Zuhause Mamma Mia!

  • von Jakob Schrenk
Zuhause: Mamma Mia!
Warum kochen Italiener so gut? Unser Autor ging bei Großmüttern aus Bologna in die Lehre.

Text: Jakob Schrenk / Fotos: Stephanie Füssenich

Mein Gott, bin ich ein schlechter Gast. Und ein schlechter Schüler. Seit einer halben Stunde stehe ich in der Wohnung von Elisa herum, und schon weint die Frau. Eigentlich wollte mir Elisa erklären, wie man perfekte Tagliatelle macht, und das heißt ja wohl auch: wie man ein gutes Leben führt. Schon beim Teigausrollen stelle ich mich dumm an, aber das ist es nicht, was Elisa Tränen in die Augen treibt. Wesentlich ungeschickter als mein Umgang mit dem Nudelholz ist mein Versuch, eine Konversation zu führen: »Kocht dein Mann auch?«, will ich von Elisa wissen. Die macht eine lange Pause und antwortet dann: »Nicht mehr.« Ich kapiere gar nichts und frage: »Warum denn nicht?« – »Alzheimer«, sagt Elisa. Ihr rechter Mundwinkel beginnt zu zittern. Keine Ahnung, was ich jetzt tun soll. Elisa sieht eigentlich nicht so aus, als würde sie es mögen, getröstet zu werden. Elisa ist 72 und hat die raue, laute Stimme einer Frau, die seit Jahrzehnten eine Großfamilie kommandiert. An ihren weichen Busen hat sie, so stelle ich mir das vor, tausende Kinderköpfe gedrückt. Toupierte Haare. Gute Augen. Eine echte italienische Großmutter. Eine Nonna wie aus dem Bilderbuch oder besser: wie von der Umschlagseite eines Kochbuchs, das die »echte Hausfrauenküche« verspricht. Elisa trocknet sich mit den Fäusten die Augen, eine rührend grobe Geste. Dann stellt sie sich auf die Zehenspitzen, um mir in die Wange zu kneifen, und sagt: »Schluss mit den traurigen Dingen. Du bist hier, um zu genießen. Und um gut zu essen. Und viel.«

Mein Programm für die nächsten drei Tage hat Elisa gut beschrieben. Tatsächlich gibt es noch einen weiteren Grund, warum ich hier in Bologna bin: Ich will endlich eine Antwort auf die Frage, die ich schon als Kind gestellt habe, in irgendeinem Restaurant auf Sardinien. Warum kochen die Italiener viel besser als die Deutschen? Meine Eltern wussten damals nicht weiter, dabei kommt meine Mutter aus Italien und ist selbst eine gute Köchin.

Die Wissenschaft, das habe ich mittlerweile herausgefunden, ist auch nicht viel besser informiert. Soziologen untersuchen SMS-Abschiedsformeln in kulturvergleichender Perspektive, interessieren sich aber kaum für den wunderlichen und ärgerlichen Umstand, dass in Europa auf engstem Raum primitive (Deutschland, Holland) und hoch entwickelte (Frankreich, Italien) Nationalküchen nebeneinanderher existieren. Ist das wirklich nur Zufall? Ich beschloss, zum kulinarischen Ethnologen zu werden, der nicht zu den Primitiven reist, sondern zu einem Stamm, der viel kultivierter ist als der eigene. Für die Feldforschung bot sich Bologna an, die Hauptstadt der schweren italienischen Küche. Tortellini und Mortadella wurden hier erfunden. Meine Untersuchungsobjekte sollten keine Sterneköche sein, die ähneln einander ja überall auf der Welt, sondern die Heiligen der authentischen italienischen Küche: Großmütter wie Elisa, die von morgens bis abends am Herd stehen. Klingt nach einem Klischee? Stimmt! Ich habe aber auch gelesen, dass die Italiener durchschnittlich neunzehn Prozent ihres Nettoeinkommens für Essen ausgeben, in Deutschland liegt dieser Anteil bei elf Prozent.

Zuhause: Mamma Mia!

