In der berühmten Kunstruine "Tacheles" in Berlin-Mitte hat heute die Räumung begonnen. Gerichtsvollzieher und Polizei seien seit dem Morgen vor Ort und forderten die rund 80 dort arbeitenden Maler, Bildhauer und anderen Künstler auf, das Haus zu verlassen, berichtete eine Sprecherin der Künstler. "Berlin hat heute einen großen Verlust erlitten."
Aus informierten Kreisen verlautete allerdings, dass zunächst nur ein Räumungstitel gegen die "Initiative Tacheles" vorlag. "Das Haus wird weitgehend geräumt", hieß es. Eine komplette Räumung solle es zu einem späteren Zeitpunkt geben.
Die Sprecherin der Nutzer des Hauses wiederholte ihrerseits die Forderung der "Tacheles"-Nutzer, dass Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und der für Kunst zuständige Staatssekretär André Schmitz (SPD) zurücktreten sollten. "Sie allein sind verantwortlich für diese Räumung", sagte die Sprecherin.
Die fünfstöckige Ruine steht unter Zwangsverwaltung. Das Gebäude und das dazugehörige Grundstück fielen an ein Gläubigerkonsortium, nachdem die Projektentwicklung durch den letzten Besitzer, eine Tochtergesellschaft der Fundus-Gruppe, gescheitert war. Die HSH Nordbank ist Vorsitzende des Konsortiums.
Das "Tacheles" ist das letzte verbliebene Gebäude eines Kaufhauskomplexes, der Anfang des vergangenen Jahrhunderts entstanden war. Im Zweiten Weltkrieg wurde er schwer zerstört, in den 1980er Jahren ließ die Ostberliner Stadtverwaltung große Teile abreißen. Nur der Kopfbau an der Oranienburger Straße blieb erhalten. Er steht unter Denkmalschutz. Nach dem Fall der Mauer schufen die Besetzer eine künstlerische Freifläche ganz im Sinne der auf- und umbrechenden Stadt. Das Haus wurde zu einem Anziehungspunkt für Touristen.
1998 hatte die Fundus-Gruppe das Gelände, auf dem das "Tacheles" steht, vom Land Berlin für rund 2,7 Millionen Euro erworben und wollte dort Wohn- und Geschäftshäuser bauen. Aus den Bauplänen wurde jedoch nichts. Zuletzt gab es immer wieder Aufrufe der Künstler, das Gebäude mit seinem derzeitigen Charakter zu erhalten.