NSA, PGP, Tempora. Drei Begriffe, für die das Interesse der Öffentlichkeit sein Mindesthaltbarkeitsdatum deutlich überschritten hat. Nicht nur die Bundestagswahl hat gezeigt: Mit dieser Thematik lockt man keinen Wähler an die Urne und noch weniger auf die Straße.
Über den Mangel an Empörung zum krassen Eingriff in unser Privatleben hatte ich mich bereits empört. Nur um wenige Wochen später an mir selbst festzustellen, dass diese Aufregung immer mehr von Gleichgültigkeit überdeckt wird. Zu machtlos fühlt man sich als Einzelner, zu überfordernd sind die Dimensionen der Überwachung.
Es ist aber natürlich auch dieses Gefühl der Hilflosigkeit des Einzelnen, aus der sich die Macht der Geheimdienste speist. Ihre Überwachung ist so allumfassend, dass sich die Masse ihr nicht mehr entziehen kann und stattdessen mit der Situation arrangiert. »Ist doch eh klar, dass die alles mitlesen.« Eine nüchterne Erkenntnis, die wiederum Grundlage für weitergehende Eingriffe in unser Privatleben darstellt. Ein Teufelskreis, der unseren Umgang mit Privatssphäre schleichend verändert. Vor gar nicht allzu langer Zeit galten die Telefonnummern und Mailadressen von Freunden und Kollegen als heiliges Eigentum im Speicher unseres Handys. Doch wer würde heute noch ernsthaft behaupten, seine Kontakte auf dem Smartphone würden von keiner einzigen App abgegriffen?
Soll sich der Schutz unserer Privatsphäre verbessern, braucht es wieder ein Bewusstsein für sie. Der eine große Aufreger namens »Snowden« hat das nicht erreicht, selbst wochenlange wütende Sascha Lobo-Kolumnen auf der zweitgrößten Nachrichtenwebseite Deutschlands finden ihren Widerhall nur in jener Filterblase, in der sie verfasst wurden.
Vielleicht braucht es kontinuierliche Erinnerungen daran, wie Geheimdienste »privat« und »öffentlich« heute definieren, um nachhaltig unser Bewusstsein dafür zu schärfen, dass diese Definition nicht zwangsläufig mit unserer deckungsgleich ist. Einen informativen und umfassenden Überblick zu Überwachung und Geheimdiensten gibt die aktuelle Episode des Podcasts »Alternativlos« der Blogger Frank Rieger und Felix von Leitner. Wer sich die Zeit nimmt, kann fast körperlich spüren wie sich die Spähprogramme ihren Weg in unseren Alltag gebahnt haben. Im Verlauf weicht die Belustigung über Überwachungsmethoden Anfang des 20. Jahrhunderts einem Gefühl der Beklemmung, je näher man der Gegenwart kommt. Am Ende steht die Einsicht: Selbst ausgewiesene Experten kennen keine sichere Verschlüsselung für unser digitales Leben. Was zu einer Frage führt, die jeder für sich selbst beantworten muss: Was von mir möchte ich digital speichern und mindestens einem weiteren Augenpaar zugänglich machen?