In Elisas Wohnung erinnert nichts an ein sympathisch südländisches Chaos. Auf einem Tischchen liegt ein Schlüsselbund, die vier Schlüssel sind auf zwölf, drei, sechs und neun Uhr ausgerichtet. Aus der Spüle hat Elisa die Wassertropfen gewischt. Es ist totenstill, nur der Kühlschrank murmelt ein Selbstgespräch. »Für einen guten Teig muss man konzentriert und schnell arbeiten«, sagt Elisa, schlägt zwei Eier auf ein Häufchen Mehl und beginnt zu kneten. Mir schmerzen nach drei Minuten die Finger. Ich sehe, dass Elisas Unterarme zum Handgelenk hin etwas dicker werden, als hätte sie dort einen zusätzlichen Knochen, der ihr noch mehr Kraft und Stabilität bringt, als wäre das Nudelkneten eine ihr von der Natur auferlegte Bestimmung. Eine Nudelmaschine, in Deutschland ein chromglänzendes Statussymbol (»Wir machen unsere Nudeln selbst«), würde Elisa nie anrühren. »Man muss die Pasta mit der Hand auswalzen.« Mein Teig ist zu dick und hat trotzdem Löcher. Elisas Teig ist glatt, geschmeidig und fast durchsichtig. Sorgfältig hängt sie ihn über die Wäscheleine ihres Balkons wie ein Stück feine Seide.

Elisas Eltern waren Bauern, als Zwölfjährige kochte sie dreimal am Tag: angebratene Nudeln am Morgen, Pasta am Mittag, Minestrone am Abend. »Statt Eier habe ich Wasser für den Teig genommen. Aus Brennnesseln kann man eine sehr gute Soße machen.« Mit einfachen Zutaten großartig kochen – genau das ist das Ideal der Cucina povera, der Armeleuteküche, die ja, längst zu einem Fremdenverkehrsklischee geworden, Touristen in Landgasthäuser treibt, wo sie Hauswein aus Pressgläsern trinken. Elisa rollt den Pastateig zusammen, schneidet ihn in halbfingerbreite Streifen und fragt mich, wie oft ich in der Woche koche. Ich sage, dass das Kochen für mich eine Art Hobby ist. Elisa versteht das Wort Hobby nicht. Elisa steht in der Küche, wie ein anderer Mensch im Büro herumsitzt, es ist eine alltägliche Beschäftigung, der sie trotzdem leidenschaftlich und mit höchstem Einsatz nachgeht, acht, zehn, zwölf Stunden am Tag. Elisa isst nie im Restaurant, weil sie dort nicht weiß, woher das Gemüse kommt. Sie bezieht ihr Öl von ihrem Bruder, einem Olivenbauern.

Die Tomaten von einem Freund des Bruders. Elisa nimmt die Nudeln aus dem kochenden Wasser und vermischt sie mit der Soße. Und dann darf ich endlich probieren. Als würde jemand direkt in meinem Kopf auf einer Orgel vier oder fünf Töne anschlagen, die perfekt zueinanderpassen. Ich selbst habe übrigens mit dem Italienischkochbuch von Jamie Oliver das Kochen gelernt. Oliver verpasst allen klassischen Gerichten einen Twist, er motzt sie auf mit Zitronenschale oder frischen Kräutern. Das schmeckt spektakulär. Aber längst nicht so klar und so gut wie bei Elisa. Am nächsten Morgen laufe ich über den Altstadtmarkt und komme mir bescheuert vor. Der Vormittagsnebel wirkt als natürlicher Weichzeichner, die Backsteinhäuser der Stadt färben das Sonnenlicht rosa, ein ständiger Sonnenaufgang liegt über Bologna. Und wie ich zwischen den Gemüseständen »herumschlendere «, würde ich mich auch nicht wundern, wenn Gitarrenmusik erklänge und ich mich in einem Werbespot wiederfände, vielleicht als Ferrero-Gräfin, die nach einer viel zu langen Sommerpause auf der Suche nach der perfekten Piemontkirsche ist. Die deutsche Liebe zu italienischen Gemüsesorten und Menschen ist auch irgendwie rührend. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben uns die Amerikaner demokratisiert und die Italiener zivilisiert. In den Pensionen von Riccione und den Pizzerien von Hagen gingen die Deutschen in eine Schule der Lebensfreude und des guten Geschmacks. Die Frage ist: Wann bekommen wir unser Abschlusszeugnis? Und was steht drin?

