Absolut vorbildlich: Die nicht geschaffte Aufgabe vom Montag, diese extrem klebrigen marokkanischen Süßigkeiten zu backen und den ganzen Tag nichts anderes zu essen, hat unser NEONreise-Team heute einfach nachgeholt. Auch die eigentliche Tagesaufgabe, fünf seltsame Meerestiere zu angeln, wurde mehr oder weniger erledigt, trotz Extrem-Wind, wie ihr im Video sehen könnt. Da trifft sich die heutige Aufgabe bestens: Tobias muss allen anderen das Surfen beibringen – wir wünschen viel Spaß! Für morgen stehen ein Discobesuch in Berbermontur und ein Besuch beim Hardcore-Masseur zur Auswahl. Macht mit bei der Abstimmung!
Tobias‘ Bericht aus Essaouira, 28. Januar 2014
Nie wieder in meinem Leben, das steht fest, werde ich Smarties oder Mars oder Kitkat essen. Nie wieder Krapfen, Donuts, Creme Brulee. Auch damit ist Schluss. Schuld daran ist Jilali Ottomani, der die 1927 gegründete Patisserie in Essaouira führt. Frühmorgens betreten wir das kleine Ladengeschäft in der Nähe des Hafens und beschließen sofort, für immer zu bleiben: Auf der Theke stehen Silbertabletts mit dampfenden Apfeltaschen, Nusshörnchen, Croissants und Mandelhoniggebäck. Jilali sagt: »Klassisches französisches Gebäck mit einem marokkanischen Twist.« Dazu gibt es Café Noir, der uns endlich wach macht.
Weil wir uns immer noch ärgern, dass wir die zweite Mission der #NEONreise wegen höherer Umstände nicht erfüllen konnten, überreden wir Jalil, uns am Nachmittag beim Zubereiten des Teigs und der magischen Füllungen helfen zu lassen. Er zögert erst, willigt dann aber doch ein, uns als erste Touristen überhaupt seine Backstube zu zeigen – »verrätst du mir etwa die Geheimnisse, die deine Familie seit 100 Jahren ernähren?«
Die Ottomanis, erfahren wir, sind tief in der Stadt verwurzelt, Hamza Ben Driss Ottomani, der Onkel von Jilali, ist nicht nur erfolgreicher Geschäftsmann, er schreibt auch historische Abenteuerromane über die Region. Beim Verlassen des Cafés sehe ich neben dem omnipräsenten Portrait des Königs und den Auszeichnungen von Gourmet-Magazinen auch einige seiner Bücher, »Les fils du soleil« zum Beispiel, das die Odyssee eines portugiesischen Soldaten im 16. Jahrhundert in Marokko und dem heutigen Senegal erzählt.
Essaouira war eben schon immer ein »Melting Pot«; Kolonialstadt, Piratennest, Berberfestung, inoffizieller Hafen der Königsstadt Marrakesch (und heute sitzen die Pseudohippies aus Europa neben der marokkanischen Mittelschicht, die das mit dem Strandurlaub mal ausprobiert, Aussteiger, Suchende, allesamt).
Das alles sehen wir, als wir auf den alten Festungsturm am Hafen steigen und uns dem Boxkampf mit dem Wind, der an diesem klaren, kalten, sonnigen, blauen Tag mit Stärke 8 bläst, stellen. Paradoxerweise ist es, wie Gundi feststellt, am wärmsten und angenehmsten, wenn man sich direkt in den Wind stellt – warum das so ist, ist uns nicht ganz klar: Isoliert die enorme Luftströmung den Körper oder wirkt die haptische Stimulation der Haut durch die Windböen durchblutungsfördernd? Bis uns jemand die Antwort verrät – ist zufällig ein Biophysiker unter den Lesenden? – nennen wir das neu entdeckte physikalische Gesetz: Anomalie der Luft.

Der Sonnen-Sturm war auch der Grund, warum wir leider nicht mit einem Fischerboot in See stechen und unser Abendessen fangen konnten. Wir hatten am Hafen zwar Hassan getroffen, der fünf Jahre im Rheinland geschafft hat und noch heute fließend Deutsch mit einen starken Kölschen Akzent spricht – »ich habe Heimweh nach Deutschland«, sagte er. Hassan versprach, uns mit aufs Meer zu nehmen, aber wegen dem Wind und der Wellen blieben die Fischer von Essaouira an diesem Tag im Hafen, versteckten sich in ihren blauen Holzbooten vor dem Wind, rauchten ein bisschen Haschisch und flickten ein bisschen die Netze. Dann war es auch schon wieder dunkel.
Instagram-Video-Beweis von Lukas: Es war wirklich windig!
Wir haben noch versucht, privat ein Boot zu mieten und eine kleine Runde durch die Bucht zu drehen. Ich war echt überrascht, als mir gesagt wurde, dass es Touristen untersagt ist, ohne Bootsführer und ein vom Tourismusbüro lizensiertes Boot den Hafen zu verlassen. Aber an der Amalfiküste, protestierte ich, konnte ich vergangenen Sommer mit meiner Freundin ohne Probleme ein Boot mieten und über das Meer fahren, frei wie ein Fisch. Keine Chance. »Das hier ist nicht Italien«, sagt der Hafenkommandant, »Wir haben Regeln.«
Was wir heute gelernt haben:
– An marokkanischen Kickertischen darf die rechte Spielfigur der vordersten Sturmreihe keine Tore erzielen (es droht Punktabzug). Arjen Robben ist sozusagen raus.
– Apfeltaschenbacken ist ein gutes Bizepstraining.
– Bei Langusten stehen Proteinanteil und Chitinanteil (Panzer, Zangen etc.) in keinem Verhältnis.

Am heutigen Mittwoch wird gesurft, das hat das gestrige Voting ergeben. Was sollen Tobias, Gundi, Nora, Lukas und Markus am Donnerstag tun? Stimmt jetzt mit ab!

Wir haben ein Team aus fünf Freunden (hier stellen sie sich im Video vor) auf ein großes, für sie selbst komplett unberechenbares Abenteuer in Marokko geschickt. Jeden Tag können die NEON-Leser im Blog darüber abstimmen, welche Aufgabe Tobias, Nora, Lukas, Gundi und Markus am nächsten Tag erledigen sollen. Unter dem Hashtag #NEONreise könnt ihr live mitverfolgen, was die Fünf gerade in Marokko erleben. Hier findet ihr alle bisherigen Beiträge der Reise. In einem NEON-Wendeheft, das im März erscheint, könnt ihr das Abenteuer dann als große gedruckte Magazingeschichte nachlesen.
Viel Spaß auf dieser Reise,
Eure NEON-Redaktion