Politik Was ist nur aus dir geworden? (8/10)

Politik: Was ist nur aus dir geworden? (8/10)
In der ersten NEON-Ausgabe 2003 stellten wir

»Die 100 wichtigsten jungen Deutschen« vor. Zehn Jahre später haben wir uns wieder auf die Spur unserer »Top 100« gemacht und wollten wissen: Was ist aus dir geworden? Teil 8 unserer Serie.

71 – Eva Gronbach, 42, Modedesignerin

NEON, Ausgabe 01, 2003:
Macht ihr Ding. War bei Yamamoto. Mit ihrer Kollektion »Liebeserklärung an Deutschland«, will sie ihrer »Heimat die verlorene Ehre wiedergeben«. Wenn Schily nicht blockt, wird sie zur WM 2006 die deutsche Polizeiuniform neu gestalten.

Heute:
Macht (noch immer) Mode vor dem Hintergrund von Politik, Zeitgeschehen und Heimatgefühl. So war beispielsweise auf den T-Shirts ihrer »the sacrosanct« -Kollektionen die Silhouette eines Gefangenen zu sehen und einige Kleidungsstücke außerdem in Guantanamo-Orange. Seit 2008 ist Gronbach Gastdozentin an der International School of Design in Köln.

72 –Juli Zeh, 39, Autorin
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Studierte Jura in Passau und Leipzig, bei ihrem ersten Staatsexamen hatte sie die beste Abschlussnote in Sachsen. Macht in diesem Sommer ihre erste Jura-Wahlstation in Sarajevo. Nebenbei schreibt sie Essays für den Spiegel und so hervorragende Bücher wie »Die Stille ist ein Geräusch«. Nachdenklich, ohne zu nerven.

Heute:Veröffentlicht seit 10 Jahren jedes Jahr ein Buch (oder zwei oder drei) und mischt sich laut und meinungsstark in politische Debatten zu Themen wie Datensicherheit oder Geschlechtergerechtigkeit ein. Alle paar Jahre gibt’s dafür einen Literaturpreis. Juli Zeh ist Mutter eines Sohnes und lebt mit Mann und Kind in Brandenburg.

73 – Matthias von Hartz,43, Kurator
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Matthias von Hartz, 33, Regisseur am Hamburger Schauspielhaus. Hatte eine ganz großartige Idee und konzipierte »go create resistance« – nicht wirklich ein Theaterstück, eher eine Vortragsreihe zur Globalisierung: schlau, ohne gutmenschlich zu nerven. Sein nächstes Unternehmen: das »erste gute Musical des 21. Jahrhunderts« auf die Bühne bringen.

Heute:
Gehen die Ideen nicht aus. Seit 2007 ist er Leiter des Internationalen Sommertheaterfestivals Hamburgs auf Kampnagel, von 2007 bis 2011 war er Künstlerischer Leiter des Theater Festivals Impuls. In Berlin leitet er außerdem das Internationale Festival für Theater und performative Künste »Foreign Affairs«.

74 – Marie Zielke, 34, Schauspielerin
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Herzzerreißend hübsch. Jungs beneideten Moritz Bleibtreu, als der sie im Kino- Film »Lammbock« im Auto küssen durfte. Mit Freunden spielt sie am liebsten das Brettspiel »Bonanza«. Ist demnächst im Fernsehen zu sehen: in »Nachtangst« und »Zuckerbrot«. Oberstes Ziel: »Meine Lieblingsboots in jedem Film unterzubringen.«

Heute:
Ist immer noch so wahnsinnig schön und dreht jedes Jahr ein bis zwei Filme (letzter Fernsehfilm 2012: »Verfolgt – der kleine Zeuge« ). In der Daily Soap »Eine wie keine« auf Sat1 spielte sie in 2009 und 2010 eine Reinigungskraft im Luxushotel, die von ihrem Mann verlassen wird und dann um das Sorgerecht für ihr Kind kämpft. Zielke ist geschieden und hat eine Tochter.

75 –Jana Hensel, 36, Autorin und Journalistin
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Jana Hensel, 26, Schriftstellerin. Kommt aus Leipzig, studierte in Leipzig und schrieb ein Buch über die Kindheit in der DDR und das Erwachsenwerden in der Bundesrepublik. »Zonenkinder« war ein Erfolg, danach sagte Hensel, es solle ihr einziges Buch bleiben. Das wäre keine gute Idee.

Heute:
Sagte über ihr erstes Buch »Zonenkinder«, es solle ihr einziges bleiben. 2008 veröffentlichte sie gemeinsam mit Elisabeth Raether das Pamphlet »Neue deutsche Mädchen« und 2009 der Essayband »Achtung Zone – Warum wir Ostdeutschen anders bleiben sollten«. Sie ist stellvertretende Chefredakteurin der Wochenzeitung »Der Freitag«.

