Politik So viel der Ehre

Politik: So viel der Ehre
Im aktuellen Heft fragen wir uns in einem Essay, warum wir es oft unangenehm finden, wenn Deutschland über die Maße gelobt wird und welche Haltung zum eigenen Land wir für richtig halten. Doch welche Haltung haben eigentlich Menschen aus anderen Ländern zu Deutschland? Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat für ihre Studie »Deutschland in den Augen der Welt« 120 Menschen zu ihren persönlichen Bildern, Hoffnungen und Erwartungen befragt, die sie mit Deutschland verbinden. Die Befragten stammen aus 21 Ländern rund um den Globus verteilt und haben entweder selbst in Deutschland gelebt oder haben in ihren Heimatländern viel mit Deutschen zu tun. Was haben sie für eine Meinung von Deutschland? Ein Interview mit Katja Suhr von der GIZ-eigenen Agentur Agenz, die die Befragung durchgeführt hat.

Frau Suhr, was hat sie bei der Auswertung der 120 Interviews am meisten überrascht?Was uns ehrlich gesagt alle sehr überrascht hat, ist die extrem hohe Wertschätzung die Deutschland und den Deutschen entgegengebracht wird. Es gibt eine große Anerkennung für das, was das Land in den letzten Jahrzehnten seiner Geschichte alles erreicht hat: Den Wiederaufbau nach dem Krieg, die Wiedervereinigung, die verhältnismäßig glückliche Bewältigung der Wirtschaftskrise in den letzten Jahren. Einen selbst überrascht dieses sehr positive Bild , weil einem diese Außenperspektive nicht bewusst ist, wenn man selbst hier im Land lebt. Wir sind ja eher selten begeistert von uns selbst.

Was genau fanden die Befragten denn so toll an den Deutschen?
Begriffe, die da fallen sind: verlässlich, strukturiert, technik-verliebt, fleißig, diszipliniert. Es ist wohl so, dass sich für viele unserer Befragten die Klischees über die Deutschen in der Begegnung mit ihnen ziemlich bestätigt haben.

Der Deutsche als Oberstreber.
Gerade die Jüngeren schwärmen auch viel von Berlin als offener, spannender Metropole, in der man gut Spaß haben kann. Das Bild der Deutschen hat sich spätestens seit der WM 2006 gewandelt: Man weiß jetzt schon, dass es hier auch mal entspannt zugehen kann. Tatsächlich schwingt aber bei einigen dieser an sich positiven Attribute auch Kritik mit: Die Deutschen, das hörten wir öfter, würden sehr viel mehr vom Hirn getrieben als vom Herzen. Und sie sind nicht gerade flexibel, wenn sie in anderen Ländern unterwegs sind – selbst wenn es darum geht, Geschäfte zu machen. Ein Befragter aus Brasilien brachte es so auf den Punkt: »Die Deutschen verlieren im Zweifel lieber ihre Kunden als die Qualität ihrer Produkte«.

Wie präsent ist die NS-Vergangenheit des Landes?
Das wird unterschiedlich wahrgenommen: Die Jüngeren sagen eher, lasst eure Vergangenheit endlich mal Vergangenheit sein. Ihr habt das aufgearbeitet, jetzt schaut mal nach vorne. Die Älteren sagten: Ihr müsst euch eurer Vergangenheit immer bewusst sein.

Was wird erwartet von Deutschland in der Welt?
Eine tatkräftigere Politik, weniger Zurückhaltung. Nicht unbedingt in Konfliktfällen und Kriegen. Aber wenn es um internationale Belange wie zum Beispiel Klimaverträge geht, sollte Deutschland klarer zeigen, was es will. Das ist ein großer Wunsch. Außerdem wird sich mehr Austausch mit Deutschland gewünscht, damit andere von dem, was hier gerade gut funktioniert, lernen können. Dazu wird – interessanterweise – die Bildung gezählt, die wir selbst oft so kritisch sehen. Aber auch der Mittelstand, das duale Ausbildungssystem, das nachhaltige Wirtschaften. Deutschland soll in all diesen Bereichen ein aktiveres Vorbild sein.