Mal so lang wie ich morgens unter der Dusche.
Aber das ist diese Marokko-Reise eben auch, ein Schnellkurs in Entschleunigung. Was hat der Kellner in Essaouira noch gesagt, als wir nachfragten, wo denn die Rechnung bliebe: »Ihr Europäer habt die Uhr, wir haben die Zeit.«
Nach zehn Tagen Marroko weiß ich, was er meint.

Eigentlich, denke ich mir, wäre es praktisch, die »Weisheit der Vielen« in noch viel größerem Ausmaß zu nutzen. Soll ich was essen? Was genau soll ich essen? Wie viel Trinkgeld soll ich geben? Ist es schon Zeit fürs Bett?
Hallo?
Weltgeist?
Ich höre nichts!
Was wir heute gelernt haben:
– In Agdz ist Ibuprofen 600 ein anerkanntes Zahlungsmittel.
– Im Januar ist der Swimming Pool wirklich noch zu kalt.
– Die Filmstudios in Ouazazate nennen sich auch Ouallywood und werden von chinesischen Touristenbussen besucht.

Zur Feier des letzten Tages hat die Redaktion abgestimmt, was Tobias, Gundi, Nora, Lukas und Markus an ihrem Abreisetag tun sollen. Das kam dabei heraus: »Fliegt in Berbermontur zurück nach Memmingen. Schreibt und vertont auf der Reise ein wirklich gutes Marokko-Gedicht (ja, es muss sich reimen) und tragt es in Memmingen vor.«

Wir haben ein Team aus fünf Freunden (hier stellen sie sich im Video vor) auf ein großes, für sie selbst komplett unberechenbares Abenteuer in Marokko geschickt. Jeden Tag können die NEON-Leser im Blog darüber abstimmen, welche Aufgabe Tobias, Nora, Lukas, Gundi und Markus am nächsten Tag erledigen sollen. Unter dem Hashtag #NEONreise könnt ihr live mitverfolgen, was die Fünf gerade in Marokko erleben. Hier findet ihr alle bisherigen Beiträge der Reise. In einem NEON-Wendeheft, das im März erscheint, könnt ihr das Abenteuer dann als große gedruckte Magazingeschichte nachlesen.
Viel Spaß auf dieser Reise,
Eure NEON-Redaktion