Faszination Menstruation "Muss man da reinmenstruieren?" - Die Menstruationstasse im Selbsttest

Als ich meinen beiden männlichen Kollegen erzähle, dass ich mir eine Menstruationstasse gekauft habe, reagieren sie verwirrt: Einer fragt mich, ob das eine ganz normale Tasse zum Trinken sei und was das dann bitte mit Menstruation zu tun habe. Ob die Tasse ihre Farbe ändere oder so? Der andere kommt dem Kern der Sache schon etwas näher: Ganz unschuldig fragt er mich "Muss man da reinmenstruieren?". Als ich mit "ja" antworte, sind die Blicke aus beiden Richtungen im besten Fall irritiert bis angewidert zu nennen. Ja, in einem kleinen Büro mit mehr Frauen als Männern bekommt man auf die (übrigens absolut dämliche) Frage "Was bist du denn so mies gelaunt, hast du deine Tage oder was?!" ab und an ein ernst gemeintes "Jep" als Antwort. Über die Menstruationsblut-Auffangvorrichtung meiner Wahl habe ich die Kollegen bisher allerdings doch lieber im Unklaren gelassen. Man muss ja nicht übertreiben.

Viele gute Gründe...

Nun habe ich aber beschlossen, meiner Vagina in der auch für sie härtesten Zeit des Monats ein Upgrade zu gönnen und in einem Late-Night-Shopping-Anfall bei Amazon eine Menstruationstasse bestellt. Warum? Ich höre ständig nur Gutes über diese Tampon-Alternative:

  1. Sie ist wiederverwendbar und erspart deswegen den allmonatlichen Lauf zum Supermarkt, wenn man bemerkt, dass die Tampons irgendwie schon wieder alle sind.
  2. Dadurch spart sie auch Geld: Einmal kaufen, quasi endlos nutzen, nie mehr Tampons oder Binden bezahlen. Ka-ching!
  3. Die Umwelt freut sich: Kein Abfall aus vollgebluteter Watte und/oder Plastik.
  4. Ohne Tampons kein Risiko, das Toxische Schocksyndrom zu bekommen. Die Wahrscheinlichkeit ist zwar nicht riesig, aber better safe than sorry.

... und ungeklärte Fragen.

Klingt alles erst mal fantastisch, allerdings gibt es auch einige Dinge, die mich skeptisch stimmen:

  1. Es ist eine Tasse/Schüssel aus Silikon. Und sie ist größer, als gedacht. WIE SOLL DAS BITTE IN MEINE VAGINA PASSEN?!
  2. Was, wenn ich die Tasse nicht richtig einführe und alles Blut an ihr vorbeiläuft? Was, wenn sie ÜBERLÄUFT?!
  3. Wie bekomme ich die Tasse eigentlich wieder aus mir raus? Da ist nicht das altbekannte Tampon-Bändchen, sondern nur ein kleiner Nippel aus Silikon.WAS, WENN DIE TASSE IN MIR VERSCHWINDET?!
  4. Und ist das nicht alles unfassbar messy? Wie soll ich die Tasse bitte auf öffentlichen Klos auskippen und reinigen, ohne meiner Chefin mit Menstruationsblut an den Händen über den Weg zu laufen? Werde ich eine Woche lang blutige Hände haben?! Hilfe!

Der Test

Als ich die letzte Pille aus meinem Blister drücke, wird mir klar, dass es ab jetzt gilt: Diesen Monat fließt mein Blut in die Tasse. Oh boy. In einem aufreizend grellpinken Satinbeutelchen wartet sie im Badschrank. Warum ist das Branding dieser theoretisch wirklich verdammt guten Idee eigentlich trotzdem rosa, lila, pink? Bevor ich mich allzu lange darüber aufregen kann, entschließe ich, mir lieber die Funktion als das Design genauer anzusehen. 

In einem "Testlauf" sehe ich mir zuerst dreizehneinhalb YouTube-Tutorials an und lese vierunddreißig erklärende Blogposts, bevor ich mich traue, das Silikontässchen probeweise einzuführen. Überraschenderweise klappt das ziemlich schnell ziemlich gut. Komisches Gefühl, wenn es sich ausbreitet, aber danach quasi nicht mehr spürbar. Ich bin positiv überrascht. Natürlich kann man die Tasse nicht einfach so in sich hineinrammen, sondern muss die obere Öffnung etwas falten, damit das Einführen klappt. Ein paar gute Falttechniken gibt es zum Beispiel hier.

Das Herausholen erfordert dann etwas mehr Fingerspitzengefühl. Im Testlauf und die komplette Woche über habe ich mehrmals kleinere Schweißausbrüche auf diversen Klos, weil ich befürchte, die Tasse dieses Mal wirklich nicht mehr herauszubekommen. Irgendwann klappt es aber immer trotzdem. Pro-Tipp: Als Anfänger nicht betrunken versuchen, eure Menstruationstassen auszukippen, wenn es nicht sehr dringend sein muss. Schlimmstes Erlebnis meines Lebens.

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Für dieses Problem hat ein Hersteller allerdings schon mit einem Anleitungsvideo vorgesorgt. Ich liebe das Internet. Wer sollte mir sonst sagen, dass ich einfach meine Scheidenmuskulatur entspannen soll?

Je länger ich die Tasse jedoch benutze, desto seltener leere ich sie. Anfangs verfolgt mich die Paranoia, sie könnte überlaufen, allerdings füllen mehrere Stunden meiner (zugegeben recht leichten) Blutung gerade einmal das untere Drittel. Aus meinen Recherchen weiß ich, dass das nicht immer so ist, aber bei mir bleibt die Tasse von Anfang an dicht, nichts geht daneben. Eigentlich führe ich sie nur morgens ein, vergesse sie tagsüber vollständig und leere und reinige sie abends. Nachdem ich von einer Kollegin erfahre, dass man die Tasse zwischendurch auch einfach mit Toilettenpapier auswischen kann und nicht jedes Mal komplett auswaschen muss, kann ich sie auch beruhigt bei der Arbeit tragen. Großer Vorteil: Dort vergesse ich regelmäßig, mir Tampons mit aufs Klo zu nehmen und könnte mich dafür dann selbst ohrfeigen. Die Tasse ist im Fall der Fälle schon in mir - praktisch für extrem vergessliche Menschen wie mich!