Hand hoch, wenn ihr den "Report der Magd" von Margaret Atwood kennt. Der dystopische Roman handelt von einer Welt, in der Frauen keinerlei Rechte haben und der patriarchischen Gesellschaft zu 100 Prozent unterstellt sind. Einige von ihnen müssen für fremde Menschen Kinder gebären, da ein Großteil der Gesellschaft durch nukleare Angriffe unfruchtbar geworden ist.
Seit einiger Zeit hat die grausige Geschichte neue Popularität gewonnen. Nicht nur durch eine Serie des Privatsenders "Hulu", die große Erfolge feiert, sondern auch durch einen Protest gegen Trumps Wunschkandidaten für den Supreme Court, Brett Kavanaugh, bei dem sich Frauen in den berühmten roten Gewändern der "Mägde" vor einem Anhörungssaal versammelt hatten.

Es lässt sich also zweifelsfrei sagen, dass "Der Report der Magd" hochsensible, hochpolitische Themen anspricht, die sich keinesfalls dazu eignen, sie zu Freizeitbespaßungszwecken zu nutzen. Richtig? Gut, schön, dass wir uns da alle einig sind. Wieso also, also wirklich WIESO ZUR HÖLLE, würde man auf die absolut grausam schlechte Idee kommen, in seinem Online-Kostüm-Shop ein sexy Magd-Kostüm zu verkaufen?!
Mit dem Original hat das Kostüm wenig gemeinsam
Das sollten wir ganz offensichtlich den Online-Shop Yandy fragen, bei dem genau dieses Kostüm verkauft wurde. Sie mögen das Outfit nicht "Sexy Handmaid" ("A Handmaid's Tale" ist der englische Original-Titel des Werks von Margaret Atwood) nennen, aber dass "Yandy Brave Red Maiden" genau das darstellen soll, ist klar. Das einzige, was noch an das Original-Kostüm erinnert, ist die weiße Haube. Und vielleicht noch die rote Farbe des restlichen Gewands.
Auf Twitter ist die Community zwiegespalten. Während viele den Kostüm-Shop für das Outfit kritisieren – "Gibt nichts Schöneres, als ein sexy Vergewaltigungsopfer zu Halloween, was Yandy?" – sehen andere in dem Kostüm den Inbegriff der sexuellen Befreiung. Eine Userin schreibt beispielsweise: "Wenn du die Ironie in diesem Kostüm nicht sehen kannst, weiß ich auch nicht, was ich dir sagen soll. Muss ich dich daran erinnern, dass eine der ersten Fragen, die einer Frau gestellt werden, nachdem sie vergewaltigt wurde immer 'Was hattest du an?' ist?"
Auch wenn das wahr sein mag, bleibt immer noch fraglich, inwiefern ein Kostüm-Shop tatsächlich solch politische Statements machen würde. Und überhaupt: Seit wann müssen eigentlich alle Halloween-Kostüme sexy sein? Muss man nicht verstehen.
Inzwischen hat der Anbieter das Kostüm von der Seite entfernt. In einem Statement heißt es: "In den letzten Stunden ist klar geworden, dass unser Kostüm als Symbol für die Unterdrückung von Frauen aufgefasst wird […]. Wir haben es entworfen, nachdem wir gesehen hatten, dass das Kostüm als kraftvolles Zeichen in Protesten genutzt wurde. Nachdem wir nur viele aufrichtige Antworten und persönliche Geschichten zugeschickt bekommen haben, haben wir das Kostüm von unserer Seite entfernt."