Luisa, eine weitere Nonna, die mich heute über den Markt dirigiert, hat nicht nur in der heimischen Küche gearbeitet, sondern lange Zeit an einer Grundschule unterrichtet. Auch bei mir verfolgt sie einen pädagogischen Ansatz. »Du kannst heute viel lernen über gute Produkte, das ist die Basis des guten Essens.« Über der Oberlippe hat Luisa Dutzende senkrechte Fältchen, es sieht aus, als trüge sie einen eleganten Schnurrbart. Luisa reicht mir bis zur Hüfte, neben ihr fühle ich mich wie ein klobiger, plumper Germane. Sie hakt sich immer wieder bei mir unter, aber dann fällt ihr auf, dass sie so nur mit einer Hand gestikulieren kann, also macht sie sich jedes Mal wieder los.

Zuhause: Mamma Mia!

Mindestens zwei Gründe gebe es für die kulinarische Überlegenheit der Italiener, doziert Luisa. Zum einen die Geschichte: Süditalien sei in den Jahrhunderten vor Christus von den Griechen besetzt gewesen, die gut entwickelte Kochkultur breitete sich dann weiter nach Norden aus. Und natürlich das Wetter: »Wir haben mehr Glück als ihr Deutschen. Es ist nicht zu kalt und nicht zu heiß. Hier wächst alles. Das ist ja eine Aufforderung, etwas Gutes daraus zu machen.« Vor einer Bäckerei steht ein Bettler. Luisa betrachtet ihn mitleidig und sagt: »Es gibt keinen schlechteren Ort auf der Welt als Bologna, um Hunger zu haben. Es geht ja überall nur ums Essen, und das ist so teuer.« Schon am Mittag bilden sich Schlangen vor den Restaurants.

Die riesigen Schinken in den Schaufenstern der Metzgereien werden von den Passanten so ehrfürchtig betrachtet wie Brillanten. Die Autos, die vor Blumentöpfen geparkt sind, sehen aus wie Vieh, das aus Futtertrögen isst. Luisa geht in eine Bäckerei, kommt mit einer Tüte wieder heraus und drückt sie dem Bettler in die Hand. Der Mann trägt polierte Schuhe. Er mault: »Das ist ja total trocken! Hättest du nicht was mit Prosciutto kaufen können?« Glaubt man John Dickie, dem Autor von »Delizia! Die Italiener und ihre Küche«, ist es kein Zufall, dass viele italienische Gerichte nach Städten benannt sind: Spaghetti Napoletana, Bistecca Fiorentina. Der Adel und das Bürgertum in den italienischen Städten hätten den kulinarischen Genuss verfeinert. Dickie schreibt: »Italien hat unter allen Staaten der Erde die reichhaltigste Tradition städtischen Lebens, und die italienische Ernährungsweise ist ein Teil dieser Tradition.« Dickie hält wenig von der Verklärung der »Cucina povera«, die ich ja auch in diesem Artikel betreibe. Die Bauern hätten schrecklich gegessen. Aber stimmt das? Könnte es nicht sein, dass das Volk die Adelsgerichte mit bescheidenen Mitteln nachahmte? Und dass gerade so eine Nationalküche entstand, die gleichzeitig simpel und raffiniert ist?

Die Maccheroni werde Italien vereinen, hat Giuseppe Garibaldi prophezeit, der italienische Staatsgründer. Und als sich die Italiener erst einmal für das kulinarisch auserwählte Volk hielten, wurde eine Art selbsterfüllendes Klischee daraus. Die Deutschen glauben an den »Made in Germany«-Mythos und melden Patente an. Und die Italiener kochen so gut, weil sie die ganze Zeit erzählen, dass sie so gut kochen – und deshalb unter Beweisdruck stehen. Am letzten Tag meiner Reise bin ich bei Anna-Maria eingeladen, einer Dame mit weißem Haar und so viel Würde, dass ich sie fast mit Handkuss begrüße. In ihre Küche will mich Anna-Maria nicht lassen. Also sehe ich ihr vom Esszimmer aus zu. Anna-Maria tänzelt über die Dielen, öffnet Schubladen, rührt in Töpfen, ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob sie immer die Augen geöffnet hat. Ich besitze 52 Kochbücher, Anna-Maria nur ein einziges, in das sie nie schaut. Ich messe schon mal mit dem Geodreieck die Länge eines Fleischwürfels nach. Anna-Maria verwendet weder Messbecher noch Waage. Sie improvisiert aber auch nicht, sondern folgt Gesetzen, die ihre Mutter, Großmutter oder gleich die Griechen auf Sizilien aufgestellt haben. Sie weiß exakt, wie breit die Lücke zwischen Topf und Deckel sein muss, damit die Soße richtig köchelt. Erklären kann Anna-Maria diese Regeln nicht, aber eine Sprache sprechen wir ja auch dann erst perfekt, wenn wir ihre Grammatik so tief verinnerlicht haben, dass sie uns nicht mehr bewusst ist. Anna-Maria serviert eine Focaccia, Tortellini, in Milch gekochtes Rindfleisch sowie einen Schokoladenkuchen. Wenn ich erzählen würde, wie es geschmeckt hat, würde man mich maßloser Übertreibung verdächtigen.

