Politik Was ist nur aus dir geworden? (6/10)

Politik: Was ist nur aus dir geworden? (6/10)
In der ersten NEON-Ausgabe 2003 stellten wir

»Die 100 wichtigsten jungen Deutschen« vor. Zehn Jahre später haben wir uns wieder auf die Spur unserer »Top 100« gemacht und wollten wissen: Was ist aus dir geworden? Teil 6 unserer Serie.

51 – Benjamin Lauth, 33, Fußballer
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Neben Kurányi das größte Talent im Sturm, spielt leider bei 1860 München, gehört aber in die Champions League, wo er Henry und Raúl mal zeigen könnte, wo der Bartel den Most holt. Sollte allerdings seine Frisurprobleme in den Griff bekommen.

Heute:
Ein paar Jahre beim HSV, Meisterfeier mit Stuttgart, glücklos bei Hannover 96 und seit 2008 zurück, wo seine Bundesligakarriere begann: 1860 München. So richtig gefunkt zwischen Lauth und dem absoluten Fußballwahnsinn hat es aber nicht mehr. In die Deutsche Nationalmannschaft zumindest konnte Lauth eher reinschnuppern als dauerhaft das Spiel zu machen.

52 – Julia Hummer, 33, Schauspielerin
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Sie ist verrückt. Aber auch einer der aufregendsten Menschen im Kino: Bekannt durch »Absolute Giganten«, berühmt durch »Crazy«, besonders seit »Die innere Sicherheit«. Statt Film-Karriere macht sie jetzt Musik. Nimmt mit ihrer Folkrock- Band »Seargent Hummer« ein erstes Album auf.

Heute:
Lebt mit ihrem Sohn in Hamburg. Zieht inzwischen die Musik der Schauspielerei vor. Singt in verschiedenen Bandkombinationen oder solo, spielt Gitarre und Mundharmonika und spricht Hörspiele und Hörbücher. Auf der Leinwand sah man sie zuletzt 2010 in »Carlos – der Schakal«, wo sie die Terroristin Gabriele Kröcher-Tiedemann. Im Werbespot der GEZ war sie 2007 auch zu sehen.

53 – Tim Eitel, 41, Maler
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Malt »kühle Romantik« und Bilder von einer »Welt unter Frischhaltefolien«. Noch sind seine Bilder ein Geheimtipp bei Sammlern. Bald werden sie Klassike rder Gegenwart sein. Schöner als ein trauriger Popsong.

Heute:
Ein kleiner Junge in gelber Regenjacke und Gummistiefel, der sich in der Wasserpfütze spiegelt ist ein Motiv von Eitel aus dem Jahr 2010. Seinem Stil ist er treu geblieben: Die Welt versinkt in sachten Farben und melancholischer Grundstimmung. Kunstkenner auf der ganzen Welt zahlen dafür sechsstellige Summen.

54 – Daniel Haaksmann, 40, DJ
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Wer in Berlin ausgeht und auf einer Party landet, auf der Haaksmann auflegt, hat schon mal alles richtig gemacht. Hat die Nacht im Griff, wie kaum ein anderer, was auch daran liegt, dass er dann und wann einen Hit spielt. Schreibt neben bei eine Nachtlebenkolumne für den Tagesspiegel. Wer ist noch mal DJ Hell?

Heute:
Brachte die Sounds aus den Favelas Rio De Janeiros (Baile Funk) nach Deutschland. Für dieses Genre gründete er das Label »Man Recordings«. Bis heute gilt es als eines der einflussreichsten für Tropical Bass Music. Haaksmann hat außerdem eine wöchentliche Radio-Sendung im Funkhaus Europa: Luso FM.

Politik: Was ist nur aus dir geworden? (6/10)

55 – Sarah Kuttner, 34, Moderatorin
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Sarah Kuttner, 24, Viva- Moderatorin. Praktikum beim Spiegel, Mitarbeiterin bei Radio Fritz Berlin, danach zu Viva.
Nicht dumm, nicht albern, mit der nötigen Distanz bei der Sache. Forciert ihre Karriere mit viel Körpereinsatz: gerade nackt im Playboy.

Heute:
Ist einfach überall. Sie wurde eines der Gesichter der Öffentlich-Rechtlichen, die zeigen sollen, dass modernes Fernsehen möglich ist. Kommentiert und moderiert diverse Sendungen in ARD, ZDF(neo), Sat1 Comedy und 3Sat. Nebenbei führt sie bei Großveranstaltungen durchs Programm (Berlinale), liest Hörbücher, schreibt Bücher und hat Sendungen im Radio. Karriere? Klares JA

56 – Anja Reschke, 41, FernsehjournalistinNEON, Ausgabe 01, 2003:
Moderiert seit zwei Jahren »Panorama«, studierte Politik, gewann 2001 den »Axel-Springer-Preis« für eine Reportage über Politiker, die es versäumt hatten, in Berlin ihren Zweitwohnsitz anzumelden. Augenzwinkernde Klugheit, Erbin von Klaus Bednarz.

