Falls ihr es noch nicht wusstet, liebe Leser: Ihr seid so glücklich wie noch nie! Seit 1984 erhebt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung das sogenannte »Sozioökonomische Panel«, eine repräsentative Wiederholungsbefragung von 12 000 Privathaushalten in Deutschland. Die Befragten kreuzen unter anderen an auf einer Skala von null bis zehn Punkten an, wie zufrieden sie sind. Diesmal lag der Durchschnittswert bei 7,4 – und war noch nie seit Beginn der Befragung so hoch. Die Deutschen, diese angeblichen Miesepeter, sind also ziemlich glücklich. Woran liegt das? Ganz sicher spielt eine Rolle, dass die Angst vor Arbeitslosigkeit nicht besonders ausgeprägt ist, der Wirtschaft in Deutschland geht es gut. Aber was macht, über diese Rahmendaten hinaus, die Menschen eigentlich glücklich? Das fragt sich ja auch die ARD in ihrer aktuellen Themenwoche »Zum Glück«. Und das hat NEON-Redakteur Lars Gaede für die aktuelle NEON-Printausgabe von Curtis Jackson alias 50 Cent wissen wollen.
Ein sehr interessantes Gespräch – vor allem, weil 50 Cent eben nicht die üblichen Verdächtigen als Glücksgaranten nennt, also etwa Gesundheit, Freundschaft, Liebe oder den perfekten Sonntagsbraten.
Wenn man gesagt bekommt, dass man in zwei Wochen sterben wird, geht man alles, was man erlebt, noch einmal durch. Man fragt sich: Was habe ich getan, dass mir das geschieht? Man weint und weint. Aber irgendwann versteht man, dass man einfach keinen Einfluss darauf hat. Und dann kann man sogar wieder normale Momente erleben, lächeln, über Dinge lachen. So war es bei meinem besten Freund, bevor er an Krebs starb.
Deon ist also glücklich, weil er sein Schicksal annimmt. Wie ist es mit Ihnen? Was macht Sie glücklich?
Ich bin glücklich, wenn ich in der Lage bin, meine Ideen und Ziele zu verwirklichen. Wenn ich als Künstler und auch als Geschäftsmann die Dinge machen kann, die ich machen will, ohne dass mich irgendetwas davon abhält. Diese Freiheit erlange ich durch Geld. Geld, das entweder von der Musik selbst kommt oder von meinen Businessprojekten, die mir die Mittel dafür einbringen, wieder etwas Neues zu erschaffen. Ich setze mir dafür permanent neue Ziele. Und bevor ich eins erreicht habe, arbeite ich schon am nächsten.
Klingt nach einem ziemlich anstrengenden Verständnis von Glück. Für andere ist es das größte Glück, bloß am Strand in der Hängematte zu liegen.
Wenn man ein glücklicher Mensch sein möchte, muss man wissen, was man will. Dann kann man aktiv den Weg dahin einschlagen, statt nur davon zu träumen. Für manche ist es die Hängematte. Okay. Für mich ist es eben das Erreichen von Zielen. Es kommt immer ein neues: Du machst zehn Millionen Dollar. Cool! Aber dann umgeben dich vielleicht Menschen, die haben hundert Millionen Dollar. Das inspiriert dich. Also schiebst du neue Projekte an. Du machst immer mehr und mehr und mehr. Denn was auch immer du erreichst, es wird immer jemanden geben, der noch viel mehr erreicht hat als du. Und selbst wenn man irgendwann so viel Geld hat, dass man eigentlich gar nichts mehr tun müsste, macht man weiter, weil es eben das ist, was man will. Unsere Tätigkeiten definieren uns ja als Menschen. Wir sind, was wir tun.
Den Zusammenhang zwischen Cash-Flow und einen guten Leben und der Verfügbarkeit von Blondinen und Champagner hat 50 Cent ja auch diesen Neujahrswünschen formuliert:
Die Bilderwelt im Hip-Hop vermittelt eher die Idee: Wir sind, was wir haben. Fette Karren, dicke Klunker, teure Klamotten. Macht man Kids nicht unglücklich, wenn man ihnen ein materialistisches Lebensideal vermittelt, das sie kaum erreichen können?
Kids dazu zu inspirieren, ein Leben auf dem allerhöchsten Level zu leben, kann man ja wohl nicht negativ finden. Wenn sie all diese Sachen sehen und denken »Wow, das will ich auch!«, machen sie sich vielleicht auch Gedanken darüber, wie sie das schaffen können. Vielleicht gehen sie dann in die Schule, aufs College und machen einen Abschluss, der sie in die Lage versetzt, ein solches Leben zu führen.
Sie haben einen Mordanschlag überlebt, bei dem Sie von neun Kugeln getroffen wurden. Stimmt das Klischee, dass man nach so einem Erlebnis glücklicher durchs Leben geht? Dankbarer?
Wenn man so schlimm verletzt wird und das überlebt, ist natürlich der Moment schön, in dem es einem irgendwann wieder besser geht. Aber grundsätzlich glücklicher macht es einen nicht. Es macht einen eher härter. Du hast dann etwas Dunkles in dir, das du abrufen kannst, wenn du dich mit anderen Leuten auseinandersetzt. Du kannst Dinge noch aggressiver regeln als vorher.
Der Mordanschlag war nicht das einzige Übel, das Sie durchlebt haben: Sie wuchsen in Armut auf, Ihre Mutter wurde umgebracht, als Sie acht waren. Sie selbst haben als Kind schon gedealt. Heute sind Sie ein Superstar. Kann es sein, dass Sie unglaubliches Glück hatten?
Klar. Aber ich finde, es wäre nur dann Glück, wenn ich nicht hart dafür gearbeitet hätte. Ich habe aber die Musik geschrieben, ich bin mit meiner Musik auf die Bühne gegangen, ich habe immer wieder alles dafür getan, dass es klappt.
Dieser Text ist in der NEON-Ausgabe vom Dezember 2013 erschienen. Hier können Einzelhefte des NEON-Magazins nachbestellt werden. Seit September 2013 gibt es alle Ausgaben auch digital in der NEON-App.