Anna-Maria isst nicht mit, sondern kommt nur an den Tisch, um mir mit einem formvollendeten Lächeln noch eine Portion aufzugeben. Merkwürdig, dass wir die Italiener immer für temperamentvoll, impulsiv und irgendwie wild halten. Tatsächlich habe ich selten so förmliche Frauen gesehen wie Elisa, Luisa und Anna-Maria. Ein italienischer Kellner flirtet mit wirklich jeder Frau, weil er das für einen Teil seiner Jobbeschreibung hält. Er verstellt sich und freut sich über die Aufmerksamkeit, die er im Gegenzug bekommt. Ein deutscher Kellner ist authentisch schlecht gelaunt. Und ich selbst habe ja ganz am Anfang meiner Reise ungeschickte Fragen gestellt, statt mich mit Elisa charmant zu unterhalten. Tatsächlich sind die Italiener viel steifer als wir Deutschen, sie halten sich an Small- Talk-Regeln und sind höflich, ein Wort, das früher das angemessene Verhalten am adeligen Hof bezeichnete.Vom Hof stammt auch das gute Essen. Und ganz sicher ist es die schönste Form der Höflichkeit, für andere zu kochen, für die Familie, für Freunde und für Fremde.Anna-Maria gibt mir einen Kuss, als ich meinen Dank stottere. Wenn wir kochen, machen wir andere Menschen glücklich. Und das macht dann wiederum uns selbst glücklich. Kann schon sein, dass ich romantisiere und idealisiere.

Kochen wie Oma – Fleisch und Nudeln von den Nonnas:
Das hat unser Autor in Bologna gelernt.
Tagliatelle al Ragu: 200 Gramm Mehl (Type 405) auf eine Arbeitsfläche schütten, 2 Eier darüberschlagen, salzen, alles mit den Händen vermischen und 15 Minuten kräftig durchkneten.
Den geschmeidigen Teig zur Kugel formen und 30 Minuten ruhen lassen. Dann auf der Arbeitsfläche so dünn wie möglich ausrollen. Den Teig 30 Minuten trocknen lassen, dann zusammenrollen und in Streifen schneiden. Achtung:
Frische Nudeln garen schon innerhalb weniger Minuten.
Für die Soße 1 Möhre, 1 Selleriestange und 1 kleine Zwiebel fein würfeln und anbraten.
Je 100 Gramm Rinderhackfleisch und Schweinefleisch dazugeben (noch besser: das Fleisch vorher selbst sehr klein schneiden). Weiter anbraten und mit etwas Fleischbrühe ablöschen, würzen.Ein Lorbeerblatt dazugeben.
Wer mag, kann noch 250 Gramm beste Dosentomaten einrühren. Zugedeckt 90 Minuten (gern auch noch viel länger) so sanft wie möglich schmoren lassen. Mit den gekochten Tagliatelle vermischen.Noch mehr Rezepte In Milch geschmortes Kalbfleisch 50 Gramm Butter in einem Topf zerlassen, ein bisschen Mehl dazugeben sowie etwas in Streifen geschnittenen Prosciutto. Unter ständigem Rühren anbraten. 800 Gramm Kalbsbrust mit Küchengarn zusammenbinden.
Im Topf von allen Seiten scharf anbraten, etwa 200 ml Milch dazugeben und vollständig verkochen lassen. Den Vorgang so oft wiederholen, bis ein knapper Liter Milch verbraucht ist. Das Fleisch in Streifen schneiden und mit dem Bratensud übergießen.
Überbackener Spinat: 1 Kilo frischen Blattspinat bei starker Hitze in einem Topf zusammenfallen lassen.Etwas Öl in einer Pfanne erhitzen.Den abgetropften Spinat, gepresste Knoblauchzehe, Salz, Pfeffer und etwas Butter hinzugeben, alles bei niedriger Hitze zergehen lassen.
2. In einem Topf etwas Butter zerlassen, etwas Mehl einrühren, 250 ml Milch angießen.Einkochen lassen. Parmesan, Muskatnuss, Zitronensaft, Salz und Pfeffer hinzugeben.
3. Spinat in eine feuerfeste Form geben, die Soße darübergießen, mit Parmesan bestreuen und alles im auf 200 Grad vorgeheizten Backofen ein paar Minuten überbacken.
Schokoladenkuchen: 50 Gramm Butter und 100 Gramm beste Schokolade unter Rühren im Wasserbad schmelzen.
In einer Schüssel 3 Eier und 150 Gramm Zucker verrühren. 100 Gramm Mehl und eine Prise Salz dazugeben und ebenfalls verrühren. Die Eiermasse in die Schokolade geben und 10 Minuten verrühren. Eine Kuchenform einfetten, Masse hineinfüllen und im auf 160 Grad vorgeheizten Ofen 20 Minuten backen.