Heute:
Bringt Wissen unter die Leute. Sowohl mit investigativen Reportagen (u.a. für Panorama), als auch im Medienmagazin »Zapp« oder im Rateteam von »Straßenstars« im Hessischen Rundfunk. Seit 2011 ist sie im Vorabendprogramm der ARD bei »Wissen vor acht – Zukunft« zu sehen. Als Jurymitglied der Henry-Nannen-Journalistenschule bestimmt ihr Urteil über die Zukunft von so manchem Nachwuchsjournalisten.

57 – Franziska van Almsick, 35, ehemaliger SchwimmprofiNEON, Ausgabe 01, 2003:
Nach Jahren des Spotts und der Depression zeigte sie bei der EM 2002, dass sie sogar ihren Mythos besiegen kann. Muss jetzt keinem mehr etwas beweisen, nur noch sich selbst. Wird sie nächstes Jahr auch tun, bei den Olympischen Spielen.

Heute:
Beendete ihre Karriere nach zwei Bronzemedaillen bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen. Seither TV-Co-Moderatorin bei diversen internationalen Schwimmwettkämpfen und zwischenzeitlich auch bei der Formel 1. Räkelt sich in C&A-Werbekampagnen im Bikini. Seit dem 1. April 2010 ist sie stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Sporthilfe. Schwimmernachwuchs gibt«s mit Partner Jürgen Harder schon zweifach. Ihren Jürgen musste sie im Juli allerdings wegen einer Schmiergeldaffäre kurzzeitig in der U-Haft besuchen.

58 – Dr. Ina Bornkessel-Schlesewsky, 33, SprachwissenschaftlerinNEON, Ausgabe 01, 2003:
Diplom nach sieben Semestern, Promotion summa cum laude – als jüngste Doktorandin Berlins und Brandenburgs. Forscht am Leipziger Max-Planck-Institut, was im Gehirn passiert, damit Sprache verstanden wird. Könnte bald Studenten unterrichten, die deutlich älter sind als sie.

Heute:
In einem Alter, wenn andere mitten im Master stecken, stand sie bereits als Lehrende im Hörsaal. An der Philipps-Universität Marburg ist sie seit 2009 Professorin für Neurolinguistik. Seit 2005 Leiterin der Forschungsgruppe Neurotypologie am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften Leipzig. Wurde mit verschiedenen Wissenschaftspreisen und Stipendien ausgezeichnet.

59 – Katharina Wagner, 35, RegisseurinNEON, Ausgabe 01, 2003:
Urenkelin von Richard. Lacht über ihren Spitznamen »Bayreuth-Barbie«. Könnte bald die Festspiele leiten – noch studiert sie Theaterwissenschaften in Berlin und bereitet eine »Lohengrin«-Inszenierung in Budapest vor. Im Auto hört sie Neue Deutsche Welle und sagt: »Klar hatte ich einen genialen Vorfahren – aber ansonsten koche ich Fertig-Pasta mit Tomatensauce wie jeder andere auch.«

Heute:
Ihre Inszenierung von »Die Meistersinger von Nürnberg« wurde 2008 von 40.000 Menschen beim Public Viewing verfolgt. Sowas gab’s noch nie. Im gleichen Jahr übernahm sie gemeinsam mit ihrer Halbschwester die Künstlerische Leitung der Bayreuther Festspiele von ihrem Vater. Zwei Jahre später begann sie eine Honorarprofessur im Fachgebiet Regie an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin.

60 – Ramona Pop, 35, Grünen-Politikerin
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Ramona Pop, 25, Grünen-Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin. Pop und Politik: Ist fast schon desillusioniert, weil alles in der Politik so langsam geht. Kümmert sich um Jugendpolitik und Berufsbildung. Jüngste Abgeordnete im Berliner Parlament, abgeklärt wie ein Routinier. So könnte die Zukunft nach Claudia Roth aussehen.

Heute:
Entwickelte sich bis zur Fraktionsvorsitzenden der Grünen und nimmt in Berlin kein Blatt vor den Mund. Anfang des Jahres schimpfte sie gegen Wowereit und seine Flughafen-Misere. Dass sie im Rücktritts-Appell für Wowereit die Rede einer CDU-Kollegin kopierte, war allerdings etwas schwach bei solch langer Politikerfahrung.

Foto: Getty Images