Politik: Was ist nur aus dir geworden? (8/10)

76 – Oliver Pocher, 35, Moderator und KomikerNEON, Ausgabe 01, 2003:
Große Klappe, großes Talent bei Viva. Macht in seiner Sendung »Rent a Pocher« fast alles richtig. Was ihm fehlt, ist die Selbstironie, aber die kommt mit dem Alter. Wird nicht Schmidt-Nachfolger, sondern der neue Rudi Carrell.

Heute:
Ist zum Teamchef der Nationalmannschaft Sansibar ernannt worden, spukte als Maskottchen von Media Markt durch die Werbung, nahm fürchterliche Fußball-WM-Mucke auf und schaffte es nach ein paar Comedypreisen irgendwie in ein Sendeformat mit Harald Schmidt (Schmidt und Pocher). Die neue Liebe hielt nur zwei Jahre und endete damit, dass Schmidt Pochers Ex vor laufenden Kameras Brause aus dem Bauchnabel lutschte. Mit seiner aktuellen Ex (Alessandra Meyer-Wölden) hat Pocher drei Kinder. Ist gerade mitten in den Dreharbeiten für den Sat1-Film »Der Weihnachtskrieg«. Pocher spielt die Hauptrolle eines zwielichtigen Kitachefs.

77 –Axel Stein, 31, Schauspieler und ComedianNEON, Ausgabe 01, 2003:
Prollig und brüllend komisch. Bis September dreht er die zweite Staffel von »Axel«, »und zwischendurch noch ein, zwei Kinofilme«. Irgendwann will er einen Wolkenkratzer für die ganze Familie kaufen – »Natürlich in Wuppertal!«

Heute:Hat viel an Gewicht, aber nicht an Präsenz verloren. Heizt in verschiedenen Formaten – Alarm für Cobra 11, für das Motormagazin »Grip«, in Til-Schweiger-Filmen oder in verbeulten Karren in Prosieben-Shows – über Fernseh- und Kinobildschirme. Seine Stimme vergibt er an Comic-Figuren und einen Bart hat er jetzt auch.

78 – Henryk Wichmann, 35, CDU-PolitikerNEON, Ausgabe 01, 2003:
Star des Dokumentarfilms »Herr Wichmann von der CDU« von Andreas Dresen. Ein moderner Don Quijote in seinem aussichtslosen Kampf um Wählerstimmen. Der Film beweist, dass er die Menschen liebt, auch wenn sie ihn nicht mögen. Deshalb hatte er zu Recht eine Kolumne in der taz. Nur mit der Politikkarriere wird das nichts.

Heute:Hat Sonnenblumen als Hintergrundbild seiner Website. Beeindruckender ist aber, dass er es seit 2009 Abgeordneter im Landtag Brandenburg ist und sich um eine Frau und vier Töchter kümmert. Filmheld ist er auch: Nach »Herr Wichmann von der CDU« kam 2012 die Fortsetzung in die Kinos, ein Dokumentarfilm über den jetzigen Alltag des Politikers: »Herr Wichmann aus der dritten Reihe«. Die Wahlen im September sind für ihn noch nicht relevant. Erst 2014, wenn es an die Landtagswahl in Brandenburg geht, wird es ernst. Für den Landtag aufgestellt ist er und sagt: »Ich hoffe auf ein noch besseres Ergebnis als bei der letzten Wahl. Besser als 27,4%«.

79 – Stefan Krohmer, 42, Regisseur
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Sein TV-Film »Ende der Saison« wurde mit vier Grimme-Preisen in Gold ausgezeichnet, Krohmer hat fürs Fernsehen »Familienkreise« mit Götz George gedreht. Auf der Berlinale 2002 konnte man sein Werk »Sie haben Knut« sehen – der beste Film der Festspiele.

Heute:
Mag es dramatisch. Sein Film »Verratene Freunde«, lief letzten Frühling und behandelt Lug und Betrug. Bei dem preisgekrönten Doku-Drama von 2009 über Rudi Dutschke geht es auch nicht gerade fröhlich zu. Und wenn schon. Der Erfolg gibt ihm Recht.

80 – Tobias Kramer, 27, Unternehmer, Erfinder und Jugend- forscht-Gewinner
NEON, Ausgabe 01, 2003:
Hat 16 Patente angemeldet, Anti-Gewalt-Decoder für den Videorecorder vermarktet und das »Mobile Payment« fürs Internet erfunden. Immer auf der Suche nach neuen Nischen.

Heute:
Trotz langer Recherche konnten wir nicht herausfinden, was Herr Kramer gerade so treibt. Herr Kramer, bitte melden Sie sich!

Foto: Getty Images