Und natürlich hätte ich längst erwähnen sollen, dass die großartige italienische Küche auf der Ausbeutung der Frau basiert. Weil auch die italienischen Frauen Jobs (und sogar Hobbys) wollen, wird ja nun auch in Italien eiliger gegessen. 105 Minuten pro Tag wenden die Deutschen für Essen und Trinken auf, 114 die Italiener, die allerdings so gut wie nicht frühstücken.Eine ganze Arbeitskraft in der Küche zu verschwenden, passt schlecht ins modernde Effizienzdenken. Genau deshalb sollte ich als Deutscher, als Mann und als Angehöriger des 21. Jahrhunderts, also als kulinarisch dreifach Benachteiligter, etwas von Elisa, Luisa und Anna-Maria lernen, den freundlichen Sauriern der Gusseisenpfannenepoche. Gastfreundschaft verlangt den Mut zur großen Geste. Es bedeutet einen Unterschied, ob ich für die Carbonara ganz normalen Speck nehme oder Schweinebacke. Ich inszeniere mich im Trockeneisnebel des Wasserdampfs gerne als Küchenkünstler. Meine italienischen Nonnas dagegen kochen am liebsten hinter verschlossenen Türen. Sie opfern sich auf, aber sie wollen nicht, dass das jemand merkt, sie wollen niemanden beeindrucken, das Essen allein soll im Mittelpunkt stehen. Aus dieser Demut entsteht die Perfektion, die dann gleich wieder bescheiden getarnt werden muss. Beim Abschied sagt Elisa zu mir: »Du darfst nicht kochen wie eine Maschine. Am besten, du schneidest die Tagliatelle immer ein bisschen schief.«

Hinkommen:Warum nicht mit dem Zug? Die Bahnfahrt ist sehr schön, von München dauert sie knapp sieben Stunden. Ansonsten gibt es Direktflüge ab vielen deutschen Großstädten.

Unterkommen: Nach Bologna kommen nicht viele Touristen, aber irgendwo ist dort immer eine Messe. Daher sollte man früh buchen. Eine sehr gute Lage und nette Zimmer hat das Hotel Metropolitan (DZ ab 90 Euro, hotelmetropolitan.com). Ebenfalls zentral: Riva Reno B&B, (DZ ab 50 Euro, rivareno.hostel.com).

Essen: Wer nicht gerne prasst, hat in Bologna nichts zu suchen. Über homefood.it kann man Termine buchen, um sich wie unser Autor von Großmüttern bekochen zu lassen (39 Euro pro Person). Das beste Restaurant der Stadt ist das All’Osteria Bottega. Menü inklusive Wein ab 35 Euro pro Person (Tel. +39 51 58 51 11).

Mitbringen: Natürlich Mortadella – der Metzger des Vertrauens schweißt gerne ein und wird dabei einen längeren Vortrag über diese Bologneser Erfindung halten.

Unbedingt: Auf die Due Torri im Stadtzentrum steigen.

Bloß nicht: Cappuccino nach dem Essen bestellen. Nicht weil das »irgendwie uncool« oder »deutsch« wäre. Sondern weil das als Zeichen gilt, dass der Gast nicht satt wurde, was den Gastgeber/Koch/Kellner kränkt.